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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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streckte die Hand aus. »Konrad, ich möchte dir das Du anbieten.«
    Gilbert deutete lächelnd eine Verbeugung an. »Da will auch ich nicht nachstehen. Ich schätze dich inzwischen als Freund, Konrad, und ich würde mich freuen, wenn du auch mich so anredest, wie es unter Freunden üblich ist.«
    Für einen Moment war Konrad sprachlos. Er schüttelte seinen beiden älteren Reisegefährten die Hände. Da war Anselm, der seine sonderbaren Launen und Geheimnisse hatte, aber auf der Reise immer mutig und beherzt zur Stelle war, wenn es darauf ankam; und Gilbert, der Konrad immer mehr wie die Verkörperung gütiger christlicher Nächstenliebe erschien, je mehr Zeit sie miteinander verbrachten. Es machte ihn glücklich, dass diese beiden auf ihre jeweils eigene Art so beeindruckenden Männer ihn als ihresgleichen akzeptierten. Er fühlte sich dadurch selbst als Mann, als erwachsen, und das machte ihn ein wenig stolz.
    Sie führten ihre Pferde durch eine schmale Gasse zwischen zwei mehrstöckigen Häusern. Dahinter befand sich ein weiterer großer, zum Rhein hin leicht abschüssiger Platz. Im Gegensatz zum Domplatz war er nicht mit Pflastersteinen befestigt, sondern bestand aus Kieswegen mit Grünflächen dazwischen.
    Als Konrad den Bischofspalast sah, hatte er einen weiteren Grund, sprachlos zu sein. Das hohe, langgezogene Gebäude auf der anderen Seite des Platzes war zwar nicht so groß wie der Dom, aber dennoch so gewaltig, dass es in Konrads Augen durchaus eines Königs oder gar des Papstes würdig gewesen wäre. Angesichts des Palastes wurde ihm bewusst, was für ein mächtiger und bedeutender Mann der Erzbischof sein musste, und dass er ihm nun gleich vorgestellt werden würde, bereitete ihm ziemliches Bauchgrimmen. Er merkte, wie seine Handflächen vor Aufregung ganz kalt und feucht wurden. Ich werde mich bestimmt blamieren, dachte er. Ich werde irgendetwas furchtbar Dummes und Peinliches sagen oder tun.
    Anselm merkte man an, dass er sich hier wie zu Hause fühlte. Entschlossen und selbstsicher führte er sein Pferd durch einen aus mächtigen Steinen gemauerten Torbogen. Gilbert und Konrad folgten ihm. Dahinter lag ein gepflasterter Innenhof. Sofort eilten Knechte herbei und nahmen ihnen die Pferde ab. »Willkommen, Herr Anselm«, sagte einer von ihnen. »Der Herr Erzbischof erwartet Euch bereits.«
    Anselm nickte knapp mit dem Kopf. »Kommt. Hier entlang«, sagte er und steuerte auf eine große Doppelflügeltür aus schweren Eichenbohlen zu, vor der zwei grimmige Wachen in schimmernder Rüstung standen. Als die drei Reisenden in den Hof gekommen waren, hatten sie zunächst ihre Speere gekreuzt, doch als sie Anselm erkannten, machten sie sofort den Weg frei.
    Sie gelangten in eine große, stille, Halle, die völlig verlassen schien und nur durch ein paar Fenster unter dem Tonnengewölbe erhellt wurde. Vermutlich wurde sie nur für große Empfänge und ähnliche Anlässe genutzt. Erst auf den zweiten Blick bemerkte Konrad, dass die Gestalten, die seitlich in düsteren Mauernischen saßen, nicht aus Stein gemeißelt waren, sondern dass es sich um schwerbewaffnete Soldaten handelte, die hier Dienst taten, um jeglichen unliebsamen Besuch vom Erzbischof fernzuhalten. Offenbar war das angespannte Verhältnis des Erzbischofs zu den Kölnern, von dem im Kloster gelegentlich gemunkelt wurde, mehr als nur ein Gerücht.
    Ein junger Mann, kaum älter als Konrad selbst, hatte am gegenüberliegenden Ende der Halle an einem Tisch gesessen und sich bei ihrem Eintreten erhoben. »Ah, Malachias, du tust jetzt hier Dienst«, sagte Anselm. Seine Stimme hallte hohl und fremd von den hohen Wänden wider.
    Malachias hatte lange blonde Locken. Er zwinkerte Anselm geradezu schelmisch zu und erwiderte: »Der Herr Erzbischof hat schon einige Male gefragt, wann Ihr denn endlich kommt. Er hat Eure Gesellschaft in den letzten Monaten sehr vermisst.«
    »Immerhin habe ich hier alle paar Wochen mal nach dem Rechten geschaut«, sagte Anselm.
    »Aber Ihr wisst doch, wie gerne er mit Euch trinkt und philosophiert«, sagte Malachias. »Wenn er keine Leute wie Euch um sich hat, neigt er zur Schwermut.«
    Anselm lachte. »Na, dann los! Führ uns zu ihm, damit wir ihn aufheitern.«
    Malachias musterte Konrad und Gilbert interessiert. »Und natürlich ist er neugierig auf Euren jungen Begleiter.«
    Wieder lachte Anselm. »Aber ich wette, nicht halb so neugierig wie du, Malachias.«
    Konrad wunderte sich über den merkwürdig respektlosen Tonfall, in dem

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