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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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Baugeschehen befanden, waren mit Tüchern verhängt.
    Am anderen Ende des Hauses angekommen traten die drei Männer durch eine Tür ins Freie, stiegen eine kurze, an dem Geländer mit Wein bewachsene Treppe hinab und versammelten sich vor einer kleinen Bank. Lewis überschaute die Beete, Wege und jungen Bäume und entdeckte auch die Mauer, auf deren anderer Seite er sich vor einer knappen Stunde befunden hatte. In den Zweigen sang ein Vogel und schaffte es nahezu, die Geräusche aus dem Inneren des Hauses zu übertönen.
    Goethe klopfte sich den Staub ab und begrüßte seinen jungen Gast. „Böttiger hat mir schon einiges von Ihnen erzählt. Ihre Begeisterung für die deutsche Sprache und Dichtung ehrt mich, und von Ihrem Talent und Ihrem Fleiß bin ich erfreut, ja begeistert.“
    Lewis spürte, wie er rot wurde, und trat einen halben Schritt beiseite, damit der Schatten eines Buchsbaumes auf sein Gesicht fiel, der mit seinem Zwilling in löwenkopfgeschmückten K ü beln nahe der Bank stand.
    Goethe schmunzelte. „Ich hoffe, wir werden uns beizeiten noch unterhalten können. Denn leider ist es mir derzeit unmöglich, Sie angemessen zu verköstigen oder eine wohlige Atmosphäre zum Beisammensein zu schaffen. Schauen Sie mich an: ein Erdenkloß, zwar beseelt, aber staubig.“
    Lewis wagte zunächst nicht, eine Miene zu verziehen, bis Goethe und Böttiger selbst zu lachen begannen, gewiss auch ein wenig über Lewis’ Gesichtsausdruck. Goethe wies mit dem Daumen auf Böttiger. „Aber immerhin hat Böttiger jetzt meine so drängende Neugier nach seinem interessanten Gast befriedigt, und sicher auch die drängende Neugier seines Gastes nach mir.“ Jetzt durfte sich Lewis mit Goethe amüsieren. Ehe jedoch auf seine Kosten gelacht würde, brach Goethe die Scherzerei ab. „Ich schlage vor, Sie, junger Master Lewis, kommen morgen Abend mit nach Tiefurt, auf den Sommersitz der Herzogin. Dort können Sie an unserer illustren Gesellschaft teilhaben, und dieser Termin ist beson ders günstig: Außer Musik und Kunst gibt es ein besonderes Stück Unterhaltung, es ist nämlich ein Mann geladen, der ...“ Goethe legte den Finger ans Kinn. „Nein, das verrate ich nicht, schließlich soll es Sie unvorbereitet begeistern. Also, seien Sie dort!“
    „Das verspreche ich. Ich fühle mich geehrt. Wann habe ich mich dort einzufinden?“, fragte Lewis eifrig, obwohl er keineswegs wusste, wo Tiefurt liegen mochte.
    „Eine Chaise wird Sie abholen, halten Sie sich gegen Abend bereit“, flüsterte Goethe verschwörerisch und fügte hinzu: „Fürchten Sie sich nicht, wenn der Kutscher gesicht s los ist ...“
    Lewis schluckte diese Kröte, lachte höflich mit und fragte sich, ob all dies vorrangig in seiner Person oder vielmehr in diesen seltsamen Deutschen begründet war. Wahrscheinlich wäre es ratsam, sich seines spukhaften Rufes zu entledigen. Am morgigen Tag wäre es also angeraten, wenn er sich von seiner charmantesten, gebildetesten, kurz, besten Seite zeigte und kein Quäntchen Grauen oder Schrecken mit ihm in Verbindung stand. Er hoffte, diese beiden, Böttiger und Goethe, würden ihn nicht allzu spleenig darstellen – und hatten ihn noch nicht so dargestellt.

    Auf dem Rückweg zur Wohnung Böttigers fragte dieser den neben ihm gehenden Lewis, was er von seiner ersten Begegnung mit dem Dichterfürsten halte.
    „Nun“, begann Lewis gedehnt, und Böttiger spürte, dass ihm das „Well“ der Muttersprache fehlte, das sich viel trefflicher in die Länge ziehen ließ. „Nun, er ist sehr einnehmend und von erfreulichem Wesen und sicher auch würdevoll, wenn man ihn in anderer Kleidung antreffen könnte.“
    „Gut gesprochen“, sagte Böttiger, „und weiter?“
    „Was sollte ich Weiteres sagen, ich habe ihn ja nur so kurz gesehen und kaum ein Wort gewechselt. Noch kann ich keinen Grund sehen, warum ich mich selbst zu Tode schießen sollte.“ Lewis zuckte die Achseln.
    Böttiger blieb stehen und klappte den Mund auf. „Um Himmels Willen! Ich glaube, Sie haben da etwas gehörig missverstanden!“
    „Aber haben sich nicht verschiedene junge Herren Goethes wegen entleibt?“ Lewis sah verwirrt drein.
    „Doch nicht seinetwegen, sondern wegen seines Werthers ! Des Buchs!“ Böttiger hob die Hände und ließ sie wieder sinken, als er sah, wie es um Lewis’ Mundwinkel zuckte, obwohl er eine todernste Miene zur Schau stellte. „Sie foppen mich ...“
    „Nur ein wenig“, sagte der und hoffte im Stillen, langsam auf den

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