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Der mieseste Liebhaber der Welt

Der mieseste Liebhaber der Welt

Titel: Der mieseste Liebhaber der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gab. In unserer Familie neigte man nicht zur Diskretion. In diesem Fall aber war
     ich unschuldig. Und das hätte ich auch gut begründen können. Schließlich sollte meine zukünftige Freundin – in die ich doch
ernsthaft
verliebt war, wie ich dachte – nichts davon mitbekommen, dass ich es mir während der Überstunden von der Cheftippse besorgen
     ließ. Aber das klang, wenn man es nacherzählte, irgendwie auch nicht so gut, musste ich zugeben.
    »Ach, du bist in unsere Betriebspraktikantin verliebt und lässt dich trotzdem mit meiner Sekretärin ein?«, würde mein Vater
     fragen, und wenn ich Pech hätte, würde er mir dafür sogar noch ein kumpeliges Lächeln schenken, so von Unhold zu Unhold.
    Ich zuckte resigniert mit den Schultern. Jetzt war’s auch schon egal.
    »Okay, ich geh dann mal wieder an die Arbeit.«
    »Wenn du willst, kannst du abbrechen«, antwortete mein Vater versöhnlich, »ich kann mir vorstellen, dass das in den nächsten
     Tagen hier nicht so angenehm wird für dich.«
    Dabei lächelte er wissend. Ich wusste, dass er im Grunde stolz auf mich war, dieser Schwerenöter. Verkehrte Welt.
    »Ich zahl dir die ganzen vier Wochen, keine Sorge.«
    »Nö, ich bleibe lieber hier«, antwortete ich. Von »lieber« konnte zwar keine Rede sein, aber es wäre die einzige Möglichkeit,
     weiterhin in die Nähe von Sina zu kommen. Ich nahm an, dass ich mich vor ihr noch zehn bis zwölf Mal in den Dreck werfen musste,
     um sie versöhnlich zu stimmen, aber ich wollte die Hoffnung nicht kampflos aufgeben.
    »Wie du willst«, antwortete mein Vater, »aber halt dich besser ein bisschen von Frau Rader fern, diese Frau ist sensibler,
     als man denkt.«
    Ich schaute meinen Vater fassungslos an. Wenn er das wirklich glaubte, war ihm nicht zu helfen. Als ich in sein Vorzimmer
     trat, lachte mich Leonie Rader an und ich befürchtete einen Moment, sie würde gleich Feuer speien. In diesem Moment erkannte
     ich glasklar, dass sie und niemand anderer der Boss in diesem Laden war.
     
    Ich blieb noch eine Woche in der »Möbelwelt«, bevor ich die Hoffnung aufgab. Sina hatte ihr Betriebspraktikum gekündigt und
     kehrte nicht wieder an ihren Schreibtisch zurück. Sie weigerte sich, mit mir zu sprechen, wenn ich versuchte, sie zu erreichen.
     Die beiden Briefe, die ich ihr schrieb (einer mit lässig vorgebrachten Entschuldigungen, der andere voller jämmerlicher Liebesschwüre),
     blieben unbeantwortet. Ich wartete insgesamt drei Abende in meinem Auto vor ihrem Haus, und als sie dann am dritten Abend
     endlich einmal allein herauskam, hatte ich nicht den Mut, sie anzusprechen, und blieb auf meinem Posten sitzen. Nach einer
     Woche ließ ich mir von Loni Rader mein Geld auszahlen und trampte los, Richtung Korsika. Ich hoffte, dass ich wenigstens Klara
     treffen würde. Alles, alles war besser, als zu Hause in der Wohnung meiner Mutter an die modern gekalkten Wände zu starren
     und mich einsam zu fühlen. Klara. Mal sehen.
     
    Sina Mende-Morgenstern, Aachen
    »Hallo, Sina, ich bin’s, Markus Stiltfang.«
    »Markus Stiltfang? Der aus dem Möbelhaus?«
    »Genau. Der aus dem Möbelhaus.«
    »An dich habe ich neulich erst wieder gedacht.«
    »Ach, wirklich?«
    »Ja, lass mich kurz überlegen. Ich glaube, es ging um die Todesstrafe.«
    »Ha ha, das ist wirklich sehr komisch. Freut mich, dass du deinen Humor nicht verloren hast.«
    »So lustig bin ich gar nicht. Ich glaube immer noch, dass du dich damals wie ein charakterloses Arschloch verhalten hast!«
    »Auch deine Vorliebe für klare Worte scheint nicht auf der Strecke geblieben zu sein.«
    »Hast du vergessen, dass ich dazu neige, selbstgerecht und unflexibel zu sein?«
    »Dazu kannte ich dich leider zu wenig, um das zu entdecken.«
    »Oh, dann musst du meinem Exmann glauben. Es waren so ziemlich seine letzten Worte in meine Richtung.«
    »Das tut mir leid.«
    »Was? Dass meine Ehe den Bach runterging oder dass ich immer noch eine Zicke bin?«
    »Beides!«
    »Gut. Wäre das geklärt. Komm zum Punkt: Warum rufst du an?«
    »Ich muss dich was fragen.«
    »Lass mich raten. Du willst wissen, ob ich dir verziehen hätte, damals, wenn du nicht so ein Jammerlappen gewesen wärst und
     dich ein wenig bemüht hättest, stimmt’s?«
    »Na ja, nicht ganz.«
    »Nein? Was dann?«
    »Glaubst du, ich wäre ein schlechter Liebhaber gewesen?«
    »Markus, nein, glaube ich nicht. Du hattest Potenzial.«
    »Potenzial?«
    »Ja. Potenzial.«
    »Darf ich da mal blöd nachfragen, wie du das

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