Der Meuchelmord
war er dann nur noch Beobachter. Morgen sollte alles mit dem Tod von Martino Regazzi beginnen.
Er sah auf die Uhr. Noch zu früh, zum Kennedy-Flughafen hinauszufahren. Er setzte sich mit seinem Bourbon vor das Fernsehgerät, um noch einmal den American Way of Life zu genießen.
Er kam gerade rechtzeitig zum letzten Teil des Programms, das sich auch Keller angesehen hatte. Aber im Gegensatz zu Keller schaltete er nicht ab, als Regazzi auf dem Bildschirm erschien. Er betrachtete ihn voller Interesse und goß sich noch einen Whisky ein. Da warf ihn die Meldung vom Tod der Verlobten Huntley Camerons um. Er ließ die Flasche nicht fallen, aber er spürte, wie ihm der kalte Schweiß am Hals und auf den Schultern ausbrach. Ein Herzschlag beim Schwimmen im Swimmingpool von Freemont. King beugte sich vor, starrte das Gerät an und wollte die Worte einfach nicht glauben, die aus dem Lautsprecher drangen.
Dallas. Dallas Jay lag tot im Swimmingpool. Nicht Elizabeth Cameron – Dallas war es. Er hatte die falsche Frau getötet. Und die andere? Die zu ihrem Onkel gekommen war und die die Macht hatte, seine ganze Operation zu vereiteln – diese andere lebte noch.
Er stand auf und schaltete das Gerät aus. Er hatte alles verpfuscht. Die Nervenkrise auf dem Rückweg nach New York war gerechtfertigt gewesen. Huntley mochte ihr nichts gesagt haben, aber das Risiko war zu groß, um überhaupt daran zu denken. Er hatte einen Mord begangen, weil er dieses Risiko ausschalten wollte, aber er hatte dabei versagt.
Er war so wütend, daß ihm beinahe der Telefonhörer aus der Hand fiel. Fluchend wählte er Washington und dann die Nummer seines Kontaktmannes für Notfälle. Er identifizierte sich, dann überstürzten sich seine Worte. Alles war vorbereitet und sollte morgen früh über die Bühne gehen. King dachte weiter als nur an die Gefahr, daß sie noch vor dem Anbruch des Morgens zur Polizei gehen und das beabsichtigte Attentat gegen Jackson anzeigen könnte. Selbst wenn sie es nicht tat, wußte sie von dem Plan und konnte beschwören, daß ihr Onkel es niemals auf Regazzi abgesehen hatte. Schon deshalb war es unbedingt notwendig, sie zum Schweigen zu bringen. Er gab ihren Namen und ihre Anschrift nach Washington durch und fügte hinzu: »Dringend, ganz dringend!« Wenn sie die Sache jetzt nicht rasch erledigten, lag die Verantwortung bei Washington. In zwei Stunden wollte er außer Landes sein.
Er hatte gerade aufgelegt, da läutete es an der Tür. Erst zögerte er, weil er keinen Besucher erwartete und weil überhaupt niemand wußte, daß er sich in New York aufhielt. Das nächste Läuten klang länger, aufdringlicher. Stirnrunzelnd ging er durch den Flur zur Wohnungstür, um den lästigen Besuch abzuweisen.
Draußen standen zwei Männer in schlichtem Anzug und Hut. Der größere der beiden nahm seinen Hut ab.
»Mr. King?«
»Was wollen Sie?« fragte King. »Ich bin im Begriff auszugehen.« Er wollte ihnen die Tür vor der Nase zuschlagen, aber der Mann hielt ihm ein Etui mit einer Dienstmarke hin.
»FBI, wir möchten Sie ersuchen, mitzukommen.«
Leary hatte sich entschlossen, King festnehmen zu lassen. Nachdem er Elizabeth aus den Augen verloren und damit die Möglichkeit eingebüßt hatte, ihren Begleiter aus Beirut zu fassen, sah er nur noch eine Möglichkeit: Er mußte den Hauptverdächtigen verhaften lassen und versuchen, möglichst viel aus ihm herauszubringen. Selbst wenn er nichts preisgab – bei einem Agenten von Kings Format bezweifelte Leary den Erfolg einer Vernehmung –, bestand immerhin die Möglichkeit, daß seine Komplizen aus Angst den ganzen Plan fallenließen. Leary hatte schon Matthews darauf aufmerksam gemacht. Am St.-Patricks-Tag versammelte sich die Hälfte aller Personen, die in New York als Zielscheiben politischer Attentäter in Betracht kamen, an einem Ort. Er hatte einen Fehler begangen und dadurch wahrscheinlich den Attentäter selbst aus den Augen verloren. Er lief noch frei herum und konnte seinen Auftrag immer noch ausführen.
Als Matthews ihm den Vorschlag unterbreitet hatte, fuhr Leary ihn an: »Und welchen Sinn soll das haben, Sie blöder Hund? Sie hatte doch inzwischen längst Gelegenheit, den Kerl zu warnen! Sie ist für uns nur von Nutzen, wenn sie uns zu diesem Mann führt, wer immer es auch sein mag. Aber das haben Sie gründlich vermasselt. Sie haben unter Mißachtung meiner ausdrücklichen Befehle die ganze Sache verpfuscht!«
Zum erstenmal wußte Peter Matthews nicht, was er
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