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Der Moderne Knigge

Der Moderne Knigge

Titel: Der Moderne Knigge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Stettenheim
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Rasenplätzen und ruinierten Blumenbeeten, so bitte man die eingeladenen Paare, ihre Kinder mitzubringen. Sie bringen sie mit.
    Man strenge sich an, die Gäste so zufrieden zu stellen, daß sie die Stadt vergessen und sagen müssen, daß sie in einem guten Restaurant nicht besser bedient würden. Denn sie werden sich jedenfalls über mangelhafte Verpflegung beklagen und nur wiederkommen, um zu sehen, ob sie vielleicht besser geworden ist.
    Man schärfe dem Dienstmädchen ein, solchen Gästen, welche schon beim Fortgehen auf die Verpflegung schelten, kein Trinkgeld zu geben, um sie milder zu stimmen. Sie würden es wahrscheinlich nicht nehmen, aber wenn sie es nehmen, so würde es nichts nützen. Der Nörgeler ist unverbesserlich, namentlich in Sommerwohnungen, in denen er Besuche abstattet.
    Man nenne die Sommerwohnung, in deren Garten man sich während der Visite einen Schnupfen geholt zu haben glaubt, nicht gleich Mördergrube. Der Freund, der sie besitzt oder gemietet hat, brachte dir doch den Schnupfen nicht künstlich bei, und der Schnupfen verschwindet schneller, als die Bezeichnung Mördergrube, wenn du sie in Freundeskreisen verbreitet hast.
    Natürlich spielt die sogenannte
Badereise
    die Hauptrolle im Sommer.
    Es gab eine Zeit, wo nur der Kranke eine Badereise unternahm, um sich die Heilung oder Linderung zu holen. Das hat aufgehört. Jetzt werden Badereisen meist von Gesunden unternommen, um sich angenehm zu unterhalten, eine geringere Zahl von solchen Gesunden wird auf die Badereise von den Ärzten geschickt, welche einige Sommerwochen Ruhe haben, nicht täglich Besuche machen und nachts nicht herausgeklingelt sein wollen. Solche Ärzte werden namentlich von Damen allen andern vorgezogen.
    Wenn nur Kranke Badereisen unternähmen, so würden die Heilorte verteufelt schlechte Geschäfte machen.
    Gesunde Damen, welche um jeden Preis eine Badereise thun wollen, haben solche schon während des Frühlings sorgfältig nötig zu machen. Wenn der Gatte an nichts Böses denkt, – und es giebt auch solche Gatten, – haben die Frauen über zunehmende Korpulenz zu klagen, auch wenn von dieser Korpulenz nichts zu sehen ist, als irgend eines der vielen Hilfseinrichtungen, große körperliche Steilheit zu verbergen.
    Ferner zu empfehlen ist: Die Dame frühstückt in Abwesenheit ihres Gatten reichlich und ißt dann mittags nichts. Während dieser Unthätigkeit sind Klagen über gänzlich verschwundenen Appetit auszustoßen. Wird sie dabei von ihrem Gatten sehr besorgt und kopfschüttelnd angesehen, so thut sie ein Übriges und sage etwas von ihrer Furcht vor Magenerweiterung und ähnlichen Luftschlössern.
    Vergeht dadurch dem Gatten der Appetit, so ist der erste Spatenstich zum Kofferpacken geschehen.
    Hat der Gatte das Begehren, dann und wann den Junggesellen zu spielen, indem er den Ring in der Westentasche trägt, so hat es die Gattin leichter. Dann kommt ihr der Gatte wohl mit der Aufforderung, im Sommer etwas für ihre Gesundheit zu unternehmen, entgegen. Dann willigen die Damen nicht ein, ohne den Gatten zu bitten, sie nicht allein reisen zu lassen, was er dann unter irgend einer zugkräftigen Unwahrheit ablehnen wird, aber doch gerne hörte. So ist beiden geholfen.
    Hat die Dame allein die Badereise angetreten, so schildere sie, angelangt, die Öde des Badeortes, wenn sie sich umgesehen und sich überzeugt hat, daß sie sich sehr gut unterhalten wird. Trifft sie einen ihrer tapfersten Verehrer, so kündigt sie dies ihrem Gatten mit den Worten an: »Was die Gesellschaft betrifft, so ist solche überhaupt nicht vorhanden. ich habe wenigstens nicht einen Bekannten gesehen.«
    Ähnlich schreibt der Mann, der seine Frau am häuslichen Herd zurückgelassen hat, wenn er in dem Badeort eine Jugendfreundin wiederfand, welche gleichfalls Heilung sucht.
    Man hüte sich in einem Kurort, das erste Bouquet zu verschenken.
Il n'y a que le premier bouquet qui coûte.
Denn dann nehmen die Bouquets keine Ende.
    Wenn man in einem Badeort keine Ruhe haben will, so ist dies leicht zu veranstalten. Man braucht nur leicht zugänglich zu sein. Es finden sich dann immer Leute, welche andere langweilen, um sich selbst nicht zu ennuyieren.
    Man habe die löbliche Absicht, seinen Lieben etwas schönes von der Reise mitzubringen und kaufe in Badeorten nichts. Auf diese Weise kann man Geld sparen. Ein anderes Mittel kenne ich nicht.
    Hat man aber viel Geld oder noch mehr und hat nicht darauf zu sehen, daß es sich vermehre, so spiele man mit

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