Der Moloch: Roman (German Edition)
gegenüber, einem gut aussehenden Hauptmann der Marine der Westlichen Inseln, nicht reden. Ein Schwarm fliegender Fische, bemalt und auf Stöcke aufgespießt, war ihr im Weg. Ich bin von Fischen umgeben, dachte sie verzweifelt und musste unwillkürlich kichern. Sie überspielte es mit einem Hüsteln und riss sich dann wieder zusammen.
» Sind sie sehr schön, die Westlichen Inseln?«, fragte sie den Botschafter, lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und drehte sich zu ihm herum, damit er ihre Brüste gut betrachten konnte. » Unsere Handelsbeziehungen dorthin sind von entscheidender Bedeutung«, hatte Marcellus ihr eingeschärft, als wenn sie das nicht gewusst hätte. » Halte den Mann bei Laune. Sorge dafür, dass er alles bekommt, was er will.« – » Alles?«, hatte sie ihn spöttisch gefragt.
Der Botschafter richtete den Blick starr auf die beiden Hügel aus blassem, seidig weichem Fleisch, die ihm so großzügig präsentiert wurden. » Ja, sehr schön, Mylady«, gab er zurück. Er richtete seinen Blick wieder auf ihr Gesicht, und sie belohnte ihn mit einem so verschwörerischen, herzlichen Lächeln, dass ihm der Schweiß auf die Stirn trat.
» Was ist wunderschön, Herr?«, erkundigte sich eine tiefe Stimme. » Meine Mistress Petalina?« Sie spürte eine kräftige Hand auf ihrer Schulter, die dann ihren Rücken hinabglitt, als sich Marcellus geschmeidig auf den freien Stuhl neben ihr gleiten ließ. Wie immer spürte sie die Ausstrahlung seiner Gegenwart und sah, wie sich alle Blicke an dem langen Tisch auf ihren Geliebten richteten.
Einen Moment herrschte Schweigen, während Marcellus sich umsah. Er begrüßte einige der Anwesenden mit einem Lächeln oder einem Nicken, dann hob er ein Glas in Fiorentinas Richtung, wie als Echo der Geste seines Bruders kurz zuvor.
» Allerdings«, antwortete der Botschafter, als Marcellus seinen fragenden Blick wieder auf ihn richtete. » Lady Petalina ist mehr als nur schön. Sie ist …« seine diplomatischen Fähigkeiten, falls er denn überhaupt welche besaß, verließen ihn, und er suchte verzweifelt nach einem passenden Wort. Petalina erwartete fast, dass er sie mit einem Fisch vergleichen würde. Die ganze Tischgesellschaft wartete stumm, während der Mann nach einem passenden Vergleich suchte. » Sie ist eine Schönheit, auf die man nur einmal im Leben trifft«, beendete er seinen Satz etwas lahm.
Petalina lächelte ihn entzückt an und überlegte, ob ihm klar war, dass er gerade jede andere Frau im Raum beleidigt hatte. Sie sah zu ihrer Schwester Fiorentina hin, die ihren Blick ernst erwiderte. Aber ihre Augen funkelten. Dann sagte sie etwas zu ihrem Ehemann, und Rafael beugte sich über den Tisch. Er schob ein kompliziertes Blumenarrangement zur Seite und lenkte die Aufmerksamkeit des Botschafters auf sich. Der Fischspezialist entschuldigte sich bei Petalina und drehte sich um, um mit ihm zu sprechen.
Ich liebe dich, Schwester, dachte Petalina.
» Ich nehme an, du hast ihn unterhalten?«, erkundigte sich Marcellus leise.
Sie sah ihm in die Augen. Die Brüder waren sehr unterschiedlich. Marcellus war größer, hatte breitere Schultern und war blond, Rafael dagegen war kleiner, zierlicher und dunkelhaarig. Aber ihre Augen waren gleich, so schwarz wie die Mitternacht. Nicht von dem tiefen Dunkelbraun, das man oft bei den östlichen Stammesleuten oder den Völkern der südlichen Einöden antraf, sondern vollkommen pechschwarz und so glänzend wie nasse Kieselsteine. Sie flößten ihr ein bisschen Angst ein, diese Augen.
» Wie bei den meisten Männern«, erwiderte sie, » ist es nicht schwer, ihn zu unterhalten.«
» Ich habe gesehen, wie du ihn mit deinen Brüsten unterhalten hast.«
Sie zuckte mit den Schultern. » Ich hätte sogar alle meine Kleider ausgezogen und mich rittlings auf ihn gesetzt, wenn er dann aufgehört hätte, über Fisch zu sprechen.«
Marcellus lachte. » Da du ihn jetzt kennengelernt hast«, fragte er sie, » welche Gefährtin würdest du für ihn auswählen, damit sie ihm die Nacht versüßt?«
» Das ist ganz einfach«, gab sie zurück. » Einen Jungen.«
Er hob die Brauen. » Aber er war doch so sehr von deinen weiblichen Brüsten fasziniert.«
Sie lächelte ihn an und senkte die Stimme. » Alle Männer sind von Brüsten fasziniert, aber es gibt Männer, die darin versinken wollen, sich in ihnen wälzen und sich ihnen ergeben wollen, und jene, die Angst vor ihnen haben. Er war so fasziniert wie eine Maus von einer Schlange. Er ist
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