Der Milliardär und das Kindermädchen
ihr Gästezimmer. Es war immer noch ziemlich früh am Abend – vielleicht konnte sie im Wohnzimmer noch etwas fernsehen? Oder würde sie dann Zane über den Weg laufen?
Sofort musste sie wieder daran denken, wie unglücklich das Abendessen geendet hatte. Alles hatte sich so gut entwickelt … und jetzt sah es aus, als müssten Vater und Tochter wieder bei Null anfangen. Arme Livie! Bestimmt war sie schrecklich enttäuscht. Viel mehr als Melanie selbst.
So kann das nicht weitergehen, dachte Melanie. Ich muss noch mal mit Zane reden, bevor wir wieder nach Austin fahren.
Entschlossen ging sie die Treppe hinunter. Sie trug ein langes Nachthemd und darüber einen weißen Morgenmantel aus Seide, den Zane in der Luxusboutique offenbar mit zu den anderen Einkäufen gelegt hatte. Vielleicht störte es ihn ja, wenn sie im Nachthemd durchs Haus lief?
Den Eindruck hatte er allerdings nicht gemacht, als sie sich vorgestern Nacht im Wohnzimmer begegnet waren – im Gegenteil. Sein Blick war voller Verlangen gewesen und hatte sie am ganzen Körper zum Kribbeln gebracht.
Ehrfürchtig strich sie über den edlen Stoff des Morgenmantels.
Eigentlich hatte sie so ein Kleidungsstück nicht verdient; außerdem war sie auch gar nicht der Typ dafür. Immerhin war sie schon in einem knappen, mit Federn und Pailletten bestickten Kostümchen über eine drittklassige Bühne in Las Vegas getanzt. Und jetzt? Jetzt trug sie weiße Seide, spielte das Mädchen aus gutem Hause und machte ihrem Umfeld etwas vor.
Aber in diesem Moment war das alles zweitrangig – erst mal wollte sie ernsthaft mit Zane Foley sprechen, immerhin ging es um Livie.
In seinem Büro brannte Licht. Leise klopfte sie an.
„Ja, bitte?“
„Ich bin’s. Darf ich reinkommen?“
Keine Antwort.
Melanie konnte sich lebhaft vorstellen, was gerade in ihm vorging. Wahrscheinlich war ihm völlig klar, was sie von ihm wollte.
„Die Tür ist offen“, sagte er schließlich.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie die Klinke herunterdrückte. Zane Foley saß seitlich zur Tür am Computer. Von ihrem Standort aus hatte Melanie einen ganz guten Blick auf den Bildschirm. Darauf meinte sie den berühmten Santa-Magdalena-Diamanten zu erkennen.
Als sie die Tür hinter sich schloss, sah er zu ihr. Er wirkte angespannt.
Nervös zupfte Melanie den Ausschnitt ihres Seidenmantels zurecht. Der Stoff strich ihr zart über die Haut, und die feinen Härchen auf ihrem Arm richteten sich auf.
„Entschuldigen Sie die Störung“, sagte sie, „aber ich würde gern mit Ihnen über Livie sprechen.“
Zane sah zu Boden. Es schien ihm nicht leichtzufallen, die Augen von ihr zu lösen, und das gefiel ihr.
„Ich kann mir schon vorstellen, worum es geht“, bemerkte er.
„Na, dann sind Sie ja darauf eingestellt.“
„Miss Grandy …“, begann er und sah sie wieder an – diesmal war sein Blick kühl und sachlich. „Ich rechne immer damit, dass Sie mit mir über Livie sprechen wollen. Offenbar haben Sie völlig vergessen, was ich Ihnen bei unserem zweiten Vorgespräch gesagt habe.“
„Ich erinnere mich sogar sehr gut“, gab Melanie zurück. „Sie meinten, ich solle Ihnen keine Ratschläge geben.“
„Kann es sein, dass Sie das gerade trotzdem vorhaben?“
Entschlossen ging Melanie zum Schreibtisch. „Es tut mir leid, aber ich will einfach nicht mehr schweigend dabei zusehen, wie Livie unter Ihrem Verhalten leidet. Wenn ich nicht wenigstens versuche, etwas daran zu ändern, würde ich mir das nie verzeihen.“
Abrupt stand Zane auf und funkelte sie an.
Melanie ließ sich nicht beirren. „Ist es denn so schrecklich für Sie, Livie wenigstens ein bisschen über ihre Mutter zu erzählen? Jedes Kind braucht eine Mutter, auch wenn diese Mutter nicht mehr bei ihm sein kann.“
„Jetzt reicht es aber.“
„Nein, das reicht noch lange nicht.“ Melanie konnte ihre Gefühle nicht länger zurückhalten. „Livie hat so viel Liebe in sich, aber sie kann sie einfach nicht weitergeben. Und ich habe Angst, dass sie irgendwann ganz vergisst, wie es ist, zu lieben und geliebt zu werden. Wenn Sie ihr weiter die kalte Schulter zeigen, zieht sie sich irgendwann völlig in sich zurück.“ Sie holte tief Luft. „Aber vielleicht kriegen Sie das nicht mal mit, weil Sie sowieso nie bei ihr sind.“
„Ich bin sehr wohl …“ Er verstummte.
Warum äußerte er sich nicht endlich mal zu dem Thema? Schwieg er etwa deswegen, weil er nicht einsah, warum er sich auf das Gespräch einlassen
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