Der Minus-Mann
dunklen Schacht der Küche. Ich informiere ihn kurz über ihr Einsatzgebiet. Er nickt.
»Wie bei Karin, vor zwei Jahren, ich weiß«, sagt er.
»Die ersten Tage paßt du auf. Ich will nicht, daß es Schwierigkeiten gibt, weder mit den anderen Huren noch mit irgendwelchen Strizzis«, sage ich.
Kurz darauf kommt Gerhard, ein Freund von Harry. Er ist nervös und spricht meist so schnell, daß man ihn nicht versteht. Er starrt das nackte Mädchen an, das Kaffee eingießt. Dann holt er sich aus der Küche auch eine Tasse.
»Ich gehe baden«, sagt er und setzt sich auf einem Polster auf den Boden.
Dann ruft Christa an.
»Guten Morgen, sehe ich dich heute?« sagt sie leise.
»Nein«, sage ich und gebe Harry den Hörer. Er erklärt ihr umständlich etwas und legt dann auf. Sonne tastet über den Fußboden. Das Mädchen sitzt im Türkensitz neben mir am Bett. Die feuchte Spalte glänzt. Auf den Schultern sind blutunterlaufene Stellen. Die schrägen Augen sind matt und zärtlich.
»Fahr mit ihr. Sie will sich ein paar Kleidungsstücke von zu Hause holen«, sage ich zu Harry und gehe zum Waschbecken. Gerhard verabschiedet sich. Eine Menge Leute rufen an. Harry spricht pausenlos. Manchmal ruft er eine Frage durch die Tür.
Jasmin zieht sich an. Ihr rotes Kleid ist superkurz und seitlich noch geschlitzt. Vorne ist es offen bis zum Nabel und quergeschnürt. Die Brüste sind zur Mitte gedrängt. Sie wartet auf meine Reaktion.
»Hübsch siehst du aus, komm, wir gehen essen«, sage ich, und ihr Warten mündet in übersprudelnde Freude. Auf der Straße tanzt sie neben mir, schlenkert meine Hand. Sie lacht ausgelassen über die schockierten Gesichter der Leute und schneidet ihnen Gesichter. Sie kauft einen Strauß Rosen und schleppt ihn ins Restaurant.
»Es sind einunddreißig Rosen, für jede Stunde, die ich schon bei dir bin, eine. Freust du dich?«, sagt sie und legt die Blumen neben mich auf einen leeren Stuhl.
»Harry hat mir gesagt, wie du es willst. Um sieben geh ich. Er hat gesagt, du wirst mir ein Limit setzen, wie hoch?« sagt Jasmin.
»Zwölfhundert Schilling. Nach dem Strich kommst du in den Club, wenn dich dort jemand fragt, was du arbeitest, sagst du, in einer Bar, verstanden?« sage ich.
Sie stellt keine Fragen, nickt nur und löffelt begeistert an einer Schokoladencreme.
»Harry hat mir gesagt, daß du viel Ruhe brauchst. Du wirst mich nicht spüren, wenn ich dir etwas sagen möchte, werde ich es dir aufschreiben«, sagt sie.
Ein heißer Tag brütet über der Stadt. An manchen Stellen ist der Asphalt weich und klebrig. Ich sitze mit zerfließendem Hirn und schaue auf das Mädchen. Sie sprüht und vibriert. Alle Scheiße gleitet von ihr ab. Sie schüttelt den Kopf, Lichtfunken irrlichtern im Schwarz.
»Ich bin glücklich«, sagt sie und setzt sich auf meine Knie. Der Ober zieht indignierte Falten. Wir gehen. Sie steckt ihm die Zunge heraus.
Harry sitzt im Hawelka. Schwächliche Kulturjünglinge werfen Blickchen aus blasierten Visagen. Harry sitzt neben der winzigen Pudel und redet mit einem Unbekannten.
Ich unterbreche seinen Wortschwall, dann setzen wir uns zum Pfeiler. Der Kaffee schmeckt nach ausgelaugten Zigarettenkippen, wer hat den nur in den Himmel gelobt? Ich habe es vergessen.
»Wo sind meine Manuskripte? Du hast sie mitgenommen«, sage ich.
»Ich habe sie der Ingrid in die Redaktion gebracht. Du willst sie ja kopiert haben. In den nächsten Tagen hole ich sie«, sagt er. Zwei Mädchen kommen an den Tisch. Schön, kühl, farblos wie Glashausgurken.
»Du bist der, der so lange im Gefängnis war?« sagt die eine.
Reklamezähne heben sich aus einem Lächeln. Die Atmosphäre kriecht mir an die Nieren,
»Los, Pferdchen, gehen wir«, sage ich zu Jasmin, Harry atmet auf. Ich glaube, er befürchtet, daß ich nach einer solchen Gesprächseröffnung einmal ein Blutbad anrichte.
Also, Ingrid hat die Manuskripte. Ingrid, die hundertprozentig Emanzipierte, die in sachlichen Gesprächen mit mir etwas erarbeiten möchte, wie mir Harry erzählt hat, die es schafft, sogar die Orgasmusflüssigkeit zu sublimieren.
»Ich möchte ficken«, sagt Jasminchen, und jeder, der sie ansieht, kann das auch sehen. Ich kaufe ihr eine Eistüte, und sie zieht eine Show ab. Ihre Arschbacken reiben im Gehen auf und ab wie eine Jolle in der Atlantikdünung. Sie lutscht an dem Eis mit schmolldicken Lippen, als hätte sie ein Glied vor sich. Ein Mann läuft in eine Halteverbotstafel, ein anderer in eine Auslage. Sie blinzelt
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