Der mieseste Liebhaber der Welt
nicht verkneifen. Chantalle aber ging nicht darauf ein, sondern schrubbte
sich schon wieder so verbissen, als hätte sie in der Sickergrube eines Open-Air-Festivals geplanscht.
Als wir schließlich an der Glastür ihres Etablissements an der Straße standen, nahm sie mich in den Arm, bediente mich mit
dem lange vermissten
The girl next door -
Lächeln und verabschiedete sich mit dem Satz:
»Ich würde mich freuen, wenn du mich mal wieder besuchen würdest, Schatzi.«
Ich nickte ihr freundlich zu. Und dachte:
Am Arsch die Räuber
.
Dann schlich ich übellaunig aus der Hubertusstraße hoch zum Marktplatz und bestellte mir bei McDonald’s zwei Big Mäc und eine
große Portion Pommes. Ich dachte, soein Verbrechen am eigenen Magen-Darm-Trakt wäre der konsequente Abschluss meines heutigen Albtraums. Aber da lag ich falsch.
Erst als mich ein Mitarbeiter der Burgerbraterei persönlich bis an die Tür begleitete, weil ich zwar eine Menge bestellt,
mich aber erst nach einem Blick in meinen Geldbeutel wieder daran erinnert hatte, wo mein letztes Geld geblieben war, fühlte
sich der Abend so
richtig
rund an.
Chantalle, Aachen
»Guten Tag, Markus Stiltfang mein Name, spreche ich mit Herrn Karl-Heinz Condetta?«
»Korrekt. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich bin freier Journalist, Herr Condetta, und gerade mit einer Recherche beschäftigt, für den Geschichtsverein Aachen, verstehen
Sie?«
»Um was geht’s?«
»Na ja, es geht um die historische Aufarbeitung der Hubertusstraße und ihrer …«
»Nach welcher Nutte suchen Sie?«
»Äh … was?«
»Hör mal, guter Mann, verschwenden wir unsere Zeit nicht mit langen Vorreden. Typen wie dich habe ich zwei Mal im Monat am
Apparat. Lasst es euch von Madama Zero mit der Peitsche besorgen oder von Lula aus der Karibik die Flöte blasen, und nach
ein paar Monaten merkt ihr, dass ihr VERLIEBT seid. Dann sind die Damen aber schon längst weitergezogen und ihr Jungs schiebt
Liebeskummer
.«
»Verstehe.«
»Also, hier mein Angebot: Ich liefere die neue Adresse jeder Frau, die in einem meiner Objekte auf der Hubertusstraße als
Hauptmieterin einen Vertrag unterschrieben hat.«
»Wie viele wären das denn?«
»Bis auf die Peepshow und die Bude gegenüber am Eingang der Straße alle!«
»Oh!«
»Bei den Frauen liegt Ihre Chance allerdings nur bei rund 50 Prozent. Der Rest ist hier auf der Durchreise und nur als Untermieter bei einer der anderen Damen gemeldet, an die komme ich
nicht ran.«
»Na gut, dann möchte ich dieses Angebot wahrnehmen.«
»Okay, hier sind meine Tarife: pro Name und Adresse 750 Euro plus Mehrwertsteuer. Falls ich die Dame nicht in meinen Unterlagen finde, wird eine Bearbeitungsgebühr von 150 Euro fällig. Vertrag schicke ich heute noch raus.«
»750 Euro? Das ist doch total verrückt!«
»Findest du? Ich find’s auch verrückt, dass ihr Soliden den Schlampen auf den Leim geht. Aber ist deine Entscheidung, Meister.
Bist du dabei, dann her mit der Adresse, an die der Vertrag gehen soll.«
»Auf keinen Fall. Und ich bin keiner
Schlampe auf den Leim gegangen
, ich bräuchte nur eine Auskunft.«
»Ist klar, Alter. Also, war’s das dann?«
»Ja. Nein. Eine Frage noch: Hätten Sie denn wirklich noch Unterlagen über die Damen, die 1979 hier gearbeitet haben?«
»Was? Unterlagen von 1979? Bist du nicht mehr sauber isoliert, du Harry, wer soll denn von 1979 noch auf der Rolle sein? Das
ist dreißig Jahre her! Wenn es tatsächlich eine Trude geben sollte, die den Job heute noch macht, dann sollten ihre Freier
Schmerzensgeld verlangen. Ruf mich nie wieder an, du perverse Sau!«
Klick
Klara Schneider, Potsdam
»Guten Tag, Markus Stiltfang mein Name, spreche ich mit Klara Schneider?«
»Markus!«
Lachen im Telefon.
»Ich habe schon auf deinen Anruf gewartet!«
»Was? Woher wusstest du denn, dass ich dich …«
»Meine Mutter hat mich gleich angerufen, als du dich nach mir und meinen neuen Kontaktdaten erkundigt hast. Sie war ganz aufgeregt.«
»Wieso aufgeregt, ich verstehe nicht?«
»Ach, Markus.«
Pause.
»Mit dem Verstehen hattest du damals ja auch schon deineProbleme.«
»Wie meinst du das denn jetzt?«
»Du hast keine Ahnung, was du damals angerichtet hast, oder?«
»Ich? Nein, was denn angerichtet, keine Ahnung, was meinst du?«
»Du warst die erste große Liebe meines Lebens, Markus, und mein erster Mann. So was vergisst man nicht.«
»Oh, wirklich?«
»Ja, wirklich. Offenbar
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