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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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beobachtete.
    »Auf Wiedersehen, paß gut auf.«
    »Ich werde gleich packen, Liebling«, sagte Elizabeth. »Morgen früh um elf am Schalter der Eastern Airlines. Ich möchte mich nicht noch einmal von dir verabschieden.«
    Keller schloß die Haustür und ging wieder die Treppe hinauf. Die Skizze der Kathedrale lag auf dem Fußboden. Er hob sie auf und verbrannte sie. Die letzten schwarzen Aschenreste zerkrümelte er zwischen seinen Fingern. Er hatte am Vormittag in der St.-Patricks-Kathedrale die erste Messe seit seiner Kindheit im Waisenhaus besucht. Er wußte ganz genau, was er am nächsten Morgen zu tun hatte.
    Eddi King traf in seinem Appartement an der Park Avenue Reisevorbereitungen. Seine Koffer waren gepackt, sämtliche Papiere durch einen Reißwolf gedreht, den er eigens zu diesem Zweck angeschafft hatte. Die Fetzen hatte er in die Toilette gespült.
    Mit leisem Bedauern sah er sich in der Wohnung um. Er hatte hier fast sieben Jahre verbracht. An der Wand hing eine wunderschöne italienische Madonna mit Kind aus dem siebzehnten Jahrhundert. Er hatte das Bild wegen seiner herrlichen Farben und Formen und der wunderbaren Komposition gekauft. Das religiöse Motiv störte ihn ebensowenig wie irgendwelche anderen Allegorien. Die Versuchung war groß, die Leinwand aus dem Rahmen zu schneiden und mitzunehmen, aber das wäre unvorsichtig gewesen. Wenn sein Gepäck kontrolliert wurde – und damit mußte er in Argentinien rechnen –, würde er durch das Bild nur auffallen. Also mußte er es zusammen mit seinem übrigen Besitz zurücklassen, damit die zuständigen Behörden es später fotografieren und registrieren konnten.
    Es war jetzt fünf Uhr. In zwei Stunden startete seine Maschine nach Buenos Aires. Er konnte sich noch nicht ganz mit dem Gedanken vertraut machen, daß er nach so vielen Jahren des Exils tatsächlich heimkehrte. Er hatte ein Land verlassen, das vom Krieg zerstört und von einem stalinistischen Terror beherrscht war, dem man inzwischen ganz offiziell abgeschworen hatte. Er würde manches verändert vorfinden und kaum noch bekannte Gesichter treffen. In mancher Hinsicht war das ein düsterer Gedanke, aber andererseits doch wieder erleichternd. Seine Zeit war um, und eine Glückssträhne darf man nicht über Gebühr strapazieren. Er hatte Camerons Nichte getötet – das war für ihn das Startzeichen. Wenn ein Mann in seiner Position sich gezwungen sah, schmutzige Handarbeit zu leisten, dann wurde es Zeit, daß er nach Hause fuhr. Seine Nerven hatten durch den Vorfall ziemlich gelitten. Das war ihm erst auf dem Rückweg von Freemont klargeworden, als er merkte, wie seine Hände feucht am Steuerrad klebten und seine Knie zitterten.
    Seit den Tagen seiner Ausbildung hatte er nie mehr Gewalt angewandt. Das lag nicht daran, daß er sie verabscheute oder Skrupel hegte. Er hatte nur einfach Angst, daß er seinen Plan zunichte gemacht hatte und daß jemand ihn gesehen hatte, wie er nach seinem Angriff auf Elizabeth Cameron nackt und naß aus dem Schwimmbecken stieg. Er war auch nicht mehr der Jüngste. Das Alter machte sich bemerkbar, und nicht nur das Alter, sondern auch das gute Leben und der Mangel an Übung. Er mußte noch an diesem Abend abreisen und war mit Höchstgeschwindigkeit nach Hause gerast, um noch alles rechtzeitig vorzubereiten. Er hatte sich seinen Lohn verdient – einen Lohn, der nach amerikanischen Verhältnissen vielleicht nicht sehr großzügig bemessen war, aber ihm doch, gemessen am Standard in der Sowjetunion, die Privilegien der neuen Elite garantierte. Wenn er jetzt nach Hause zurückkehrte, gehörte er zum engsten Kreis der Wissenschaftler, Verwaltungsbeamten, Politiker und treuen Diener des KGB. Er hatte Anspruch auf eine gemütliche Stadtwohnung und eine Datscha auf dem Land sowie auf einen Posten im Innenministerium.
    Er goß sich einen Bourbon ein und warf zwei Eiswürfel hinein. Schade, daß ich morgen meinen großen Coup nicht mehr miterleben kann, dachte er; daß ich nicht dabei sein kann, wenn der Mörder den Kirchenfürst des Volkes niederschießt. Und wenige Minuten später selbst stirbt. Kings Beauftragter hatte sich nach Kellers Besuch in der Kathedrale gemeldet. Die unvermeidliche Untersuchung würde für Huntley Cameron und alle Hoffnungen auf einen demokratischen Präsidenten der USA das Ende bedeuten. Dann konnte King von Moskau aus zusehen, wie John Jackson das höchste politische Amt erlangte und das Land in ein Chaos stürzte. Bei diesem Vulkanausbruch

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