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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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Bildern bedeckt. Fast wie das Bilderbuch eines Kindes.« Sie lächelte, und Bartellus sprach weiter. » Aber das war keine Tätowierung, sondern ein Mal, dass man ihm tief in die Haut eingebrannt hatte.«
    » Fremde Sklaven werden manchmal gebrandmarkt.«
    » Aber es gibt jetzt nur noch sehr wenige Sklaven in der Cité. Und meistens sind es junge Frauen aus dem Osten. Die Leiche war die eines Mannes, hellhäutig und im mittleren Alter. Und sehr gut genährt.«
    » Wasserleichen sehen immer gut genährt aus«, gab sie zurück. » Ist es wichtig?«
    » Wahrscheinlich nicht. Aber irgendetwas in meinem Gehirn hält es für wichtig. Mein Gedächtnis ist nicht mehr das, was es einmal war. Aber ich habe dieses Brandzeichen schon einmal irgendwo gesehen.« Dann setzte er hinzu: » Selbst seine Kopfhaut war tätowiert.«
    » Mit Bildern?«
    » Nein. Mit kleinen Zeichen. Hunderten davon. Sie sahen fremdartig aus. Vielleicht hast du Recht. Ich bin jedenfalls nicht daraus schlau geworden.«
    » Wo hast du ihn gefunden?«
    Bartellus zuckte mit den Schultern. » Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich bin mit einem Suchtrupp gegangen, der von anderen Leuten geführt wurde. Als ich die Leiche fand, wusste ich nicht, wo ich war. Ebenso wenig, wie ich weiß, wo ich jetzt bin.« Er seufzte. Noch vor wenigen Augenblicken hatte er das Gefühl gehabt, dass er für immer hierbleiben könnte, aber sein Verstand, der Verstand eines Soldaten, kehrte wie immer zu seiner Pflicht zurück. Und das Gewicht dieser Pflicht kletterte erneut auf seine alten Schultern.
    » Wenn das Kind gegessen hat, nehme ich es, und wir gehen«, sagte er zu der Frau. » Wir müssen nach seinem Bruder suchen. Wenn wir diese Flut überlebt haben, könnte er möglicherweise ebenfalls noch am Leben sein.«
    Das kleine Mädchen löffelte das Essen in den Mund, so schnell es die Hand bewegen konnte. Der Blick seiner dunklen Augen zuckte immer wieder von der Tür zum Keller und zurück. Emly hatte Angst, dass jemand hereinkommen und ihr den Teller wegnehmen könnte.
    Nach einer Weile erst bemerkte sie den Geschmack. Das Essen schmeckte klebrig und süß. Es waren sogar harte Stücke darin. Sie spie etwas davon in ihre Handfläche, legte den Löffel weg und drückte mit dem Finger darauf. Die harten Stücke waren dunkel und klumpig. Sie steckte eines davon in den Mund. Es war so süß, dass ihr die Zähne wehtaten, und schmeckte wie verfaulte Birnen.
    Sie wollte gerade den Rest des Essens in den Mund schieben, als sie sich erinnerte, wie sie das letzte Mal an einem Tisch gesessen und mit einem Löffel gegessen hatte. Eine scharfe Stimme hatte ihr befohlen, sich die Hände zu waschen, bevor sie sich setzte. Sie warf einen Blick auf ihre schmutzigen Handflächen und rieb sie sich an ihrem Kleid ab. Das war einmal mein bestes rosa Kleid, dachte sie traurig. Ihre Handfläche sah jetzt zwar ein bisschen sauberer aus, aber dafür lagen Essensreste auf dem Boden. Sie rutschte vom Stuhl und schob sie unter den Rand des Teppichs. Dann rieb sie beide Handflächen an ihrem Kleid ab, bis sie einigermaßen sauber waren.
    Anschließend kletterte sie wieder auf den Stuhl und aß weiter. Jetzt genoss sie den Geschmack und die Beschaffenheit der Speise. Sie war sehr durstig. Die rothaarige Frau hatte ein Glas und einen großen Krug mit frischem Wasser vor sie gestellt, und sie betrachtete es sehnsüchtig. Aber sie wusste, dass sie nicht stark genug war, um Wasser aus dem Krug zu gießen, ohne alles über den sauberen Tisch zu kippen.
    Die Krämpfe in ihrem Bauch waren diesmal stärker als gewöhnlich, und sie wiegte sich ein bisschen auf dem Stuhl und stöhnte, bis sie vorübergingen. Dann aß sie noch mehr.
    Schließlich sah sie sich um. Sie befand sich in einem riesigen Raum, der sich in der Dunkelheit verlor. Auf dem Steinboden lagen bunte Teppiche. Sie rutschte vorsichtig vom Stuhl und grub ihre nackten Zehen in den blauen Teppich, der unter ihr lag. Er war so weich wie das Fell eines Kätzchens.
    Erneut blickte sie unsicher zur Tür und ging dann zur nächstgelegenen Wand. Dort ragten zahllose Holzregale bis hinauf zur Decke. Ein starker Geruch drang ihr in die Nase, der Geruch von Rauch. Sie streckte ihre Hand aus, und spürte etwas Glattes, Warmes unter ihren Fingern. Da fiel etwas mit einem dumpfen Geräusch um, und sie sprang zurück; dann sah sie, dass es die Rücken von Büchern waren, Unmengen von Büchern in allen Regalen. Sie hatte zwar schon Bücher gesehen, aber noch nie so

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