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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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Brei. Mit schlechtem Gefühl döse ich vor mich hin. Ich kümmere mich zuwenig um das Ganze. Heute muß ich für Cha-cha einen Platz auftreiben.
    »Los, ich hab’ Hunger«, sage ich und werfe sie aus dem Bett. Es ist Mittag. Essen, dann gehen wir ins Kino. Der Film interessiert mich nach zwanzig Minuten nicht mehr, ich schlafe ein.
    »Versuchs mal hier am Stachus, wenn etwas los ist, ich bin in der ›Imperial‹«, sage ich abends.
    Betäubender Lärm, ein schwacher Wodka. Ich setze mich auf den Barhocker. Warte. Nach zwei Stunden kommt das Mädchen. »Das Geschäft ist gut, aber da sind zwei Mädchen, die mir nachgehen«, sagt sie mit roten Wangen.
    »Na und, deswegen störst du mich hier«, sage ich. Sie sieht mich nur an, sagt nichts mehr. Geht.
    Der Keeper ist schweigsam. Ich auch. Ich schlendere durch die Bayerstraße. Haufenweise schieben sich Menschen entlang der Gehsteige.
    Plötzlich ist Cha-cha da. Ihre Jacke ist zerrissen, die Haare zerzaust. Auf der Wange hat sie einen roten Fleck.
    »Sie sind auf mich losgegangen, haben mich um die Ecke zum Justizpalast gedrängt. Ich konnte aber gleich davonlaufen«, sagt sie keuchend.
    »Gleich«, sage ich und betrachte die Jacke.
    »Wie sehen sie aus?« frage ich. Sie frisiert sich, beschreibt die beiden.
    »Hol den Wagen, dann gehst du wieder dorthin, wo du gestern warst … ich bin im ›Nachtlicht‹«, sage ich. Sie zögert, legt die Hand auf meinen Arm, geht.
    Ich kaufe mir eine Zeitung. Die beiden beschriebenen Mädchen stehen keine zehn Meter von mir. Engste Hosen, hochgezurrten Busen, gleißendes Blond, die andere tiefschwarz. Ich begleite sie langsam etwa eine Viertelstunde. Immer sind einige Passanten zwischen uns. Bei einer Passage sind wir plötzlich unter uns. Ich schiebe sie in den Durchgang, schlage sie abwechselnd ins Gesicht. Dann trete ich die eine in den Hintern, die andere schreit. Ich laufe über die Straße und verschwinde zwischen Bauzäunen. Dann gehe ich ins ›Nachtlicht‹. Cha-cha kommt spät, mit fünfhundert. Ich bin zufrieden.
    »Geh’n wir tanzen«, sagt sie. Ich nehme ihre Hand von meinem Schwanz.
    »Nein, ich will mit dir ins Bett, gleich«, sage ich. Sie öffnet die Augen.
    »Fahren wir schnell«, sagt sie rasch.
    Diese Ohrfeigen können teuer werden. Ich liege auf dem Rücken. Cha-cha hat sich eine Hand zum Schlafen genommen. Morgen werden die Brüder auftauchen, ihren Reitstall rächen. Ich ziehe Cha-cha eng an mich und lösche das Licht.
    Cha-cha ist im Nachmittagsgeschäft. Ich bummle in der Gegend. Sie dreht sich zu mir, ruft etwas über die Straße. Neben ihr steht einer. Hut, brauner Mantel, Dutzendgesicht, irgendwo klingelt es in meinem Kopf. Ich hetze über die Straße.
    »Er sagt, er ist von der Polizei und will mich mitnehmen«, sagt sie aufgeregt.
    »Lauf«, sage ich und gebe ihr einen Stoß. Sein Arm rutscht von ihr ab.
    Ich sehe eine Marke blinken, vielleicht irre ich mich. Ich erwische ihn voll, gegen den Kieferwinkel. Er fällt nieder. Im Menschengewirr am Hauptbahnhof tauche ich unter. Eine unfriedliche Stadt.
    Cha-cha ist beim Friseur. Ich sitze im Cafe ›Künstlerhaus‹, langweile mich mit zwei älteren Herren. Wir tauschen zweimal untereinander die Zeitungen. Ein verhangener Tag. Der Ober schlenkert wie eine Marionette zwischen den Tischen, bringt mir Wodka und schaut dann aus dem Fenster.
    Cha-cha bringt eine neue Frisur und vertreibt meine Langeweile.
    »Ich hab’ ein wunderschönes Kostüm gesehen, darf ich es mir kaufen?« sagt sie aufgeregt.
    Sie sieht aus wie ein Mädchen aus dem Pensionat, eine Spur zu kühl vielleicht. Kein Mensch vermutet eine Dirne in ihr.
    »Mein Fräulein, ich werde mal zu Hause anrufen, ob ich schon Vater bin«, sage ich. Sie beißt sich auf die Lippen.
    »Willst du zurück, wenn das Kind da ist?« sagt sie.
    »Nein, aber es interessiert mich«, sage ich. Sie rührt langsam ihren Kaffee.
    »Was wirst du tun, sag es mir bitte genau. Du weißt, wie ich diese Frau in Wien hasse«, sagt sie leise.
    »Bei dir bleiben, zufrieden?« sage ich und küsse ihre Fingerspitzen. Sie denkt daran. Dieses Kind weiß sie nicht einzuordnen. Sie hat Angst, ich gehe.
    »Wo ich gestern war …«, sagt sie.
    »Gehst du auch heute«, unterbreche ich sie. Dann gehen wir essen. Mein Revolver liegt im Donaukanal. Meine Schwiegermutter hat ihn dort versenkt, während ich eingesperrt war. In Wien habe ich mir keinen besorgt. Jetzt würde ich dringend einen brauchen. Ich fühle mich reichlich unwohl in

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