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Der mieseste Liebhaber der Welt

Der mieseste Liebhaber der Welt

Titel: Der mieseste Liebhaber der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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sein«, jammerte Kosslowsky, »das könnt ihr nicht machen!«
    Wir ließen Kracher ein paar Minuten an ihrem Fenster zappeln, doch auch uns bereitete die Dame schon beim Ansehen Unbehagen.
     Vermutlich arbeitete die mit einem Knüppel. Das wollten wir Kracher dann doch nicht zumuten. Wir entschieden uns schließlich
     für eine orientalisch aussehende Hure, die in ihrem bauschigen Oberteil mit durchsichtiger Spitze und ihrer knappen Pluderhose
     auch in Aladins Wunderlampe angereist sein konnte. Wir wollten es uns nicht eingestehen, aber als Kracher schließlich von
     dergeheimnisvollen Morgenländerin in ihre gute Stube gebeten wurde, begleitete ihn der inbrünstige Neid seiner dreizehn ehemaligen
     Mitschüler.
    »Schaut auf die Uhr!«, rief Baltes. »Ich wette, Kracher kommt, bevor die sich ganz ausgezogen hat!«
    Heute weiß ich, dass Baltes keine Ahnung hatte, wie das in einem Puff mit 50   Mark in der Tasche wirklich abläuft. Dass ich es heute besser weiß, als mir lieb ist, liegt an Chantalle.
    ***
    »Heißt du wirklich so?«, fragte ich die braunhaarige Frau mit dem freundlichen Lächeln. Sie war auf eine hübsche Art unspektakulär
     und vielleicht sechs, sieben Jahre älter als ich. Schöner Körper, mittellange Haare, leicht gebräunte Haut, null Exotik. Im
     Freibad wäre sie unter den ersten 20   Prozent eingelaufen, aber man sabberte nicht bereits, wenn man sie nur ansah. Sie wirkte wie
the girl next door
, und das war vermutlich auch der Grund, warum ich mich überhaupt zu ihr hineingetraut hatte.
    »Wieso fragst du, stimmt was nicht mit dem Namen?«
    »Na ja, Chantalle. Klingt ungewöhnlich, oder?«
    »Is ’n Künstlername«, sagte Chantalle knapp und ging vor mir eine steile Wendeltreppe hoch. Ich stolperte hinterher, ihre
     spärlich bekleideten Hinterbacken ungefähr fünfzig Zentimeter vor mit. Das musste schon zu ihrer künstlerischen Darbietung
     gehören. Wir erreichten eine kleine Kammer. Ein großes Bett mit puscheligen Kissen auf roter Satinbettwäsche, darauf verteilt
     ein paar schmuddelige Handtücher.
    »Kann ich mich mal frisch machen?«
    »Klo ist da drinnen.«
    Sie zeigte auf einen kleinen Verschlag von der Größe einerDuschkabine, in der sich allerdings nur eine Toilette und ein kleines Waschbecken befanden.
    »Nee, ich meinte eher so duschen«, sagte ich kleinlaut.
    »Wieso das denn, hast du gerade im Garten ein Loch ausgehoben?«
    So freundlich wie am Fenster war Chantalle schon nicht mehr, musste ich feststellen. Ich hoffte, das hatte nichts mit mir
     zu tun.
    »Nö, ich dachte bloß, es wäre auch für dich schöner.«
    »Für mich?«
    Chantalle schaute mich an, als ob ich den Vorschlag gemacht hätte, ihren kleinen Mops zu grillen, den sie im Erdgeschoss einer
     schlampigen älteren Dame im grauen Kittel übergeben hatte.
    »Es wäre SCHÖN für mich, wenn du langsam mal in die Pötte kommst, Schatz, die Zeit läuft.«
    Okay, dann eben nicht. Ich hockte mich aufs Bett und begann, mir den ersten Turnschuh vom Fuß zu streifen, da unterbrach mich
     Chantalle bereits.
    »Erst regeln wir das Geschäftliche.«
    Das hier war kein Kindergeburtstag, das merkte ich gleich.
    Ich zog 35   Mark aus meinem Geldbeutel und überreichte sie der Mietdame meiner Wahl.
    »Mehr hast du nicht?«
    »Wieso mehr? Sie sagten doch, es kostet 35   Mark!«
    »Ja, Schätzchen, das stimmt, 35   Mark ist aber nur der Koberpreis. Sozusagen der Basistarif dafür, dass du überhaupt mit hochkommst. Dafür mach ich dir einen
     schönen Handjob mit Babyöl. Wenn du mehr willst, geht’s dann bei 50   Mark weiter!«
    »Bei 50   Mark WEITER?!?«
    Du meine Güte, von 50   Mark lebte ich normalerweise eine Woche lang. (Die Tarife im Hotel Mama sind halt beispiellos günstig.)
    »Ein bisschen habe ich noch.«
    »Das ist gut, zeig doch mal!«
    Ich nestelte an meinem Geldbeutel und zerrte meinen letzten Zwanziger ans Licht der Öffentlichkeit. Chantalle nahm den Zwanziger
     UND meinen Geldbeutel und versicherte sich selbst, dass meine finanziellen Mittel damit erschöpft waren. Sie seufzte.
    »Student, was?«
    »Ja, fast«, antwortete ich ausweichend. Mit dem Hinweis, ich sei Zivildienstleistender in spe hatte ich in den letzten Wochen
     schon ein paar komische Erfahrungen gemacht. (Der Begriff »Drückeberger« spielte darin eine größere Rolle.)
    »Und du, was machst du so?«, fragte ich automatisch, und als ich merkte, dass die Frage wohl nicht ganz angebracht war, ergänzte
     ich

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