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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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bin ich natürlich zu einem guten Teil schuld.“ Er stand auf. „In der Hütte sind Laternen, ich gehe und hole eine für den Rückweg. Wir wollen ja nicht im Finsteren wandeln, wer weiß, was dort lauern mag ...“ Er klopfte Lewis auf die Schulter und verschwand ins Innere der Hütte.
    Lewis saß auf der Bank, die Weinflasche in der Hand, und wiegte den Kopf. Sollte er wirklich einer Täuschung erlegen sein? Hatten sich die Gedanken an Verschwörungen und dunkle Machenschaften so in sein Hirn gedrängt, dass er Dinge sah und hörte, die bei ruhigem Nachsinnen und hellem Tageslicht gar nicht so waren? Vielleicht hatte er sich auch den Verfolger im Park nur eingebildet. Es mochte sein, dass all die neuen Eindrücke und das strenge Lernprogramm ihn mehr angestrengt hatten, als er gedacht hatte. Lewis schüttelte den Kopf über sich und seine Lage. Höchstwahrscheinlich brauchte er tatsächlich nur ein weiches Bett und einige Stunden guten Schlafs.
    Er trank den Wein, stellte die Flasche ab und folgte Goethe in die Hütte. Dort flackerte schon eine Laterne und erleuchtete das Innere. Goethe stand vor einer der grobhölzernen Wände und musterte versonnen eine Inschrift. Lewis hatte beim Eintreten geglaubt, einen Seufzer zu hören, doch wahrscheinlich war es nur der Wind gewesen, der durch einen Spalt in den Brettern gefahren war. Er trat zu Goethe und las den Vers, der dort geschrieben stand:
    „ Über allen Gipfeln ist Ruh’,
    In allen Wipfeln spürest du
    Kaum einen Hauch.
    Die Vöglein schweigen im Walde.
    Warte nur, balde
    Ruhest du auch.“
    Lewis ließ die Worte kurz nachklingen. „Das ist sehr schön und passend an diesem Ort.“
    Goethe nickte. Lewis glaubte, in seinen Augen etwas schimmern zu sehen, doch es war vielleicht nur das schwankende Licht der Laterne.
    „Wer mag das wohl geschrieben haben?“, fragte Lewis und strich über die Lettern an der Wand.
    „Oh“, brummte Goethe, „irgendwer.“
    Dann verließ er die Hütte, und Lewis folgte ihm.

    Die Nacht verbrachten sie im Manebacher Gasthaus, da Goethe zu Lewis’ Erleichterung von einem nächtlichen Ritt nach Ilmenau absah. Die Betten waren einfach und bestanden nur aus Strohsäcken auf Holzlatten. Doch Lewis kümmerte das wenig, er sank sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf, kaum dass er sich niedergelegt hatte.
    Am nächsten Morgen brachen sie früh auf und ritten durch das Ilmtal nach Osten, am Fluss entlang. Die Sonne kroch gerade über die Berge, und aus den Klammen dampfte es die Fichtenwände herauf.
    „Was meinen Sie, wie dieses Schauspiel von dort droben am Hermannstein aussieht!“, rief Goethe und wies halb im Sattel umgedreht hinter sich. „Ich war so frei, Sie nicht auch noch mit der Höhle darunter bekanntzumachen, die mir selbst so lieb und wert ist.“
    Lewis bemerkte erneut diesen halb verzückten, halb wehmütigen Anflug auf Goethes Zügen.
    „Ich habe dort“, fuhr der fort, „im Porphyrstein eine Inschrift hinterlassen, die von früheren Tagen kündet und die ich, nun ... man soll Vergangenes auch ruhen lassen.“
    „Mir scheint, es ging Ihnen an den beiden anderen Orten ähnlich. Stein und Fels scheinen es Ihnen angetan zu haben“, sagte Lewis.
    Goethe lachte, und Lewis begriff nicht, was er denn Lustiges gesagt haben mochte. Bevor er jedoch nachfragen konnte, sprach Goethe weiter: „Nun, bevor ich aus Italien zurückkehrte, fand ich meine Sinnen- und Seelenweide in Klüften, Höhlen, Wäldern, in Teichen, unter Wasserfällen – bei den Unterirdischen, kann man sagen. Das hat sich ein wenig geändert, aber doch, wenn ich wieder hier bin, rührt mich all dies erneut an.“
    Derweil hatte sich der waldige Höhenzug zur Linken etwas gesenkt, und Goethe deutete hinüber. „Da drüben befinden sich die ersten Bergwerksstollen. Der Bergbau hier hat vor dreihundert Jahren begonnen. Nach Silber und Kupfer hat man geschürft. Der Boden ist durchzogen von Gräben zur Entwässerung, denn das Grubenwasser, das aus den Klüften der Gebirge zuläuft, bringt große Schwierigkeiten.“ Er schaute ernst. „Nicht von ungefähr hat man alles immer wieder aufgegeben, das letzte Mal vor fünfzig Jahren. Aber dann ...“ Goethe machte eine bedeutungsschwere Pause.
    Lewis sah ihn interessiert an.
    „... habe ich die Sache in die Hand genommen! Hoffen wir, dass es endlich klappt!“ Er grinste breit und hob die Brauen.
    „Sie?“, fragte Lewis. „Sie gehen tatsächlich, wie heißt es, unter Tage?“
    „Nein. Ich gehöre der

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