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Der Minnesaenger

Titel: Der Minnesaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
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aneinander herangetastet hatten, kam Hartmann auf den Plan des Herzogs zu sprechen.
    »Was?«, rief der Bischof erstaunt. »Berthold will sich wieder vermählen? Mit wem denn?«
    »Mit Ida von Boulogne. Von hier reiten wir weiter an den flandrischen Hof, um die Werbung zu überbringen. Und durch unseren Besuch in Lüttich will Berthold sich vergewissern, ob er auf Euch zählen kann.«
    »Jetzt verstehe ich!« Rudolf sprang auf die Füße und lief unruhig auf und ab. Plötzlich blieb er stehen und sagte: »Mein Sohn, hier an meiner Kette trage ich die Schädelreste des heiligen Lambert. Sie verleihen mir die Kraft, Euch von einer Ungeheuerlichkeit zu berichten. Mein Bruder vertraut mir, so wie ich mich immer auf seine Güte verlassen durfte. Deshalb will ich den Besuch von einem Gesandten des Kaisers nicht verschweigen!«
    »Ein Gesandter des Kaisers? Was wollte er?«
    »Ihr müsst wissen, dass der Kaiser seit dem Sturz Heinrichs des Löwen eine neue Politik verfolgt. Barbarossa fürchtet, dass Berthold zu mächtig wird. Was der Kaiser unserem Onkel versprach, kann ich nicht sagen. Jedenfalls erwägt unser Onkel nun, seine Reichslehen Balduin V von Hennegau, seinem anderen Neffen, zu vermachen.«
    »Was ist mit dem Vertrag von Nimwegen?«

    »Da bezeugte der Kaiser lediglich, dass unser Onkel die Trierer Stiftslehen an Berthold vermacht. Und diese bleiben ihm auch erhalten. Natürlich war der Vertrag vor allem ein symbolischer Akt, der Berthold als Erben der übrigen Reichslehen anerkannte. Das steht allerdings nirgends geschrieben.«
    »Und was wollte nun der Gesandte des Kaisers?«
    »Damals - bei Aufsetzung des Vertrages - wurde ein kleiner Teil der Erbschaft auch mir zugebilligt. Der Kaiser verlangt nun, dass ich meine Ansprüche unserem Cousin überlasse. Und wenn sogar ich ihn als rechtmäßigen Erben anerkenne, wird es für Berthold noch schwerer, seinen Anspruch durchzusetzen. Zwar steht mein Bruder in der Erbfolge an erster Stelle, aber letztendlich wird der Kaiser seinen Willen bekommen. So war es immer!«
    »Ich danke Euch für Eure aufrichtigen Worte«, sagte Hartmann und dachte einen Moment nach. »Ich weiß nicht, wie Euer Bruder auf diese Informationen reagieren wird. Daher halte ich es für ratsam, einen Boten nach Freiburg zu schicken.«
    »Nein, nein. Ich kenne Berthold genau. Er wird toben, den Kaiser verfluchen und ihm nach einer Weile wieder verzeihen. BalduinV von Hennegau ist als Vasall der Lütticher Kirche auch mein Vasall. Ich kann ihn unter Druck setzen und die Interessen meines Bruders wahren. Ich bin ein Zähringer und noch immer ein Garant der zähringischen Politik im Maas-Mosel-Raum.«
    »Das wird Euer Bruder gerne hören.«
    »Trotzdem ist Eile geboten. Viele Edle des Frankenlandes haben schon um Idas Hand angehalten. Nur der Unentschlossenheit Philips von Flandern ist es zu verdanken,
dass sie noch nicht vermählt ist. Philip sollte von den Heiratsabsichten meines Bruders so bald wie möglich unterrichtet werden. Allerdings solltet Ihr vor den Verhandlungen einige Einzelheiten über ihn und seine Nichte erfahren.«
    Hartmann betrachtete den Kirchenmann aufmerksam. Nach allen üblen Gerüchten, die über ihn im Umlauf waren, überraschte es ihn, wie klar sich Rudolf zu seiner Familie bekannte. Zumindest heute bewies er Größe, indem er sich gegen den Kaiser und auf die Seite seines Bruders stellte. Hartmann konnte nur hoffen, dass seine Loyalität von Dauer war.

5.
    Am zweiten Tag ihrer Reise sah Dankwart zu seinem Knecht hinüber, dessen runzliges Gesicht von dem anstrengenden Ritt gerötet war. Bei der letzten Ernte hatte Leutfried unter Atemnot gelitten und sich mehrmals an die Brust gegriffen, auch hatte er keine schweren Lasten mehr tragen können. Trotzdem hatte er das Gnadenbrot entschieden abgelehnt und stand jeden Morgen bei Sonnenaufgang bereit, um die Anweisungen seines Herrn entgegenzunehmen.
    Dankwart wusste um die bedingungslose Treue des Knechts und liebte ihn wie ein Familienmitglied. Schon vor Jahren hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, Leutfried ein Altern in Würde zu ermöglichen. Stets vermittelte er ihm das Gefühl, gebraucht zu werden. Gleichzeitig achtete er darauf, dass der Knecht sich nicht überanstrengte.
    »Allmählich bin ich erschöpft«, sagte Dankwart. »Wenn
wir an einen Bach gelangen, sollten wir eine Rast einlegen und unseren Durst stillen.«
    »Ja, Herr. Ich glaube, ich kenne ein Plätzchen, das sich gut für unsere Zwecke eignen wür...« In

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