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Der Mörder mit der schönen Handschrift

Der Mörder mit der schönen Handschrift

Titel: Der Mörder mit der schönen Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Magnan
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aus einem einzigen Zimmer mit sieben fensterlosen Wänden. Die große, mit einem Oberlicht versehene Glastür bildete die achte Wand und diente als Fenster.
    Nur wenige Dinge schmückten diesen nutzlosen Ort. Ein Kamin, der in keinem Verhältnis zur Größe des Zimmers stand, nahm ein Viertel des Raumes ein. Ein Lehnstuhl stand leer in der Ecke neben der toten Feuerstelle.
    »Wir haben sogar die Asche durchsucht«, sagte Chabrand.
    Ein eleganter Stuhl, dessen durchbrochene Lehne einen Violinschlüssel darstellte, stand hinter einem Tisch mit wackeligen Beinen. Auf einer grünen Schreibunterlage steckte ein Federhalter in einem Tintenfass. Wer mochte ihn wohl einmal benutzt haben?
    »Na bitte«, sagte Chabrand. »ich habe Ihnen doch gesagt, dass es hier nichts zu sehen gibt.«
    »Warten Sie mal!«, rief Laviolette.
    Im Strahl der Taschenlampe, den Chabrand über die Wände gleiten ließ, hatte er am Rauchfang des Kamins ein Medaillon mit einem Porträt in einem schwarzen Holzrahmen entdeckt.
    Es war das Brustbild eines Mannes aus dem 19. Jahrhundert, der unter dem scharfen Auge des Malers alles daran gesetzt hatte, möglichst harmlos auszusehen. Das Porträt eines Unbekannten ist immer ein Rätsel. Von diesem hier konnte man annehmen, dass es ähnlich ausgefallen war, denn der Maler beherrschte offensichtlich sein Handwerk, ohne künstlerisch begabt zu sein. Er hätte niemals diesen lippenlosen Mund erfinden können, schmal und zugekniffen wie die Öffnung einer Geldbörse; nicht diese lauernden Augen voll wachsamer Gier, die offenbar auf einen Vorgang rein materieller Art wie das Zählen von Geld oder das Aufteilen eines Kuchens gerichtet waren; ebenso wenig diese mehr schlecht als recht geschnittenen Haare, von denen ein Dreieck bis in die Mitte der Stirn reichte wie die Spitze eines Wappens. Seine breite, niedrige Stirn glich dem Deckel einer Suppenschüssel. Eine Stirn, die die Mutter bei der Geburt dieser Person einige Schreie gekostet haben musste. Eine Stirn …
    »Das ist seltsam …«, murmelte Laviolette.
    »Der typische Kopf eines Kretins«, bemerkte Chabrand.
    »Nein. Ein Archetyp. Man findet selten einen ohne fremde Beimischung. Dieser hier ist das Ergebnis einer unvermischten Erbfolge. Den haben die Berge bearbeitet. Jede Delle, jeder Schmiss in dieser Haut, die immer Wind und Wetter ausgesetzt war, und dazu dieser sich in der Ferne verlierende Blick unter dem stark ausgeprägten Augenbrauenbogen, alles schreit lauthals heraus, dass er von hier ist! Gezeichnet ist er, das stimmt, gezeichnet durch eine gewisse ererbte Hässlichkeit. Wir alle, die wir hier leben, haben keinerlei Schwierigkeit damit. Und der Ausdruck, da gebe ich Ihnen Recht, deutet zunächst einmal auf angeborenen Blödsinn hin.«
    »Vor allem die Ohren! Diese abstehenden Ohren!«, betonte Chabrand.
    »Sicher! Aber der Blick widerspricht all dem. Er ist fest, bösartig, wild, gierig, alles, was Sie wollen, aber es ist nicht der Blick eines Dummkopfs.«
    Chabrand seufzte.
    »Mag ja sein, aber das bringt uns auch nicht weiter.«
    Laviolette schwieg einen Augenblick.
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte er schließlich. »Aber eines weiß ich: Dieses Porträt da … irgendwo habe ich das schon mal gesehen.«
    »Ach?«
    »Nein. Ich habe mich nicht deutlich ausgedrückt. Was ich eigentlich gesehen habe, ist einer oder eine – was weiß ich? –, der oder die diesem Medaillon ähnelt. Aber wann? Vor drei Monaten? Letzte Woche? Und wenn ich sage, ich hätte etwas gesehen, was will das schon heißen? Ich habe ihn oder sie vielleicht nur einen Lidschlag lang wahrgenommen.«
    »Wenn er ein Archetyp ist, wie Sie behaupten, dann gibt es in den Bas-Alpes sicher viele, die so aussehen.«
    »O nein! Nicht gar so viele. Denn wie anderswo auch haben wir uns hier in den letzten Jahrhunderten stark mit Leuten aus anderen Gegenden vermischt.«
    »Dann haben Sie also ein Gespenst gesehen«, spöttelte Chabrand.
    »Lachen Sie nicht! Es gibt so viele Möglichkeiten, ein Gespenst zu sein. ›Der Tod hat tausend Hände und kennt unzählige Wege.‹ Erschrecken Sie nicht, das ist ein Zitat. Hätten Sie die Güte, mir ein gutes Foto von diesem Porträt machen zu lassen?«
    »Morgen haben Sie es.«
    Chabrand hatte die Tür des Pavillons wieder abgeschlossen und entfernte sich schon unter den Zedern. Laviolette blieb wie angewurzelt vor dem Lusthäuschen stehen, das noch den Duft sonnendurchwärmter Mauern atmete. Von diesem kapriziösen Überbleibsel einer

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