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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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Handtuch.
    Dann gehe ich in die Heißluftkammer. Ich steige hoch, streife die Badehose ab und setze mich auf das Handtuch. Meine Hände liegen über den Knien. Der Schweiß und die Hitze spülen einen Rest Betrunkenheit ins Bewußtsein. Einige Männer besetzen andere Plätze. Eine dicke, kräftige Frau gießt auf. Lange schlägt sie ihr Tuch vor mir. Glühende Wellen peitschen meine Haut. Bäche triefen entlang der Arme und Beine, am Bauch.
    Das Mädchen, das ist keine Frage: Du bist da, sagt sie, und ich möchte bei dir bleiben. Ist das so einfach? Ich bleibe unter der kalten Brause, bis die Haut schmerzt, dann heiß und wieder kalt. Nach einer Weile fühle ich mich frisch und ausgeruht. Aus der Liege lächelt sie mir entgegen.
    »Haben wir Hunger?« fragt sie und reibt mich trocken.
    »Haben wir«, sage ich, den Finger habe ich in die schmale, silberne Kette gehakt, die sie um die Taille trägt. Wir schlendern zum Restaurant.
    »Was machst du für eine Nummer?« frage ich.
    »Lesbisch, mit dem blonden Mädchen dort drüben«, sagt sie und deutet auf einen Tisch gegenüber in den Nischen. Ein langhaariges, weißhäutiges Geschöpf lacht zu uns her.
    »Wir lecken uns richtig. Dann habe ich allein einen Tanz und dann mit Lederslip, Peitsche und hohen Stiefeln eine sadistische Nummer mit einem nackten, knienden Mann«, lacht sie ausgelassen. Jetzt ist sie ein Kind.
    »Die sind alle irre geil auf mich«, sagt sie und leckt schnell über die Lippen. Ich bestelle Steaks, viel grünen Salat und Rotwein.
    »Wie alt bist du?« frage ich. Sie kostet den Wein.
    »Hm, gut. Neunzehn«, sagt sie. Sie ist Kind und Ahnfrau aller Huren gleichzeitig. Schweigend essen wir.
     …da ist eine kleine Dirne, ein angenehmer Tribut dieses Tages. Soll ich sie nehmen? Fingerspitzen verlieren einander, und die Haut des anderen wird fremd … so war es doch? Sie hebt den Kopf, trinkt, greift dann nach meiner Hand.
    »Ich brauche nicht Tage oder Wochen, um so etwas zu wissen, ich will bei dir sein«, sagt sie hastig und umklammert meine Hand.
    »Weißt du, deine Augen, wenn sie plötzlich tief und zärtlich sind. Wenn du lachst, meine Haut streichelst, ich will dich, laß mich bleiben«, sagt sie und sieht gegen die Bäume. Der Wind zupft eine Strähne aus ihrem Haar.
    »Was heißt, bei mir bleiben?« frage ich langsam.
    »Alles, oder was du daraus machen willst. Mit dir sein. Immer«, sagt sie.
    »Willst du irgendwo ausbrechen, davonlaufen?« sage ich.
    »Nein«, sagt sie ruhig.
    Ich will keine Antwort geben. Ich würde sie statt Christa auf den Strich schicken. Die Zärtlichkeit, das Begehren, alle Liebe … da ist die Eine, die Einzigmögliche. Manche begnügen sich mit der Bestmöglichen, aber nach kurzer Zeit ist das dann immer zu wenig – das eine wird dem anderen oder beide einander nur Ersatz des Unerreichbaren.
    Was will ich? Blumenlandschaften: glühendes Rot, schwelendes Gelb, feuchtfruchtiges Grün. Ein satter Hauch über den Duftfeldern, und ich verkrieche mich in Alkoholhöhlen, in schlammigen Erdlöchern, bizarren Felskuppeln, unter Steinen, im Eis, im Sturm, den prasselnden Regen, an fremder Haut. – Ich gehe mit kotigen Stiefeln in Kristallpalästen zwischen gespinstfeinen Elfen mit hauchdünnen Nebelfetzen um die Glieder.
    Mein Schwanz steift sich in Scheiße und Eisen und kirschrot glühende Kohlen – Träume werfen Tiere in meinen Schlaf, die mich zerfleischen, töten.
    Da ist kein Geschmack auf der Zunge, kein Spüren in den Händen. Ohne Ziel gehen meine Beine durch Entfernungen. Ich begehre dich nicht, Mädchen. Ich bin ein Mann, eine attraktive Hülle, ein scheinbar überzeugendes Angebot. Aber dahinter – ein Versager. Ein potentes, brutales Wrack.
    Du sitzt mir da gegenüber, vital, voll Hoffnung. Du küßt verstohlen meine Handflächen. Es ist nicht nötig, dich zu erschrecken, aber du hast aussichtslose Karten in diesem Spiel. Du hast Vertrauen und – du wirst mich lieben. Ich nehme ihre Hand, lege sie auf meinen Schwanz.
    »Du gehst auf den Strich, ist dir das klar?« sage ich und trinke mein Glas aus. Sie sieht mich an, schweigt. Es ist ihr wahrscheinlich egal. Ich gehe zum Telefon, wähle meine Nummer. Christa hat die Rechnung bezahlt, das Freizeichen tönt.
    »Kommst du?« sagt Christa.
    »Gib mir den Harry«, sage ich. Wenn ich nicht da bin, schläft Harry meistens bei mir zu Hause. Er meldet sich sofort.
    »Christa soll ihr Zeug packen und verschwinden. Ich komme in einer Stunde mit einer anderen, die

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