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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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wollte, öffnete sich die Tür, und blendend helles Licht von Fackeln fiel in den Raum. » Wer ist euer Anführer?«, verlangte eine barsche Stimme zu wissen.
    Sie alle fürchteten, was man einem Anführer antun könnte, und es herrschte Schweigen in der Zelle.
    » Fix!«, sagte die Stimme. » Oder ich bestimme den Ersten, den ich erwische, dazu, für euch alle zu reden.«
    » Ich bin der Anführer«, verkündete Arish und trat vor. Niemand widersprach.
    Der Weg nach oben war erheblich kürzer als der Weg nach unten, aber auch hier musste er viele Stufen bewältigen, und Arish, gepeinigt von Hunger und Durst, bewegte sich in einem Nebel aus Schmerz und Elend. Er fragte sich, ob er jetzt getötet werden würde, ein Gedanke, der nicht unwillkommen war.
    Er wurde in einem kleinen viereckigen Raum gebracht, wo der Gestank der Abwasserkanäle teilweise vom Rauch der Fackeln und dem Geruch von Kräutern auf dem Boden überlagert wurde. Die Wände waren erst kürzlich gekalkt worden, denn der Geruch der Farbe hing noch im Raum. In der Mitte stand ein hölzerner Tisch und daneben zwei Stühle. Ein Mann saß wartend am Tisch. Er blickte hoch, als Arish hereinkam. » Ich dachte mir, dass du es sein würdest, Junge«, sagte er mit Genugtuung in der Stimme.
    Die Welle der Erleichterung, die Arish durchströmte, war so groß, dass seine Beine fast unter ihm nachgaben. Es war Shuskara, sein Freund und Held der Kindheit. Er war jetzt der größte General in der Cité. Dieser Mann würde nicht einfach zusehen, wie er zu Tode gefoltert wurde, weil er wilde Hunde getötet hatte.
    » Setz dich«, befahl der General. Arish ließ sich dankbar auf den Holzstuhl sinken. Shuskara warf ihm einen kurzen Blick zu. » Hat man dir zu essen gegeben?«, wollte er wissen. Arish schüttelte den Kopf.
    » Essen und Wasser«, befahl der General einem Wächter, der zackig salutierte und verschwand.
    Shuskara wartete, bis der Junge sich satt getrunken und das Brot und das Fleisch verzehrt hatte, das man ihm gebracht hatte. Manchmal stand er auf und ging im Zimmer umher. Als die Wirkung der Speisen einsetzte, spürte Arish, wie seine Gedanken sich klärten. Er bemerkte, dass der General grauer geworden und sein Gesicht mehr Sorgenfalten hatte, seit er ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er trug Zivilkleidung, ein bequemes, weiches Hemd und eine Hose in Grautönen. Der stämmige alte Mann hätte auch als Bauer oder Schmied durchgehen können.
    Schließlich setzte sich Shuskara hin und redete. Seine Stimme war barsch, sprach von mühsam beherrschten Emotionen.
    » Ich habe dir das Leben gerettet, als du ein Kind warst«, begann er unvermittelt. Arish nickte und wollte ihm noch einmal danken, aber der General schnitt ihm das Wort ab. » Aber ich weiß nicht, ob ich dich auch diesmal retten kann.«
    Arish runzelte die Stirn. Er verstand die Worte nicht. Shuskara war der höchste General der ganzen Cité. Er musste doch etwas tun können? Er konnte einem Mann das Leben retten oder ihn zum Tode verurteilen.
    » Es waren doch nur Hunde«, sagte er leise, sich durchaus bewusst, dass er mürrisch klang.
    » Es waren nicht einfach nur Hunde, Junge. Es waren die Hunde des Kaisers.«
    » Aber woher sollten wir das wissen?«
    » Ihr befandet euch auf dem Land des Kaisers. Folglich waren es die Hunde des Kaisers.«
    Arish wollte widersprechen, aber dann setzte sein gesunder Menschenverstand ein. Er war nicht so alt geworden, ohne etwas darüber zu lernen, wie die Cité funktionierte. Sie waren die Hunde des Kaisers, weil der Kaiser sagte, dass sie es waren. Es war sinnlos, darüber zu diskutieren.
    » Wirst du für uns sprechen?«, fragte er seinen Freund.
    Shuskara senkte den ergrauenden Kopf. Arish hatte das Gefühl, dass eine große Bürde auf den Schultern dieses Mannes lastete.
    » Nein«, sagte der General und schüttelte den Kopf. » Für dich zu sprechen bedeutet, sich gegen den Kaiser zu wenden, Arish. Und das bedeutet den sicheren Tod. Der Einzige, der sich für dich einsetzen kann, wäre ein Advokat, der als Vertreter in einem Prozess immun gegen die Anklage des Hochverrats ist.« Er schüttelte erneut den Kopf. » Jedenfalls in der Theorie.«
    » Kennst du einen solchen Advokaten?«
    Der General antwortete mit einer Gegenfrage: » Fragst du dich eigentlich nie, warum ich dir geholfen habe, als du ein Kind warst, und warum ich auch jetzt versuche, dir zu helfen?«
    Die Wahrheit war, dass Arish sich das nie gefragt hatte. Als Kind war er noch zu jung gewesen,

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