Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
Vom Netzwerk:
meiner Haut – nackt.
    Aufmerksam gehe ich die Bayerstraße entlang. In der ›Imperial‹-Bar trinke ich einen Kaffee. Dann steht die weißblonde Nutte vom Vortag in der Türe. Ich lehne mich gegen die Bar. Sie verschwindet. Ich zünde mir eine Zigarette an und setze mich auf den Hocker bei der Wand.
    »Einen Wodka«, sage ich zum Keeper. Er bringt, fragt dann, ob ich meine Biene schon untergebracht hätte.
    »Nein«, sage ich.
    Die beiden bleiben an der Türe stehen, schauen zu mir hin.
    Dunkle Anzüge über breiten Schultern, grelle Krawatten. Dann kommen sie an die Bar. Ich sehe ihnen entgegen. So einfach ist das. Jetzt ist der dritte gekommen.
    »Zwei Whisky«, sagt die rote Krawatte. Meine Hand umschließt einen Springer in der Hosentasche. Die andere Hand hält eine Zigarette und zittert leicht. Wenn sie Könner wären, läge ich schon auf der Straße.
    »Wie war das gestern«, knurrt mich die gepunktete Krawatte an.
    Beide stehen vor mir. Der eine etwa einen halben Schritt zurück. Der dritte redet mit dem Keeper. Plötzlich ist es sehr heiß.
    »Was gestern?« frage ich langsam. Ich habe die Hand fast aus der Tasche.
    »Von wo kommst du?« sagt die rote Krawatte.
    »Komm raus, auf der Straße unterhalten wir uns lieber«, setzt der Gepunktete hinzu. Sie haben keinen Plan. Reden durcheinander.
    »Eure Weiber haben mein Mädchen verprügelt«, sage ich schnell, »und … weil sie … klein ist und schwach … habe ich ihr geholfen«, sage ich weiter.
    »Dasselbe machen jetzt wir«, sagt der eine.
    »Bevor ihr hier Gift zu spucken beginnt, hört mir mal zu. Ich komme aus Wien, mich sucht die Polizei, und ich brauche dringend Geld, und deswegen geht das Mädchen hier, deshalb, versteht ihr, weil mir die Scheiße bis zum Hals steht, ist euch noch nie passiert, oder?«, sage ich deutlich und scharf. Das Messer liegt jetzt unter der Jacke verborgen, so in meiner Hand, daß herausschnellen und zustechen eine Bewegung wäre.
    Die zwei nuckeln an ihrem Whisky. Ich habe noch immer Angst, aber meine Finger sind jetzt ruhig. Sie sind am Zug.
    »Und das mit den Mädchen?« murrt die rote Krawatte.
    »Ist bedauerlich«, sage ich freundlich. Das ist keine erste Garnitur. In mir spült eine warme Welle hoch.
    »Wollt ihr, daß ich mich einkaufe?« sage ich. Von den Mädchen ist nicht mehr die Rede.
    »Du hast Schiß davor, rauszukommen«, sagt die rote Krawatte lauernd.
    »Vielleicht«, sage ich. Er steht jetzt dicht vor mir. Der Springer schnellt vor. Ich ziehe ihn mit der anderen Hand am Revers zu mir. Die Spitze des Messers sticht leicht in die Haut unter seinem Brustbein.
    »Nein«, sagt er, als der Gepunktete aktiv wird.
    »Ich habe gesagt, daß ich mich einkaufen möchte. Die Klinge ist sechzehn Zentimeter lang, vier Zentimeter sind es in dein Herz«, sage ich.
    Der Schweiß läuft mir über den Rücken, verflucht, wie komme ich hier raus.
    »Steck das Messer weg, reden wir«, sagt der Rote gepreßt.
    »Nein«, sage ich und rutsche vom Hocker. Der Keeper schaut teilnahmslos ins Lokal. Der dritte tuschelt mit dem Gepunkteten. Jede Drohung nutzt sich ab. Ich drehe den Roten gegen die beiden. Ich greife ihm ins Jackett, er ist sauber. Mit einem Stoß und einem Tritt in den Hintern der roten Krawatte blockiere ich die beiden. Blitzschnell bin ich aus dem Lokal. Verschwinde unter besoffenen Oktoberfestbesuchern und abendlichen Bummlern.
    Zehn Minuten später finde ich Cha-cha. Ich gehe mit ihr zum Auto.
    »Wenn du tanzen magst, fahren wir«, sage ich. Sie fällt mir um den Hals, dann zieht sie ein Ichmöchtesogern-Gesicht. »Aber ich hab’ erst …«, sagt sie leise. »Das ist mir scheißegal«, sage ich und steige in den Wagen.
    Wir sitzen in der Roxy-Bar in Dachau. Ich schütte den Wodka in Wassergläsern hinunter, und Cha-cha schmollt.
    »Warum sagst du denn nichts? Weißt du, wie schön das für mich ist?« Sie schnüffelt gegen meinen Hals.
    Etwas stimmt nicht … die Musik unterwäscht die Fragen … was stimmt nicht, du Schwein … was?
    Es ist zwei Uhr früh. Ich gehe zum Telefon, wähle Wien.
    »Ja! Ich freu’ mich so … in zwei Tagen, meint der Arzt … bitte, schreib doch oder rufe an … bitte …«, sagt meine Frau weich und atemlos. Ich lege auf.
    Bleich mit schmalen Lippen wartet Cha-cha.
    »Ist es da?« sagt sie. Die Frage vibriert abseits der Musik.
    »Nein«, sage ich, dann bin ich betrunken. Im Hotel prügle ich Cha-cha, weil sie schuldlos ist, weil ihre Haut so unbeschädigt ist … weil … dann

Weitere Kostenlose Bücher