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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Ehren Gottes wollen wir vollbringen! Die Sonne lacht! Es ist ein guter Tag für einen Sieg!« Die Kraft und Zuversicht eines starken Heerführers gingen von ihm aus und übertrugen sich auf seine Männer. Sie stimmten laute Hochrufe an. Zum ersten Mal empfand Konrad wirkliche Liebe und Hochachtung für Anselm und war stolz, sein Sohn zu sein.
    Knappen kamen und zogen Konrad ein ledergepolstertes Untergewand an. Dann streiften sie ihm ein bis über die Hüften reichendes Kettenhemd über. Es zog schwer an seinen Schultern und war überaus unbequem. Sie setzten ihm eine lederne Haube und einen aus Ketten gewirkten Kopfschutz auf. Darüber stülpten sie den eigentlichen, mit einem Nasenschutz versehenen Helm. Jetzt musste Konrad sein Inneres nicht mehr anspannen, denn nun fühlte er sich äußerlich gepanzert und starr. Aber er fragte sich, ob sein Mut überhaupt bis zur Schlacht reichen würde. Darauf, dass Gilbert Erfolg haben könnte, wagte Konrad nicht zu hoffen.
    Und nun kam Brigid zu ihm, worüber Konrad sehr erleichtert war. »Kein Schwert!«, befahl seine Schwester. »Gebt ihm kein Schwert. Auch keine Lanze. Die braucht er nicht, denn er hat noch nicht gelernt, damit umzugehen. Sie würden ihn nur behindern. Gebt ihm nur einen Schild.«
    Dann hielt sie Konrad mit beiden Händen eine Waffe hin, einen langen, schmalen Dolch, dessen silberner Griff mit einem die Zähne fletschenden Wolfskopf verziert war.
    »Das ist der Kriegsdolch unseres Urgroßvaters, Konrad. Du solltest ihn ab jetzt tragen. Er wurde von einem Waffenschmied angefertigt, der noch die alte heidnische Kunst beherrschte. Mit diesem Dolch kann man sich auch als ungeübter Kämpfer gut verteidigen, denn es braucht nicht viel Kraft, ihn zu führen. Denke daran, du kämpfst für den wunderbaren alten Joseph ben Yehiel, von dem du mir erzählt hast, und für Hannah. Lass deine Wut in deinen Arm fahren. Alles Weitere erledigt die magische Kraft des Dolches. Er wird das Herz oder die Kehle jener Feinde treffen, denen es bestimmt ist, durch deine Hand zu sterben. Mit dem Schild musst du deine linke Seite schützen. Auf Vagabundus kannst du dich verlassen, er ist gut ausgebildet und wird dich auch in der Schlacht sicher tragen.«
    Sie nahm die Kette mit dem goldenen Amulett ab, das sie schon bei ihrer ersten Begegnung auf dem Bergfried getragen hatte – eine schlichte runde Scheibe, in die eine flammende Sonne eingraviert war. »Dieses Amulett ist uralt. Es wurde in der Familie unserer Mutter von Generation zu Generation weitergereicht und stammt noch aus der Zeit, als die Menschen dieses Landes die heiligen Wesenheiten der Natur als Götter verehrten.« Sie hängte es Konrad um den Hals. »Nun werden dich die Götter der Flüsse, Wälder und Berge beschützen, die schon über dieses Land herrschten, ehe der erste christliche Missionar den Rhein überschritt.«
    Brigid umarmte ihn zum Abschied und küsste ihn auf die Wange. »Sei gesegnet, mein Bruder«, sagte sie.
    ***
    Nachdem Onkel Nathan Hannah mit der Reitgerte verprügelt hatte, hatte er ihr diesmal eine Fessel um den rechten Knöchel gelegt und sie an einen in der Wand eingelassenen Ring angekettet. »Keine Sorge«, hatte er gesagt, »das ist nur eine kurzfristige Maßnahme. Je besser du zu gehorchen lernst, desto mehr Annehmlichkeiten erhältst du als Belohnung.«
    Jetzt lag sie zusammengekauert wie ein ängstliches Kind auf der Strohmatte. Sie hatte sich auf die Seite gedreht, weil das weniger schmerzhaft war, und die Beine an den Körper gezogen. Sie lauschte angestrengt und fragte sich, was wohl in der Welt draußen vor sich ging. Nathan hatte ein paar Bemerkungen fallengelassen, dass wohl vor der Burg eine Schlacht stattfinden würde zwischen den Truppen des Erzbischofs und dem schrecklichen Radulf, der mit einem Heer aufmarschiert sei. Und angeblich würden die Juden zum Schutz der Burg bewaffnet werden. Die Vorstellung, dass Radulf und seine Leute nun ganz in der Nähe waren, machte ihr große Angst, zumal sie überhaupt nicht wusste, wie die Dinge draußen standen. Sie bildete sich sogar ein, einige Male in der Ferne Radulfs grässliches Geschrei gehört zu haben. Aber vielleicht hatte sie das auch nur geträumt, denn sie glitt zwischen Wachsein und Traum hin und her.
    Nathan hatte jetzt auch die schwere Holztür zugesperrt, die in Richtung der Pferdeställe ins Freie führte. Nun fand Hannah die Luft im Kerker noch feuchter, muffiger, erstickender. Die Mauern waren dick, und auch durch die

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