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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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aus schwimmenden Augen, ihr Körper ist geil gereckt, die Zunge streicht an der kalten, rosafarbenen Rundung vor und zurück. Alte Damen kerben dritte Zahnreihen über runzlige Lippen.
    »Empörend«, sagt eine verblühte Mutter und drückt die Gesichter ihres halbwüchsigen Sohnes und ihrer pummeligen Tochter gegen die Schaufenster. ›Wir eröffnen im Herbst‹, steht dort in großen Lettern auf weißem Packpapier.
    »Ich möchte noch immer«, sagt Jasmin und zieht mit einem langsamen Zungenschlag das Eis über die Lippen.
    Wir fahren im Taxi nach Hause, dann sind wir nackt – nachher schneidet sie mir die Zehennägel.
    Harry bringt ein halbes Dutzend Flaschen Rotwein. Jasmin küßt mich tapfer und verzieht sich auf den Strich.
    »Christa wartet im Ringespresso«, sagt Harry.
    »Du kommst mit«, sage ich, dann gehen wir. Christa sitzt über ein Journal gebeugt und sieht uns nicht. Das Höschen unter dem superkurzen Mini bedeckt kaum ihr Geschlechtsteil. Ihre Lippen sind auf Angriff bemalt.
    »Warum behältst du sie nicht dazu?« fragt Harry leise. Ich ziehe sie am Haar.
    Voll und braun liegt es in meiner Hand.
    »Hast du es doch für nötig gehalten zu kommen«, sagt sie und nimmt meine Hand.
    »Nein, aber Harry hat mir zugeredet«, sage ich und setze mich neben sie.
    Sie behält meine Hand in ihrer.
    »Wo ist die Hure?«, sagt sie zu Harry.
    »Kohlen aufstellen«, sagt der kurz.
    »Was dir dieser Barschlampen bringt, verdiene ich in einer Stunde«, sagt sie böse zu mir. Die Kellnerin spitzt die Ohren, ihr blutleeres Gesicht zeigt Flecken.
    »Abwarten«, sage ich zu Christa. Harry bestellt Wein für mich und Kaffee.
    Die Rotgefleckte durchbohrt mich mit einem Dolchblick.
    Christa ist eigensinnig und anhänglich wie eine Syphilis. Nach zehn Minuten malträtiert ihre Anwesenheit meine Nerven. Außerdem hat sie einen Makel, keinen sonderlichen, aber immerhin. Eine besoffene Zigeunerin hat mir einmal aus der Hand gelesen. Den Quatsch von Reichtum und langem Leben habe ich vergessen, aber sie hat mir noch gesagt: »Laß dich nur mit Frauen ein, die einen regelmäßig gefalteten Hintern haben. Du mußt die Falten an ihrem After zählen, und wenn sie eine ungerade Faltung hat, heftet sich das Pech an deine Spur.«
    Vielleicht Blödsinn, habe ich gedacht, aber eine hatte einunddreißig, und aus ihrem Bett holte mich die Polizei. Christa hat siebenunddreißig, Jasmin zweiundzwanzig. Ich bin absolut nicht abergläubisch, aber alte Zigeunerinnen sind fast noch besser als renommierte Astrologen.
    »Du willst mich also nicht mehr«, sagt sie und preßt meine Hand zwischen ihre.
    »Doch, aber ich will mir nicht wie in einer Trinkerheilstätte vorkommen, das hat noch Zeit«, sage ich.
    »Aber ich liebe dich, und du machst dich kaputt. Glaubst du, daß du mit der Barhure Stella vergißt; du wirst sie in ein paar Wochen totprügeln«, sagt sie und zündet zwei Zigaretten an. Harry gibt ihr Feuer.
    »Es hat dich niemand gefragt«, sagt er dann.
    »Du, du Kreatur sagst mir das, wenn er dich nur ansieht, wirst du blaß. Ich habe die Ohrfeigen bekommen, weil ich widersprochen habe, wenn er sich ruinieren wollte. Du und der Gerhard und die anderen seid dagestanden und habt euch nicht einmal zu bewegen getraut«, sagt sie erregt. Harry zieht die Lippen schmal. Sein Bulldoggengesicht ist angelaufen. Ich lehne mich in den Sessel zurück. Er wartet, was ich sagen werde.
    »Sie hat recht«, sage ich und streife die Zigarettenasche an ihrem Fingernagel ab, »aber sie hat nicht das Recht, es auszusprechen, und deshalb wirst du ihr jetzt eine auf die Schnauze schlagen, daß sie sich das merkt.«
    »Nein«, sagt sie, »das willst du.«
    »Verschwindet«, sage ich. Sie gehen hastig. Es ist mir egal, ob er ihr die Ohrfeige gibt oder nicht. Beide kotzen sie mich an, beide.
    Harry ist eine willenlose Kreatur. Wenn ich den Wunsch äußern würde, auf den Altar des Stephansdomes zu scheißen, würde er Ministrantenkleidung anziehen und mir eine Heizsonne danebenstellen, daß mir der Arsch nicht kalt wird, dann würde er mir das Altartuch zum Arschauswischen reichen. Irgendwo am Grund seiner schwammigen Persönlichkeit haßt er mich glühend. Eines Tages wird er versuchen, mich umzubringen. Das blonde Kind, er hat mir das nie vergessen. Die Getränkeamsel schwirrt aufgescheucht an meinen Tisch.
    »Es wurde nicht bezahlt«, sagt sie und nimmt zerknüllte Rechnungszettel aus dem Aschenbecher.
    »Nein«, sage ich, »Liechtenstein hat uns den Krieg

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