Der Minnesaenger
prächtig. Eine Magd - ungefähr in ihrem Alter - setzte einen Krug vor ihnen ab. Sie hatte dunkelblondes Haar und einen herausfordernden Blick.
»Tanzen wir später?«, fragte Burkhard sie.
In gespielter Zier senkte sie den Kopf. »Wo denkt Ihr hin? Ich bin ein anständiges Mädchen. Keines, das... Ach, ich weiß nicht. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.«
»Du musst dich schon entscheiden«, sagte Burkhard.
»Ich muss gar nichts«, sagte die Magd und eilte mit federnden Schritten davon. Dann blickte sie über die Schulter zurück und zwinkerte ihm zu.
Hartmann musste lachen. Er fühlte sich zum ersten Mal unbeschwert, seitdem er seine Stellung als Gehilfe des notarius angetreten hatte. Mit Burkhard hatte er einen Gefährten gleichen Ranges gefunden, mit dem er gerne Zeit verbrachte. Von seiner Hüfte baumelte von nun an ein Schwert, das ganz allein ihm gehörte. Immer wieder tastete seine Hand nach dem Griff, und erst wenn er das kalte Metall spürte, war er sich sicher, dass er nicht träumte.
»Heute Abend werden wir eine Menge Spaß haben«, sagte Burkhard, griff nach dem Krug und trank. Der Wein lief ihm aus den Mundwinkeln und tropfte auf sein Gewand.
Hartmann erinnerte sich an die Warnung des Marschalls. Burkhard sollte davon erfahren, damit er beim bu hurt nicht zu Schaden kam. »Ein bisschen Wein fördert den Mut, aber zu viel Wein macht leichtsinnig.«
Burkhard setzte den Krug ab und betrachtete ihn erstaunt. »Leichtsinnig? Hört sich eigentlich nicht schlecht an, aber natürlich hast du Recht. He, du da«, sagte er und knuffte seinem Nebenmann in die Seite. »Du bist doch einer von den Staufern, oder? Trink das, wenn du keine Memme bist. Ganz ehrlich, du solltest dich besser stärken, wenn du gegen mich bestehen willst.«
»Haha«, platzte der andere heraus, »um gegen dich zu bestehen, soll ich mich stärken? Haha! Willst mich wohl abfüllen, was? Aber das nützt dir auch nichts. Gib schon her.« Gierig schluckte der Mann aus dem Krug.
Burkhard flüsterte Hartmann zu: »Einer weniger.«
Die Magd reagierte sofort. »Nachschub für den werten Herren Ritter«, sagte sie und setzte Burkhard erneut einen Krug vor die Nase. »Lass es dir schmecken.«
Verdutzt sahen sich Hartmann und Burkhard an. Viele Begriffe kursierten für den Krieger. Auch war ihnen die Bezeichnung Ritter schon begegnet, aber die Anrede aus dem Mund der Magd klang einfach wunderbar und passte bestens zu ihrer Stimmung.
Übermütig griff Burkhard nach dem Krug und sprang auf die Füße. »Werter Herr Ritter Hartmann. Möget Ihr im Turnier siegreich bleiben. Euer Ruf soll Euch vorauseilen, auf dass er allen Kriegern das Fürchten lehre. Auf Euer Wohl!«
Sofort sprang Hartmann auf. »Mindestens genauso, werter Herr Ritter Burkhard. Eure Lanze soll jeden Mann aus dem Sattel stechen, der es wagen sollte, sich Euch in den Weg zu stellen...«
»He!« Der Ausruf ließ das Palaver am Ende der Tafel verstummen. Friedrich dem Schwarzen, dessen Gesicht von einer derben Wildheit war, lag ein dunkles Bärenfell über dem Harnisch. Den Dolch, mit dem er eben noch Fleischlappen von der Hammelkeule geschnitten hatte, rammte er bis zum Heft in den Tisch, als wäre er aus Käse. »Ihr zwei seid wohl ganz besonders ausgeschlafen, was? Einem Mann wie mir wollt ihr das Fürchten lehren? Das könnt ihr haben! Euch zweien wird der Übermut schon noch vergehen.« Mit seinen riesigen, behaarten Pranken stemmte er sich hoch.
Ein Murmeln, ein Flüstern erhob sich ringsum: »Wie meint der Schwarze das?... Sucht er sich Streit?... Will
er noch einen Zweikampf?... Fordert er die beiden zum tjost? ... Nein, das ist nicht möglich! Die beiden sind noch zu unerfahren... Und ob das möglich ist! Er hat schon drei Gegner. Da ist er nicht mehr so wählerisch...«
»Herr... Herr Friedrich«, stotterte Burkhard, »so war das nicht gemeint. Der Beerenwein ist uns wohl zu Kopf gestiegen. Wir wollten Euch gewiss nicht beleidigen. Nehmt bitte unsere Entschuldigung entgegen.«
Kaum hatte er ausgesprochen, setzte er sich schnell und blickte starr auf die Tischfläche. Mit der Hand griff er nach Hartmanns Rockschößen und zog daran. Der hielt dem Blick des Schwarzen für einen Moment stand - sein Stolz gebot es ihm einfach -, ehe er sich neben seinem Freund niederließ.
»Was hat er vor?«, flüsterte Burkhard. »Wir haben doch nur Spaß gemacht. Er wird uns doch nicht allen Ernstes zum tjost fordern.«
Friedrich der Schwarze kletterte über die Bank und
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