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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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ab.
    Die nächste Stunde verbrachte sie damit, zwischen den Verletzten umherzugehen, ihnen Wasser zu geben und die einfachsten Wunden selbst zu verbinden. Schließlich bekam sie den Befehl, aufzusteigen und lief zu ihrer wartenden Grauen. Sie stieg in den Sattel. Der Kaiser war zu einem Gepäckwagen gebracht worden, und man hatte einen Schutzschirm aus Leinwand um ihn herum errichtet. Das war zwar ein höchst unwürdiges Gefährt, aber erfahrene Ärzte waren weit entfernt, und es war notwendig, den Unsterblichen so schnell wie möglich in die Cité zurückzuschaffen. Man hatte bereits schnelle Reiter vorausgeschickt, die Hilfe holen sollten.
    Indaro ritt am Ende bei der normalen Kavallerie, alles in allem vielleicht vierzig Reiter. Der Rest der Eintausend, nicht einmal zwanzig Mann, ritt voraus. Sie erinnerte sich an Fortance’ Gesicht, und versuchte herauszufinden, ob er sie belog. Aber sie kannte den Mann nicht. Schock und Trauer machen aus uns allen Lügner, dachte sie. Dann fiel ihr auf, wie hundemüde sie war, und überlegte, wann sie das letzte Mal geschlafen oder gegessen hatte.
    Sie nahmen Kurs auf das uralte Paradies-Tor, das sich ein Stück nördlich von dem Tor befand, durch das sie heute Morgen aufgebrochen waren. Es lag dichter am Zentrum der Cité. Sie würden den ganzen Tag brauchen, um dorthin zu gelangen.
    Dann hörten sie einen Schrei von vorn, und die Abteilung kam zum Stehen. Die Reiter legten die Hände auf die Griffe ihrer Schwerter und sahen sich um. Als sich der Staub legte, sah Indaro Reiter über die flachen Weiden im Westen auf sie zukommen. Silber und Gold glitzerten im Sonnenschein. Es waren mehr als hundert, schätzte sie, in einer Kolonne von vier Reitern nebeneinander, und sie blieben strikt in dieser Formation, als sie näher kamen und schließlich die Pferde zügelten. Der Anführer der Truppe war eine Frau mit grauem Haar, das so kurz geschoren war wie das eines Mannes. Sie war schlank und hochgewachsen, trug einfache Reitkleidung, und nichts an ihr deutete auf ihren Rang hin. Sie glitt geschmeidig vom Pferd und sprach mit Fortance, dann verschwand sie auf dem Gepäckkarren.
    » Wer ist das?«, fragte Indaro den großen Reiter neben sich, aber der schüttelte nur den Kopf. Sie wünschte sich, sie wäre bei den Eintausend, denn deren Angehörige wussten es ganz gewiss, weil sie näher am Kaiser und den Mächtigen waren.
    Der große Reiter neben ihr hatte jedoch den Mann neben ihm gefragt, der die Frage weiterleitete, und schließlich kam die Antwort über die Reihe zurück.
    » Das ist Saroyan, Lord Leutnant des Ostens«, erklärte der Reiter ihr. Sie nickte, und er grinste sie an.
    Sie konnte sich daran erinnern, dass Archange ihr erzählt hatte, dass Lord Leutnants eine recht umstrittene Rolle unter den Adligen einnahmen. Sie waren vom Kaiser ernannt worden, und ihre Macht war potentiell sehr weitreichend, doch sie hatten keinerlei Macht über die Armeen des Kaisers. Von daher erforderte es eine sehr mächtige Persönlichkeit, um der Position ihren Stempel aufzudrücken. Meistens, so hatte Indaro jedenfalls gehört, begnügten sie sich mit ihrer einfachen zeremoniellen Rolle, genossen die Vorzüge des Ranges, ohne sich mit seinen Pflichten beladen zu müssen.
    Aber diese Saroyan benahm sich wie ein Soldat und kommandierte ihre Truppen mit barscher Autorität. Schließlich kam sie wieder aus dem Gepäckkarren und stieg auf ihr Pferd. Fortance trieb sein Pferd zu ihrem, und sie stellte ihm ein paar Fragen. Dann hörte sie ihm genau zu, wobei sie ihm in die Augen sah. Er drehte sich um und warf einen Blick über die Soldaten, bis sie schließlich beide Indaro ansahen. Fortance winkte sie zu sich, und Indaro trieb die Graue voran. Aus der Nähe sah sie, dass die Frau älter war, als sie zunächst gewirkt hatte. Ihre Augen waren sehr hell, fast gelb, eine Farbe, die Indaro noch nie zuvor bei einem Menschen gesehen hatte. In ihrem rechten Ohr trug sie einen Ring mit einem hellgrauen Stein.
    » Das ist Indaro Kerr Guillaume«, erklärte der Veteran. » Von der Kompanie der Wildkatzen. Sie hat den Attentäter daran gehindert, die Kutsche des Unsterblichen zu erreichen.«
    Saroyan musterte sie kühl. Ihre etwas vorstehenden Augen waren so blass wie Eis, das in der Wintersonne glänzt. » Guillaume«, sagte sie schließlich. » Reeves Brut?«
    Indaro nickte und fürchtete, dass die Frau etwas über Deserteure sagen würde, aber sie blinzelte nur und wandte sich ab. Sie ordnete an, dass sich

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