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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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hat.“
    Lewis sah zu Boden und schüttelte den Kopf. „Wer hätte auch ahnen können, dass dieses Spiel mit den Gedanken solche Dinge hervorbringen würde!“
    „Ich weiß auch nicht, Herr Lewis“, sagte Herder und versuchte aufmunternd zu lächeln, als der Engländer wieder aufblickte. „Aber auf jeden Fall scheinen Sie für solcherlei Dinge anfällig zu sein. Wollen wir hoffen, dass es kein Omen ist ...“
    Goethe räusperte sich und wandte sich vom Fenster ab, den beiden jungen Männern zu. „Meine Herren! Ich muss Sie mahnen! Besonders Sie, Herr Herder, als angehender Arzt, sollten nichts, aber auch gar nichts auf abergläubisches Geschwätz geben. Das Wort Omen sollten Sie aus Ihrem Sprachschatz streichen.“ Er zuckte energisch mit der Hand. „Sie auch, Herr Lewis. So erschreckend all das gewesen sein mag, Sie sollten es nüchtern betrachten: Einerseits hatten Sie an diesem Tag bereits genug erlebt, um Ihnen eine unruhige Nacht im Traumbette zu bereiten, wen wundert’s also, dass Sie im Schlafzustand der Hypnose einen solchen Alp zustande brachten, und andererseits ...“
    Goethe beugte sich vor und nahm Lewis scharf ins Auge. „... andererseits ist Ihnen als belesenem Mann und anstrebendem Dichter wohl ein gerüttet Maß an Phantasie mitgegeben. Dass all dies über die Stränge schlagen kann, noch angeregt durch den Hokuspokus eines Menschen, wie dieser Leone einen darstellt ... ach, das brauche ich Ihnen ja wohl kaum zu erläutern!“
    „Ja, Herr Geheimrat von Goethe“, sagte Lewis und beugte ergeben den Nacken.
    Er fühlte sich scheußlich. Zusammengesunken saß er auf seiner Bank, während die Kutsche durch die Nacht schaukelte. Nach einem kurzen Halt am Stadttor rollten die Räder über Straßenpflaster, vereinzelte Lichter waren hinter den Fenstern der dunklen Häuser zu sehen.
    „Nun“, begann Goethe und schlug einen wesentlich konzilianteren Ton an als zuvor, „wir werden Sie bei Böttiger absetzen. Oder fühlen Sie sich unwohl und bestehen auf einer Untersuchung?“
    „Ich denke, der Doktor muss nicht in seiner Abendruhe gestört werden“, sagte Lewis schwach. „Ich fühle mich nur müde, was aber, wie Sie erwähnten, an diesem aufregenden Tag liegen muss. Ich möchte zu Bett gehen und hoffe, dass mit dem morgigen Tag alle Unbill verflogen ist.“
    „So ist’s recht“, nickte Goethe. „Gehen Sie doch morgen durch die Grünanlagen an der Ilm, damit Sie auf andere Gedanken kommen. Sie müssen Heiteres sehen und erleben, dann sind die dunklen Dinge rasch vergessen.“
    „Ich werde Ihrer Anregung mit Freude nachkommen.“
    „Damit Sie nicht allzu eigenbrötlerisch leben, möchte ich Sie herzlich zu unserem Mittwochsclub einladen. Dort geht es einfacher zu als in Tiefurt und ...“, Goethe hob den Finger, als er sah, wie Lewis widersprechen wollte. „Keine Widerrede! Sie haben dort keine Fisimatenten zu befürchten, mit denen Herr Bode die Herzoginmutter zu beeindrucken sucht, vertrauen Sie mir.“
    „Wenn Sie es sagen ...“, meinte Lewis so höflich wie möglich, obwohl er sich sehr über den Mund gefahren fühlte. Aber im gleichen Augenblick kam ihm in den Sinn, dass ein gelungener Gesellschaftsabend vielleicht einiges zu seinem Wohlbefinden beitragen könnte, von seinem Ruf gar nicht zu reden.
    „Außerdem“, sagte Goethe, „denke ich, dass Sie in Herrn Herder einen guten Freund gefunden haben.“
    Herder grinste, was Lewis ein wenig betreten erwiderte. Goethe hob salbend die Hände. „Also, bleiben Sie in Verbindung. Es kann dem jungen Engländer hier nicht schaden, auch mit anderen Leuten als nur Poeten und Gelehrten im gesetzten Alter zu verkehren.“
    Bevor Lewis etwas entgegnen konnte, fuhr die Kutsche vor dem Haus der Böttigers vor. „Da sind wir“, sagte Goethe und öffnete fast ein wenig hastig den Schlag. „Schlafen Sie wohl, und beherzigen Sie meine Worte. Wir hören voneinander.“
    Lewis stieg aus und verabschiedete sich.
    Herder schmunzelte. „Träumen Sie etwas Angenehmes. Oder bemühen Sie sich zumindest darum!“
    Die drei nickten einander zu, und Lewis ging auf das Haus der Böttigers zu. Am Eingang winkte er zögerlich zur Kutsche zurück. Goethe grüßte zurück und bat den Kutscher loszufahren. Der nickte, begann dann aber, heftig zu niesen und machte eine Geste, die um eine kurze Pause bat. Goethe schloss den Schlag. Die Vorhänge an den Fenstern schwankten. Oben auf dem Bock schnäuzte sich der Kutscher lautstark und beschäftigte sich ausgiebig

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