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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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nächsten Tag keinen Dienst hatte. Also redete er sich ein, dass es nicht schaden könnte, wenn er hinging.
    Die Schenke zum Dickbäuchigen Pony in Burman Fehrn unter der Dritten Imperialen Mauer war eine kleine dunkle Kaschemme, in der es nach Fäulnis, Schweiß und schalem Bier stank. Riis drängte sich durch die Tür und blinzelte, während sich seine Augen an das gedämpfte Licht gewöhnten. Sie war gut besucht, von Arbeitern und Huren, aber ihm fiel auf, dass hier keine Soldaten verkehrten. Er sah sich nach Evan Broglanh um.
    Eine Hure in einem schäbigen roten Kleid und dazu passendem Schal drängte sich an ihn und packte seinen Gürtel. » Kommst du mit mir, Schätzchen?«, flüsterte sie ihm zu. Riis sah angewidert, dass sie alt genug war, um seine Mutter sein zu können, und dass ihr Haar unter dem verschlissenen Schal ergraut war. Er schüttelte den Kopf.
    Aber als sie ihre Lippen an sein Ohr legte, klang blankes Eisen in ihrer Stimme. » Folge mir, du Narr!«
    Er folgte ihr durch einen schmalen Gang hinaus in eine stinkende Toreinfahrt.
    » Evan hat mir von dir erzählt«, sagte die Frau und drehte sich um. » Er hat mir allerdings verschwiegen, dass du offenbar ein Einfaltspinsel bist.« Sie war groß für eine Frau, mittleren Alters, hatte ein breites Gesicht und war so dünn wie eine Klinge. Ihre Augen waren hell und standen etwas vor. Sie missfiel ihm sofort.
    » Ich wusste nicht, wen ich treffen würde«, antwortete er ausweichend.
    » Jetzt weißt du es«, erwiderte sie. » Das weißt du doch, oder nicht?« Sie starrte ihn ungeduldig an, wie eine verärgerte Schulmeisterin, bis er schließlich antwortete.
    » Ja, ich weiß es.«
    » Du hast einen Schwur geleistet, als junger Soldat, einen Schwur, den du noch nicht erfüllt hast«, sagte sie.
    Er schwieg. Er hatte mit niemandem außer seinem Bruder jemals darüber gesprochen.
    » Ja, ja, ich weiß alles darüber«, fuhr sie ungeduldig fort. » Fünf Jungen haben vor dreißig Jahren das Gelübde abgelegt, den Kaiser zu töten. Jetzt sind nur noch drei von ihnen am Leben, aber plötzlich bietet sich ihnen die Gelegenheit, ihren Schwur zu erfüllen. Arish und Evan haben ihre Rolle bereits gewählt. Aber wir brauchen jemanden, der sich schon im Palast befindet.« Sie umriss mit knappen Worten den Invasionsplan und den Anschlag.
    » Du willst mich also als Pförtner?«, fragte er stirnrunzelnd, nachdem sie zu Ende gesprochen hatte. » Ich soll die feindlichen Truppen hereinlassen, daneben stehen und Beifall spenden, wenn Arish ihn tötet? Ich werde es selbst tun.«
    » Fell ist unsere beste Chance.«
    » Fell ist nicht da. Ich schon. Ich bin Palastwache, schon vergessen?«
    » Und wer, glaubst du, hat dafür gesorgt, dass du diese Stellung bekommst, du Idiot?«
    Riis starrte sie an. Nach seinem Gespräch mit Evan hatte er sich nach Saroyan erkundigt und herausgefunden, dass sie unter anderem für die Wachpläne innerhalb des Palastes verantwortlich war. Aber diese letzte Schlussfolgerung hatte er noch nicht gezogen.
    » Wir werden noch jemand anders in den Roten Palast schmuggeln«, fuhr die Frau fort. » Eine junge Frau. Sie soll die Kammerzofe von Marcellus’ Kurtisane werden. Sie wird dir Informationen liefern, und du wirst sie im Auge behalten.«
    » Also willst du, dass ich Pförtner und Kindermädchen spiele? Und falls sich mir eine Gelegenheit bietet, den … die Zielperson zu töten, zum Beispiel, wenn er allein mit dem Rücken zu mir in einem Zimmer steht, habe ich dann deine Erlaubnis, es zu tun?«, fragte er sarkastisch.
    Sie lächelte dünn. » Du magst wohl keine Frauen, was?«
    Ich liebe Frauen, dachte er. Ich mag einfach nur dich nicht.
    » Der Kaiser ist kein normaler Mensch«, fuhr sie fort. » Es wird sehr schwer sein, ihn umzubringen. Fell hat die besten Chancen. Wahrscheinlich wird keiner von uns das überleben. Du bekommst schon noch deine Chance, für deine Cité zu sterben.«
    Riis runzelte die Stirn. » Ich will nicht für die Cité sterben. Ich will den Kaiser töten und davonkommen. Und wenn ich eine Chance bekomme, werde ich sie nutzen.«
    » Fell will ihn ebenfalls töten, vergiss das nicht. Ebenso wie Evan Broglanh. Von euch allen ist Evan der Einzige, der den Schwur niemals aus den Augen verloren hat, den ihr als Kinder geleistet habt. Ihr anderen wurdet abgelenkt, Fell von der Aufgabe, seine Krieger zu retten, du von deinen Weibergeschichten, Ranul … Nun, Ranul war vielleicht noch der Beste von euch«, schloss sie

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