Der mieseste Liebhaber der Welt
dass ich meiner Unterleibshygiene ein wenig mehr Sorgfalt zukommen ließ als meinen verfilzten
langen Haaren (was stimmte). Ich stieß einen Laut aus, der so ähnlich klang wie »Auouhhhhargh« und griff nach ihrem Busen.
Loni stieß meine Hand grob weg und zog sich ihre Bluse mit einer Hand selbst hoch. Es war ungeheuer effektiv, was sie da veranstaltete.
Sie saugte an mir wie die Düse eines Vorwerkstaubsaugers und umfasste meinen nackten Hintern wie ein Schraubstock. Das war
fast ein wenig zu viel für meinen Geschmack, doch romantischer wurde das hier nicht mehr. Nach ein paar Minuten drehte sie
mich um und verfrachtete mich mit einem gezielten Schubs auf den Veloursteppich.
»Gut, Markus, das machst du gut!«, sagte sie im gleichen Moment. Ich musste innerlich lachen. Wenn ich
irgendwas
hier gut machte, dann war das stillzuhalten und zu hoffen, dass ich es unverletzt überstand. So musste Sex sein, wenn man
unter dem »Locked in«-Syndrom litt. Loni hämmerte ihren Unterleib auf meinen, als haute sie Kisten zusammen, offenbar schien
die Umgebung sie zu inspirieren. Allerdings war keine Spur von Lust und Vergnügen in ihrem Gesichtauszumachen. Das hier schien verdammt harte Arbeit für sie zu sein, die mit teutonischer Effizienz erledigt werden musste.
Sie gurrte und stöhnte so blechern wie die letzte Single von Kraftwerk. Irgendwie hatte ich mir das mit Loni Rader immer anders
vorgestellt. Mit meiner erotischen Stimmung ging es rapide den Bach hinunter. Nordwärts der Taille breiteten sich Langeweile
und ein wenig Verzweiflung aus. Wie kam ich aus der Nummer wieder raus? Selbst Loni bemerkte nach ein paar Minuten, dass da
unter ihr irgendwas nicht stimmte, aber offenbar war sie nicht bereit, auf halbem Weg aufzugeben. Sie ging zu manueller Bearbeitung
über, als habe sie es mit dem störrischen Steuerknüppel eines Sportwagens zu tun, und schaltete hoch, dann zwickte sie mich
mit ihren Fingernägeln ohne Ankündigung zwei-, dreimal in meine Brustwarzen. Das tat höllisch weh und im nächsten Moment sackte
ich auf dem braunen Velours zusammen. Meine Güte, für diesen Griff konnte Loni Rader ins Gefängnis kommen! Sie rupfte kurz
an ihren Kleidern und war innerhalb von Sekunden wieder in ordnungsgemäßer Garderobe, sofern man bei ihrer Grundausstattung
überhaupt davon sprechen konnte. Sie lächelte mir noch einmal zu, aber da war nicht viel Romantik im Blick – ich würde es
Genugtuung nennen.
»Schließt du die Tür, wenn du hier fertig bist?«
Ich nickte wortlos. Was zum Teufel war DAS gewesen? Der mieseste Sex meines Lebens bislang (das hieß nichts), aber auch einer
der geilsten Momente. Ich war nicht scharf drauf, dass jemand davon erfuhr, aber vergessen würde ich diese Nummer im Teppichlager
auch nie wieder. Ich blickte an mir hinunter, irgendwas stimmte da nicht. Meine linke Brustwarze blutete! Ich hatte es immer
schon gewusst: Loni Rader war gefährlich.
***
»Morgen, Chef!«, grüßte Conrad und grinste mich an. »Schönes Wochenende gehabt?«
»Chef« hatte mich Conrad noch nie genannt und gelacht wurde meistens erst ab Donnerstag in seiner Abteilung, wenn abzusehen
war, dass eine weitere stumpfsinnige Woche mit den Holzkisten ihrem Ende entgegenging.
»Doch, war gut, vielen Dank!«, antwortete ich fröhlich, und dachte noch, sieh mal einer an, so langsam nehmen die Jungs mich
ernst. Da war ich allerdings auf dem Holzweg.
»Da kommt ja auch
Mack the Hammer
«, begrüßte mich Goerden, der unangenehmste in den Reihen der Kistenklopper und machte eine international bekannte, unflätige
Handbewegung dazu. Walther und Grabentzow lachten bloß blöd, was nicht ungewöhnlich war, darin erschöpfte sich ihr Beitrag
zur Unterhaltung in der Kistenmacherei meistens. Ich war einen Moment lang verblüfft und wusste nicht, was der Haufen jetzt
schon wieder hatte. Doch das war nur ein kurzer Aufschub, den mein schläfriger Verstand mir vor der Erkenntnis gewährte, dass
Loni Rader offenbar mit unserer kleinen Nummer hausieren gegangen war. Ich hatte am Wochenende eine Menge Energie investiert,
um den
Vorfall
zu verdrängen. Ab Sonntag trug ich nicht mal mehr ein Pflaster an der Brustwarze. Wir waren in St. Goar gewesen und hatten
Udo Lindenberg live lallen hören, sogar Sina musste zugeben, dass Deutschrock unter Sternenhimmel nicht die schlechteste Möglichkeit
war, das Wochenende einzuläuten. Wir waren dann doch noch mitten in der Nacht nach
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