Der Mitternachtsdieb: Roman
Kleidungsstücken. Dann glaubte er ein Geräusch zu hören und verharrte still. Nichts.
Die Stille machte ihn ganz nervös. Er erwartete jeden Augenblick, daß Jerry Davis hereinkam und ihn überraschte. Ein Schauder überlief ihn. Er beeilte sich, die Schubladen des zweiten Schreibtischs durchzusehen. Doch auch dort fand er nichts als Kleidungsstücke.
Er ging zur Mitte des Zimmers, sah in alle Richtungen und versuchte, sich in Jerry Davis hineinzuversetzen. Wo hätte er den Schmuck wohl versteckt?
Wie von seinen eigenen Gedanken gelenkt, zog es ihn fast von selbst zu dem eingebauten Wandschrank. Er machte ihn auf. Ein halbes Dutzend Anzüge hing auf der Stange.
Aber als er die Tür schon wieder zumachen wollte, stach ihm beim Hochblicken etwas ins Auge. Eine Schmuckschatulle, ganz oben auf dem Regalbrett, fast versteckt. Das ist sie! dachte er, mit einem Schlag total aufgeregt.
Mit zitternden Händen griff er hinauf und holte die Schatulle herunter. Beim Öffnen fiel sie ihm vor Aufregung fast aus der Hand.
War da nicht wieder ein Geräusch? Seine Kopfhaut begann zu kribbeln. War etwa doch noch jemand außer ihm in der Wohnung? Er blieb stocksteif still stehen und wartete. Aber wieder war nichts zu vernehmen.
Er hob den Deckel der Schmuckschatulle hoch - und vergaß zu atmen.
Ein wahrer Berg von Schmuck lag darin. Armbänder, Diamantringe, Ohrringe, Ketten.
Er hatte tatsächlich den Mörder von Susan Boardman gefunden! Sein Vater sollte diesen ganzen gestohlenen Schmuck der Polizei übergeben! Es war genau der Beweis, den sie brauchten! Und Jerry Davis würde ins Gefängnis wandern! Er ging aus dem Schlafzimmer und war auf dem Weg zum Wohnzimmer, als er hörte, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde.
Jerry Davis kam herein. Um sich zu verstecken, war es zu spät. Jerry Davis starrte ihn überrascht an, wie er mit der Schmuckschatulle in den Händen vor ihm stand. „Du...!" knurrte er böse, und sein Gesicht wurde dunkelrot. Er griff in die Tasche und zog ein langes, bedrohlich aussehendes Messer heraus. „Du hättest dich besser nicht in Dinge eingemischt, die dich nichts angehen! Dafür wirst du jetzt sterben!" Und er kam mit dem gezückten Messer auf Kenji zu. „Stirb!"
... und da fuhr Kenji in seinem Bett hoch, hellwach und in Schweiß gebadet, und sah sich in seinem Zimmer um und begriff, daß er das alles nur geträumt hatte. Niemand war da. Nur sein Herz klopfte ganz echt wie verrückt. So ein Alptraum! dachte er.
Die Tage dieser Woche krochen im Schneckentempo vorüber. Hatte eine Woche wirklich nur sieben Tage? Kenji schien es, als seien es hundert, jeder Tag zu hundert Stunden. Er konnte den Freitag nicht erwarten, so viele Fragen hatte er dem Geistermädchen nach dem Namen des Mörders zu stellen. Ja, aber was mache ich dann hinterher? fragte er sich selbst. Und dann hatte er plötzlich einen Einfall.
Meine Kamera! Ja! Ich fotografiere das Geistermädchen und zeige das Foto meinem Vater. Dann muß er mir glauben. Und er weiß dann auch, was zu tun ist. Wir gehen zusammen zur Polizei und erzählen dort alles.
Der Montag verging. Der Dienstag. Der Mittwoch. Donnerstag. Und dann war es endlich Freitag.
„Ich sage dir jetzt meinen Plan", eröffnete er seiner Schwester Mitsue. „Wir gehen früh schlafen, und kurz vor Mitternacht komme ich heimlich in dein Zimmer. Und wenn das Geistermädchen erscheint -"
„- fragen wir sie nach dem Namen des Mörders."
„Den wissen wir doch schon", unterbrach Kenji sie ungeduldig.
„Jerry Davis ist es. Aber nein, ich bringe meine Kamera mit,
und ich fotografiere sie."
„Wozu denn das?" fragte Mitsue.
„Damit ich die Fotos Vater zeigen kann, ist doch klar! Die sind der Beweis, den wir brauchen. Dafür, daß es den Geist wirklich gibt. Dann kann uns Vater helfen."
„Das ist eine ganz tolle Idee", fand auch Mitsue.
Aber an diesem Abend ereignete sich etwas Unerwartetes. Ihr Vater brachte Gäste zum Essen mit, drei seiner Mitarbeiter in der Fabrik mit ihren Frauen. Kenji und Mitsue waren entsetzt. Kenji nahm die Schwester mit in sein Zimmer. „Was machen wir jetzt?" fragte er. „Wenn das Geistermädchen vor diesen Leuten erscheint! Dann machen sie wahrscheinlich Vater dafür verantwortlich, er verliert seine Stellung, und alles ist unsere Schuld."
„Vielleicht schaffen wir es, daß sie früh wieder gehen?" meinte Mitsue.
Das brachte Kenji auf eine Idee. „Gar nicht schlecht, kleine Schwester. Das machen wir. Paß auf..."
Das Essen war
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