Der Millionär und die Nanny
KAPITEL
Schon früh am nächsten Morgen hatte Jack das Gepäck verstaut. Marie saß hinten in ihrem Kindersitz, und als Jack die Fahrertür zuschlug und den Motor anließ, wandte Annalise sich mit einem strahlenden Lächeln zu ihm um. „Und wo fahren wir nun hin?“
Erst als er sich in den dichten Verkehr eingefädelt hatte, warf er ihr einen kurzen Blick zu. „Es wird Sie freuen zu hören, dass ich Ihren Ratschlag angenommen habe. Wir werden ein paar Tage in einem kleinen Bungalow am Strand verbringen.“
Absichtlich sprach er nicht von Urlaub . Denn am Tag zuvor hatte Marie auf dieses Wort extrem und geradezu hysterisch reagiert. Erst als Annalise auf die Idee gekommen war, das könnte mit dem Unfall der Eltern zu tun haben, der ja im Urlaub passiert war, ließ sich das Kind beruhigen.
„Ein Bungalow am Strand?“ Annalise wandte sich lächelnd zu Marie um. „Hört sich das nicht toll an?“
„Ich hoffe, Sie werden nicht enttäuscht sein.“
„Warum? Ich bin sicher, Sie haben einen schönen Platz ausgesucht.“
Dass sie ihm so vertraute, berührte ihn stärker, als er zugeben mochte. Schließlich war er ein erwachsener Mann von dreißig Jahren, hatte eine erstklassige Ausbildung genossen, kam aus einer der ältesten und wohlhabendsten Familien Charlestons und besaß ein florierendes Unternehmen mit vielen Angestellten. Und dennoch fühlte er sich bei Annalises Lob wie eine Katze, der man eine Schale mit Sahne hinstellte. Wenn er nicht aufpasste, würde er auch noch anfangen zu schnurren …
„Ich musste ein Haus mit Internetanschluss finden“, sagte er. „Für meinen Job ist es wichtig, dass ich erreichbar bin.“
„Selbstverständlich. Das verstehe ich vollkommen.“
„Außerdem wollte ich mich vor den Presseleuten verbergen.“
„Ja, in Ihrer Situation ist das wohl nötig.“
„Glücklicherweise besitzt einer meiner Freunde ein Anwesen mit einem Gästehaus nah am Wasser. Da er den Sommer in Europa verbringt, hat er mir das Haus zur Verfügung gestellt. Es hat zwar nur zwei Schlafzimmer, dafür aber eine große Küche.“ Plötzlich fiel ihm etwas ein. „Können Sie eigentlich kochen?“
„Ja.“
„Gut. Aber was noch wichtiger ist: Sind Sie auch bereit dazu? Ich weiß, dass Kochen eigentlich nicht zu Ihren Pflichten gehört, und ich werde Sie dafür natürlich extra entschädigen.“
„Das ist nicht nötig.“ Sie wandte sich ab und blickte aus dem Fenster. „Ich mache es gern.“
„Und trotzdem hören Sie sich irgendwie verärgert an. Warum? Weil ich Ihnen angeboten habe, Sie dafür zu bezahlen?“
„Vielleicht ja.“ Annalise sah ihn wieder an. „Ich weiß allerdings nicht, warum mich das stört.“
„Aber ich. Wegen gestern. Wegen der Sache, die im Spielzimmer passiert ist.“
Sie runzelte die Stirn. „Meinen Sie wirklich?“
„Ja. Weil wir Berufliches und Privates miteinander vermischt haben.“
„Dann wird es Zeit, dass wir beides wieder sauber voneinander trennen. Und das Private ganz ausschalten.“
Jack lächelte kurz. „Wir können uns bemühen. Aber ich habe Zweifel, dass uns das gelingen wird. Die Versuchung ist da. Und das wissen Sie ganz genau. Warum sollte Sie sonst mein Vorschlag beleidigen, Sie für die Extraarbeit zu bezahlen?“
„Keine Sorge, das kann ich wegstecken. Genauso wie ich damit fertigwerde, dass wir einander nicht gleichgültig sind.“
„So? Dann wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir in dem Punkt ein paar Tipps geben könnten. Denn das wird mir nicht so leichtfallen.“
Annalise errötete, und sie wandte sich schnell zu Marie um. Jack beschloss, nicht weiter in sie zu dringen. In der nächsten Zeit würde sich zeigen, ob er ihre strenge Haltung nicht doch würde erschüttern können. Und falls es ihm nicht gelang, sie zu verführen, dann bestand immer noch die Hoffnung, dass sie sich um Maries willen mit ihm einließ. Schon jetzt schien sie sehr an dem Kind zu hängen, sodass sie möglicherweise bereit war, auch den Onkel in Kauf zu nehmen und ihn zu heiraten.
Irgendwie hatte er plötzlich ein schlechtes Gewissen, weil er so kaltschnäuzig seinen Plan verfolgte, ein Gefühl, das ihm eigentlich ganz fremd war. Denn sein Vater hatte ihm immer gepredigt, dass man es im Leben nur zu etwas brachte, wenn man unbeirrt auf sein Ziel zusteuerte. Mitgefühl und Freundlichkeit konnten da nur stören. Die Lebensmaxime von Jonathan Mason war immer gewesen, sich durch nichts von seinem Plan abbringen zu lassen. Und so würde auch Jack als sein
Weitere Kostenlose Bücher