Der mieseste Liebhaber der Welt
geistesgegenwärtig:
»Ich meine, sonst so.«
»
Sonst so
ruhe ich mich aus«, antwortete Chantalle, »denn ich arbeite hier meistens von 12 Uhr bis 2 Uhr nachts.« Ich machte noch einen weiteren Versuch, unsere nette kleine Unterhaltung anzufachen, irgendwie mag ich’s in der
Regel ein wenig kuschliger, bevor ich die Hosen runterlasse.
»Wie lautet denn dein richtiger Name?«
Ich hielt es für persönliches Interesse und hoffte, das würde Chantalle für mich einnehmen.
»Such dir einen aus«, antwortete diese aber nur knapp, und so blieb es halt bei ihrem Künstlernamen. Ich zog mich langsam
aus. Meine Spannung stieg.
Ich war noch nie bei einer Hure gewesen und hatte bis zu diesem Tag auch nirgendwo vertrauenswürdige Informationen darüber
erhalten, was professionelle Beischläferinnen so alles draufhaben. Woher auch. Ich konnte ja nicht einfach einen von meinen
Freunden fragen (die wussten vermutlichgenauso wenig wie ich) oder meinen Vater (obwohl ich ahnte, dass er mir prinzipiell hätte helfen können). Ich wusste, dass
man möglichst nicht darüber sprach, wenn man die Dienste einer Nutte in Anspruch nahm. Ist nicht gut fürs Image. Wenn man
Sex
bezahlen
muss, gucken einen die Leute komisch an, konnte ich mir vorstellen.
Zudem war ich noch nicht einmal Single. Ich war doch jetzt mit Klara zusammen, und obwohl ich spürte, dass wir als Fernbeziehung
keine große Zukunft haben würden, konnte ich mich über mein aktuelles Sexleben wirklich nicht beschweren. Wir probierten so
ziemlich alles aus, was uns in den Sinn kam,
outdoor
auf einem Baugerüst und auf der Toilette des »Dschungels«, probierten ein paar anspruchsvollere Stellungen aus dem Kamasutra
und schoben uns über den Steinfußboden in der Küche ihrer Eltern. Eigentlich schien alles in bester Ordnung. Keine Schmetterlinge
im Bauch, aber auch kein permanenter Fluchttrieb. Nach den Turbulenzen mit Gitta, Maria oder meiner kurzen Beinahe-Affäre
mit Sina tat mir diese unaufgeregte Geschichte mit Klara gut, so prinzipiell.
Doch seit unserem Ausflug auf die Hubertusstraße hatte mich die Möglichkeit, mit einer völlig fremden Frau ins Bett zu gehen,
nicht mehr in Ruhe gelassen. Irgendwie versprach ich mir von so einer Begegnung ein paar entscheidende neue Impulse. Wer mit
so vielen Männern bumste, musste doch ein paar spezielle Tricks auf Lager haben? Kracher Kosslowsky war mir in dieser Hinsicht
keine Hilfe. Alles, worüber er nach den 45 Minuten reden wollte, die er auf dem Zimmer unserer Exotin Laila verbracht hatte, war ihr Heimatland. Der Jemen. Was man im
Jemen so auf der Matratze anstellte, darüber verriet uns Kracher kein Wort. »Insiderwissen!«, grinste er bloß überlegen, und
wir mussten uns eingestehen, dass uns der schlaue Dicke mal wieder drangekriegt hatte: Wir hatten ihm ohne die geringste Gegenleistung
seinerseitsdas Vergnügen finanziert, so sah es aus. Ich musste selbst rausfinden, was es mit dem legendären Ruf von Prostituierten auf
sich hatte. Also erzählte ich Klara von einem netten Abend bei meiner ehemaligen Deutschlehrerin Gitta und ihrem Freund Joseph
und setzte mich in den klapprigen R4, den ich aus den Beständen der »Möbelwelt« in den privaten Fuhrpark der Familie Stiltfang
überführt hatte. Jetzt blieben noch 15 Kilometer Zeit, mir meine Puffpremiere in allen Einzelheiten auszumalen. Im Nachhinein waren das die schärfsten Momente an
der ganzen Geschichte.
»Fertig!«
Überflüssigerweise kommentierte ich den Umstand, dass ich mich jetzt auch von meinen Boxershorts getrennt hatte, und legte
mich aufs Bett. Ich erwartete, dass nun auch Chantalle damit beginnen würde, sich zu entkleiden. Bislang hatte sie sich nicht
einmal von ihren Stiefeln getrennt. Doch Chantalle drehte nach einem ausgiebigen Händewaschen nur den Wasserhahn ab und hockte
sich neben mich aufs Bett.
»Ziehst du dich nicht aus?«
»Du bist aber ungeduldig«, antwortete Chantalle, »hast wohl lange keine Ladung mehr verschossen, was?« Dazu lachte sie kehlig.
Nun ja. Eigentlich schon. Aber ich wollte Klara aus der Sache raushalten.
»Kann sein.«
Chantalle griff nach einer weißen Rolle mit Papiertaschentüchern und einem kleinen Korb, in dem sich Kondome in allen Größen
und Farben befanden.
»Is’ er groß, wenn er aufwacht?«, fragte Chantalle.
»Eher so
normal
!?«, antwortete ich, ohne genau zu wissen, wovon ich redete. »Also so mittel.«
»Rubbel ihn
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