Der Moloch: Roman (German Edition)
hinaufhuschten.
Auf Gils Befehl hin legten die Krieger ihre Brustpanzer an und setzten die Helme auf. Bogenschützen wickelten ihre Sehnen aus eingefetteten Päckchen und spannten ihre Bogen. Da jetzt der Weg nach oben klar war, wurde Elija wieder in die Mitte des Trupps versetzt. Bewaffnete und schwer gepanzerte Männer marschierten mit gezogenen Schwertern vorweg. Am Ende der zweiten Treppe betraten sie ein neues Labyrinth.
Schließlich kamen sie zu einer Tür, die tief in einer mit Moos bewachsenen Wand lag. Sie war stabil und mit Nieten beschlagen und sah aus, als wäre sie in hundert Jahren nicht einmal geöffnet worden. Der eiserne Handgriff war weggerostet, und als Gil den hölzernen Knauf packte, der aus dem Loch herausragte, in dem einmal die Klinke gewesen war, fiel er ihm in die Hand. Er warf ihn weg, schob die Finger in das Loch und zog. Die Tür öffnete sich scharrend. Dahinter war ein Wachraum. Er war klein und viereckig, hatte auf beiden Seiten Regale für Waffen, und in einer Wand waren eiserne Handschellen an Ketten eingelassen. Möbliert war er mit einem morschen Tisch und Stühlen. Sie durchquerten den Raum so leise wie möglich und gingen zu einer weiteren Tür. Diese Tür wirkte neuer und schien in letzter Zeit benutzt worden zu sein.
Ein unbehagliches Gefühl überkam Indaro. War das tatsächlich der Weg in den Fried? Nach einem so elenden Tag, an dem sie sich durch Tunnel und Fluten gekämpft hatten, schien das fast zu einfach zu sein. Sie zog ihr Schwert.
Gil legte die Hand auf den Türgriff. In dem kleinen Wachturm herrschte Stille, als würden alle Soldaten die Luft anhalten. Gil lächelte grimmig. » Wenn feindliche Soldaten auf der anderen Seite sind, spielt es keine Rolle, wie viel Lärm wir machen.«
Er öffnete die Tür vorsichtig und spähte durch den Spalt. Dann trat der hindurch, gefolgt von seinen Männern. Sie standen in einem Korridor, der sehr hoch und sehr lang war, aber auch sehr schmal. Auf der einen Seite war eine Steinmauer und auf der anderen eine Holzwand. Sie tasteten sich im Gänsemarsch weiter. Aus endlos vielen Rissen in der Holzwand drang helles, strahlendes Licht in den schmalen Gang. Plötzlich wurde Indaro klar, dass es eine Vertäfelung war; sie befanden sich hinter der Holzvertäfelung eines Raumes. Wie Ratten, die an einer Wand entlangliefen. Gil hatte das offenbar ebenfalls begriffen, denn er blieb stehen und bedeutete seinen Männern, absolute Ruhe zu wahren.
» Sind wir im Fried?«, flüsterte er.
Elija nickte zuversichtlich.
» Deswegen sind wir hergekommen«, murmelte Gil seinen Soldaten leise zu. » Meiner Schätzung nach muss es fast Mittag am Tag der Zusammenkunft sein. Nehmt euch ein paar Sekunden Zeit, um Frieden mit euren Göttern zu schließen, denn wir werden diesen Tag sehr wahrscheinlich nicht überleben.« Er sah die Männer der Reihe nach an. » Denkt daran, warum wir hier sind – wir wollen so viele wie möglich von den Eintausend töten, um Fell Zeit zu verschaffen. Euer Opfer wird ungenannt bleiben, es werden keine Geschichten erzählt und keine Lieder über euren Mut gesungen werden. Haltet durch. Bleibt so lange am Leben, wie ihr könnt. Und tötet sie alle.«
» Dann bringen wir es doch endlich hinter uns«, murmelte Staker.
Gil grinste ihn an, hob dann den Griff seines Schwertes und hämmerte es durch die Holzvertäfelung. Licht fiel durch das Loch in den schmalen Gang, dann rissen auch andere Soldaten die dünne Wand ein, und sie traten blinzelnd in eine große Kammer, die in Licht gebadet war.
Indaro sah sich um. Der Raum war vollkommen leer, aber die Wände waren mit Gemälden von blauem Himmel und weißen Wolken geschmückt. Aus hohen Fenstern schien Sonnenlicht herein, und Indaro trank es gierig auf. Es war das erste Sonnenlicht seit Wochen, das sie sah.
Gil hielt inne. Er wusste nicht, in welche Richtung er gehen sollte und drehte sich zu ihr um. Doch bevor er etwas sagen konnte, stürmte ein Soldat der Cité in den Raum. Er kam beim Anblick der bewaffneten Invasoren rutschend zum Stehen und öffnete den Mund, um zu schreien. Aber er wurde von etlichen Pfeilen gefällt. Die Petrassi jubelten begeistert über ihren Erfolg.
Dann stürmte ein zweiter Soldat herein und schrie. » Sie sind da! Sie sind hier!« Er wurde ebenfalls getötet, aber jetzt hörten sie das Geräusch von schnellen Schritten, und innerhalb weniger Augenblicke strömten Krieger in die Kammer. Indaro sah die schwarzsilberne Uniform der Eintausend. Sie
Weitere Kostenlose Bücher