Der Minus-Mann
bohr ich mich in sie. Meine Eichel platzt, und sie weint.
Cha-cha kann sich kaum bewegen. Sie liegt teilnahmslos.
Ihre rechte Gesichtshälfte ist stark blutunterlaufen. Ich ziehe sie aus dem Bett. Sie taumelt, fällt auf den Boden. Ich gehe frühstücken. Sitze allein. Eine blanke Sonne vergoldet Häuserfronten. Dann setze ich mich ins Auto und fahre in die Gegend. Kleine Dörfer, leere Felder. Vor einer schmalen Brücke über einen Bach halte ich an, gehe zu dem trüben, langsam fließenden Wasser.
Diese Karre, mein Junge, läuft mitten in den Dreck … es ist nur eine Frage der Zeit … was tust du dagegen … dich besaufen … verschwinden, wäre das Klügste … verschwinden … wie immer.
»Hast du dich erholt?« sage ich. Sie liegt gegen die Wand gedreht. Ich setze mich aufs Bett.
»Es tut mir leid«, sage ich.
»Nein, das ist ja das Furchtbare, daß es dir nicht leid tut. Du spürst ein Unbehagen, dann sagst du, es tut dir leid, aber es stimmt nicht. Du würdest mich tot schlagen, vielleicht wirst du es tun«, sagt sie weinend.
»Red keinen Unsinn, kannst du aufstehen?« sage ich und ziehe die Decke langsam von ihrem Körper.
»Darf ich im Bett bleiben?« sagt sie und hält die Decke fest. Ihre schmalen Schultern sind blutunterlaufen.
»Ja«, sage ich und lasse die Decke los. Sie dreht sich wieder zur Wand. »Ich gehe essen«, sage ich.
Ein weiter Ausschnitt gerät in mein Blickfeld.
»Ist das Fräulein krank?« sagt das Mädchen. Es serviert das Essen. Wir sind allein.
»Ja, sie hat sich erkältet«, sage ich und schaue auf den runden Hintern, der unter dem kurzen, weißen Rock deutlich ist. Sie hat lange, schmale Beine.
»Kann ich vielleicht helfen«, sagt sie eifrig. Gewölbte Lippen, feuchte, blaue Augen, weiches, gelbes Haar.
»Nein, nicht nötig«, sage ich. Sie bleibt bei mir. Zwischen großen Brüsten baumelt ein Medaillon an schmaler, gelber Kette. Ich lehne mich bequem in dem breiten Sessel zurück.
»Eine Flasche Wodka«, sage ich. Sie nickt, geht. Trotz des eingeschalteten Lichtes ist der Raum dämmerig. Die dunklen Täfelungen schimmern warm, heimelig.
Sie stellt eine Flasche und ein großes Glas vor mich auf den Tisch. Es scheint, als wollte sie etwas sagen. Ich trinke, das Mädchen ist aus dem Raum gegangen. Der Wodka zieht eine spröde Grenze.
Cha-cha sitzt vor dem Spiegel und versucht Make-up über die Schlagspuren zu legen. Ihr Gesicht ist verschwollen.
»Ich bin gleich fertig«, sagt sie und lächelt. Ihre Augen bleiben stumpf. Sie zieht schwarze Netzstrümpfe an.
»Da schau’n sie mir auf die Beine und nicht ins Gesicht«, sagt sie. Ich warte neben dem Fenster. Dann gehen wir.
»Liebst du mich?« fragt sie im Auto. Behutsam ziehe ich sie zu mir. »Ja«, sage ich in ihr Haar. Sie hält meine Hand, bis ich sie zum Schalten brauche.
»Warum trinkst du soviel? Es geht mich nichts an, du brauchst nicht gleich so finster zu schauen, aber ich habe heute nachgedacht; warum, bist du mit mir so unglücklich? Ich weiß gar nichts von dir – bin ich schuld?« sagt sie. Ihre Blicke sind zarte Hände, die sich auf mein Gesicht legen.
»Ich trinke, weil … es mir Spaß macht, weil mir langweilig ist. Ich bin nicht unglücklich, und du kannst nichts dafür«, sage ich. Es ist nicht die Wahrheit, und wir beide wissen, daß es nicht die Wahrheit ist. Ich könnte keine andere Antwort geben. Wir schweigen. Ich parke den Wagen wieder in der Parkgarage neben dem Hauptbahnhof. »Hast du Hunger?« sage ich.
»Nein, vielleicht abends«, sagt sie leise. Wir gehen in ein Kino. »Ich möchte fort von hier«, sagt sie und zieht meinen Arm um sich. »So rasch«, sage ich. Nebelige, feuchtkalte Luft weht uns entgegen. Wenige Menschen sind unterwegs. Um die Straßenlampen hängen bleiche Lichtmäntel. Vor dem Mercedeshaus zünde ich mir eine Zigarette an. »Du gehst jetzt, und halt die Augen offen«, sage ich. Sie nickt, geht.
Ich stelle den Mantelkragen hoch und werfe meine Zigarette in den Rinnstein. In der Schillerstraße setze ich mich in eine Heulbude. Ein auf Babyvamp getrimmter Transvestit versucht mich zu kapern. Mit einem Drink schicke ich ihn fort. Er kreuzt die glatten Beine im bis zur Hüfte geschlitzten Rock und blickt mich schmachtend an. Ich warte. Die Minuten tröpfeln kaum merklich. Gegen zehn gehe ich ins Nachtlicht. Einer, den ich vom Sehen kenne, kommt mir entgegen.
»Hör zu, dich suchen sechs Leute, sind auch nicht meine Freunde. Verschwinde«, sagt er mit gespanntem
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