Der Mörder mit dem grünen Daumen: Ein Kriminalroman mit vielen Gartentipps
Wanne
ein. Schließlich weckte ihn seine Mutter mit dem Ruf zum
Essen. An Freitagabenden speiste die Familie Sauer traditionell
gemeinsam. Diesmal war Gerd mit dem Kochen dran. Während er den
Tisch deckte, goss Anja die Blumen.
„ In den
Untersetzer gießen, Mama, nicht in die Erde“, meckerte
Tom. „Pflanzen können Wasser nur mit den Wurzeln
aufnehmen. Wenn du es drübergießt, entsteht höchstens
Schimmel.“
„ Oho, da hat ja
einer schnell gelernt“, sagte die Mutter halb spöttisch,
halb beeindruckt.
Sabine kam die Treppe
herunter. „Mmh, riecht das lecker.“ Sie gab ihrem Bruder
mit einem vielsagenden Blick zu verstehen, dass sie zum Dessert
einen ausführlichen Bericht erwartete.
Beim Essen stellten
die Eltern viele Fragen über die neue Arbeit ihres Sprösslings.
Tom gab sich jedoch zugeknöpft und begründete die
Einsilbigkeit mit seiner Erschöpfung. Seine Mutter wäre
umgekommen vor Sorge, wenn er von den Unglücksfällen
erzählt hätte. Als er endlich mit Sabine auf seinem Zimmer
war, drängte sie ihn, mit der Sprache herauszurücken.
„ Marius ist
tot.“
„ Was? Der Typ,
der dich an deinem ersten Tag herumgeführt hat?“
„ Ja.“ Tom
gab Sabine eine kurze Zusammenfassung des ereignisreichen Tages.
„ Jetzt gibt es
keine Ausrede mehr. Du musst die Polizei informieren.“
„ Darf ich dich
daran erinnern, dass das bereits meine ursprüngliche Absicht
war, du mich aber davon abgebracht hast?“
„ Das liegt eine
Woche zurück, Tom. Seither ist so viel passiert, dass es mir
wie ein Jahr vorkommt. Wenn du deine Beobachtung nach alldem noch
immer nicht meldest und es geschieht wieder etwas, machst du dich
mitschuldig, zumindest moralisch.“
„ Du hast ja
recht. Ich bin der Versuchung erlegen, Detektiv zu spielen, und aus
dem Spiel ist tödlicher Ernst geworden. Die Aussprache morgen
würde ich allerdings gerne noch abwarten. Ich bin gespannt, was
dabei rauskommt. Wenn die Leute von meiner Beobachtung wüssten,
wären sie vielleicht zurückhaltender. Eventuell hilft es
auch, diesen Trumpf in der Versammlung auszuspielen. Danach gehe ich
schnurstracks zur Polizei, großes Indianerehrenwort!“
„ Also gut. Dann
mach’ jetzt aber, dass du ins Bett kommst! Du siehst fix und
fertig aus.“
36
Elfi hatte alle Türen
und Fenster verriegelt, unter ihrem Bett eine Axt deponiert und ihr
eingeschaltetes Handy griffbereit auf den Nachttisch gelegt. Falls
sie ein verdächtiges Geräusch hörte, wollte sie
sofort die Polizei alarmieren und sich bis zu ihrem Eintreffen mit
der Axt an der Treppe postieren.
Pahlewi blieb heute
ausgesperrt. Wenn das Tier im Haus herumschlich, würde das noch
zusätzlich an Elfis ohnehin zum Zerreißen gespannten
Nerven zerren. Ohnehin konnte sie Katzen nicht leiden. Sie hielt sie
für falsch und hinterhältig. Eben noch kuschelten sie sich
an einen, um im nächsten Moment ihre scharfen Krallen
auszufahren und einen zu kratzen. Pahlewi war der Liebling ihres
Vaters – ein Grund mehr, sie nicht zu mögen! Auch einen
Hund hätte Elfi sich nicht gewünscht. „Ich bevorzuge
Schweine“, erinnerte sie sich schmunzelnd an ein Zitat von
Winston Churchill, das sie kürzlich in der Zeitung gelesen
hatte. „Hunde schauen zu Menschen auf, Katzen sehen auf
Menschen herab. Nur Schweine behandeln uns einfach wie
ihresgleichen.“
Im Haus regte sich
nichts und dennoch verbrachte Elfi eine unruhige und höchst
unangenehme Nacht. Mehrmals schlummerte sie ein, um beim leisesten
Geräusch wieder aufzuwachen. Es war richtig gewesen, Heidis
Angebot abzulehnen. Die halb hysterische Frau hätte sie nur
verrückt gemacht. Aber Tom? Den jetzt hier zu haben, wäre
gar nicht so verkehrt. Ihm gegenüber musste sie nicht (mehr)
die knallharte Geschäftsfrau raushängen lassen. Bei ihm
konnte sie sich ihren Kummer von der Seele reden und er war sogar
ein guter Zuhörer. Er hätte im Wohnzimmer schlafen können.
Na ja, möglicherweise war es doch besser, vorerst nicht zu viel
Nähe zuzulassen.
Die Zeit verging im
Schneckentempo. Als es endlich dämmerte, fühlte Elfi sich
wie gerädert. So eine Nacht wollte sie nicht noch einmal
erleben! Wie sollte sie bloß den Tag überstehen?
Sie nahm eine Dusche
und kochte sich anschließend in der Küche einen Kaffee.
Bald mussten die Mitarbeiter eintreffen. Was die Aussprache wohl
ergeben würde? Als Elfi daran dachte, wich ihre nächtliche
Furcht einer unterschwelligen Nervosität.
37
Tom fing Elfi um kurz
vor acht Uhr auf ihrem Weg zum
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