Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Titel: Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter May
Vom Netzwerk:
hat ihn gefunden und angeheuert, dann stöbern wir ihn vielleicht auch auf. Aber zuerst müssen wir, denke ich, nach Paris.»
    «Wir alle?», fragte Kirsty erstaunt.
    «Nein, nur Roger und ich. Denn sobald wir wieder auf der Bildfläche erscheinen, geben wir prima Zielscheiben ab.» Er blickte zu Raffin hinüber, der offenbar nicht darauf erpicht war, sich zur Zielscheibe zu machen. «Denn in einem Punkt bin ich mir jetzt schon ziemlich sicher.»
    Raffin runzelte die Stirn. «Der wäre?»
    «Der Mord an Lambert war kein willkürlicher Racheakt oder ein Verbrechen aus Leidenschaft. Der Mann, der ihn umgebracht hat, war wirklich ein Profikiller.»
    * * *
    Er stand noch lange draußen vor der Haustür, auf das schmiedeeiserne Geländer gestützt. Vor Zorn spürte er die Kälte nicht. Noch nie hatte Enzo innerlich so vor Wut getobt, solche Rachgier empfunden. Wie konnte dieser Mann derart kaltblütig eine Frau ermorden, deren einziges Verbrechen darin bestand, Enzo zu kennen? Ganz zu schweigen von dem nur knapp gescheiterten Versuch, Kirsty zu töten.
    Seine Finger krallten sich um das Eisen, und er musste sich zwingen, lockerzulassen. Es herrschte fast Vollmond, die helle Scheibe stand hoch über dem Dorf, während sich der Frost wie feiner, weißer Staub auf die Felder legte. Es schien nicht recht, sich eine so schöne Nacht mit derart niedrigen Gefühlen zu verderben.
    Er holte tief Luft, drehte sich um, öffnete die Tür und trat in die dunkle Diele. Ein Nachtlicht am Ende des Flurs leuchtete schwach über der Wendeltreppe, die zum Obergeschoss führte. Alle anderen waren schon schlafen gegangen. Anna hatte ihm nur flüchtig «bonne nuit» gesagt. Vielleicht bereute sie es schon, dass sie ihnen erlaubt hatte zu bleiben. Dann erinnerte er sich, wie angeregt sie sich beim Abendessen mit Raffin unterhalten hatte, und die Eifersucht versetzte ihm einen Stich.
    Als er die Treppe erreichte, sah er Licht durch den Spalt einer Tür fallen, die in ein Arbeitszimmer an der Rückseite des Hauses führte. Es war doch noch jemand wach. Er schob die Tür ein Stück auf und sah Nicole an einem Schreibtisch an der gegenüberliegenden Wand sitzen, vor sich mehrere Computermonitore, die im gedämpften Licht einer Schreibtischlampe flimmerten. Sie drehte sich zu ihm um. «Ach, hallo, Monsieur Mackay. Ich dachte, alle wären längst im Bett.»
    «Was treiben Sie da, Nicole?» Er schob die Hände in die Hosentaschen und trat an den Schreibtisch.
    «Ist das nicht toll? Diese Computerausstattung. High-Speed-Internet, Farblaserdrucker, Fax, Flachbettscanner. Hier stehen vier Computer, dazu etwa fünfhundert Gigabyte Speicherkapazität auf einer externen Festplatte.»
    «Ja, und was machen Sie damit?»
    «Anna sagt, das ginge klar. Ich hab meinen Laptop an einen 30-Zoll-Bildschirm angeschlossen. Die Dateien kann ich zwischen den Monitoren verschieben und auf einer Firewire-Festplatte sichern.» Sie schwieg, doch ihre Augen strahlten. Das Einzelkind, das einsam auf einem abgelegenen Bauernhof im Departement Aveyron aufgewachsen war, hatte seine Zuflucht und sein Talent in einer anderen, virtuellen Welt entdeckt.
    «Wie sah er aus?», fragte Nicole.
    «Wer?»
    «Der Onkologe. Der Schauspieler.»
    Enzo schloss die Augen und sah ihn so deutlich vor sich, als könnte er ihn mit Händen greifen. Und er fragte sich, ob der Mann auch nur die leiseste Ahnung hatte, durch welche Hölle Enzo seinetwegen gegangen war. «Er hatte kurzes dunkles Haar, grau meliert, und Geheimratsecken. Ich erinnere mich, dass ich ihn gutaussehend fand. Seine Augen waren blau, dunkelblau, wie ein tiefes Meer. Ein kantiges Gesicht. Gebräunt. Volle Lippen. Ich würde sagen, Anfang vierzig. Ziemlich groß. Nicht so groß wie ich, aber gut gebaut. Jetzt im Nachhinein fällt mir auf, dass er sich in Anzug und Krawatte nicht ganz wohl zu fühlen schien. Wahrscheinlich habe ich gedacht, er wäre nur wegen mir verlegen. Wegen des Befundes, den er mir mitteilen musste. Aber jetzt glaube ich eher, dass er andere Kleidung gewohnt war. In einem Film könnte ich ihn mir gut als Soldat oder Actionheld vorstellen.»
    Er öffnete die Augen und sah, wie Nicole ihn betrachtete.
    «Wenn er zu finden ist, Monsieur Mackay, dann finde ich ihn.»
    «Wie denn?»
    «Ich fange mit dem Internet an. ‹Französische Schauspieler› habe ich schon gegoogelt. Es gibt eine Menge Schauspieleragenturen und -verzeichnisse online, die meisten mit Fotos. Mit einer Personenbeschreibung, wie Sie sie mir

Weitere Kostenlose Bücher