Der Moloch: Roman (German Edition)
rasiert wie Fell und hatte graue Augen.
» Ich bin bei der Dritten Maritimen, unter Randell Kerr«, erwiderte sie.
» Ah, der Wahnsinnige.«
Sie nickte. » Einige nennen ihn so.« Und der Name war auch sehr passend für diesen General, aber das würde sie diesem Reiter gegenüber nicht zugeben. » Man hat meine Papiere Fortance gegeben …«
» Er ist ein toter Mann.«
Er bekommt offenbar eine ganze Menge mit, dachte sie. » … deshalb werde ich essen und schlafen und dann auf neue Befehle warten.«
Er nickte und lächelte. » Man nennt mich Riis.«
» Indaro.«
» Willst du mit mir schlafen, Indaro?«
Fast hätte sie gelacht, aber stattdessen antwortete sie ernst. » Ich habe seit drei Tagen nichts gegessen und kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal geschlafen habe. Vielleicht vor vier Tagen. Und seitdem habe ich in zwei Schlachten gefochten.«
» Aha. Heißt das ja?«
Sie lächelte. Er sah wirklich sehr gut aus. » Nein, Riis«, erwiderte sie.
Nachdem sie gegessen hatten, zeigte er ihr den Weg zu den Schlafunterkünften, wo sie eine schmale Pritsche zwischen schlafenden Soldaten fand und sofort einschlief. Ihr Schwert drückte sie an ihren Körper, und ihr Gehirn war zu müde, um aus diesem Tag schlau zu werden. Als sie aufwachte, war es noch dunkel. Oder vielleicht schon wieder? Die Soldaten, die um sie herum schliefen, schienen andere zu sein als vorhin. Habe ich einen ganzen Tag lang geschlafen?, überlegte sie. Sie fühlte sich erholt, stand auf, holte ihren Helm und ihren Brustpanzer unter dem Bett hervor, zuckte dann mit den Schultern und schob sie wieder zurück. Sie würde später zurückkommen und sie holen. Stattdessen schnallte sie sich ihr Schwert um und ging hinaus, um jemanden zu suchen, der das Kommando hatte.
Es war ruhig in der Kaserne, und die einzigen Soldaten, die sie sah, saßen vor einer Herberge auf der anderen Straßenseite und starrten finster in ihre Krüge. Sie blickte zum Viertelmond hoch und sah, dass der Morgen bereits graute. Die Nachtluft war kühl und sauber, und die Cité um sie herum faszinierte sie. Die große Mauer beherrschte ihr Blickfeld. Sie war hier so hoch, wie sie sie noch nirgendwo gesehen hatte, und sie neigte sich von ihr weg, je höher sie wurde. Sie fragte sich, wie dick sie wohl unten am Fundament sein mochte. Sie mussten diese Mauer durchquert haben, aber sie konnte sich nicht daran erinnern, dass sie am Tag zuvor die Tore passiert hätten. Sie wandte sich von der Mauer ab und blickte auf den großen Berg des Schildes der Freiheit, der in der anderen Richtung ihr gesamtes Blickfeld ausfüllte. Er stand wie ein Wachposten im Mondlicht da. Sie erinnerte sich, dass ihr Vater ihr gesagt hatte, dass man es auch das Serafium nannte, aber sie wusste nicht, was das bedeutete. Auf dem Gipfel flackerten und glänzten Lichter, und vom Fuß dieses Berges erhob sich eine Reihe von Lichtern, die vielleicht einen Weg beleuchteten, in einer serpentinenförmigen Linie den gewaltigen, silbrig schimmernden Felsen hinauf.
Indaro folgte schmalen Gassen und Spalten zwischen hohen Gebäuden. So war die Cité überall unmittelbar hinter den Toren gebaut, als zweite Verteidigungslinie gegen eine Invasion. Sie befand sich in dem Viertel, dass man Paradies nannte, und jetzt sah sie, wie passend der Name war. Sie kam an Geschäften und Werkstätten vorbei, aber selbst in der Nacht schimmerten hinter den Fensterläden warme Lichter. Um sie herum sah sie den funkelnden Schein von buntem Glas und das warme Strahlen von poliertem Holz. Zwischen den Geschäften bewachten hohe Holztüren die Heime der Wohlhabenden. Einmal blieb sie stehen und sah zu, wie eine Schar junger Frauen, die von einer Privatmiliz bewacht wurde, aus einer prachtvollen Kutsche stieg und in einen Innenhof huschte. Darin sah sie einen Springbrunnen und Blumen, die überraschenderweise im Mondlicht weiß schimmerten. Die Wächter dieser flatterhaften Motten drehten sich zu ihr herum und starrten sie an, als sie vorüberging. Offenbar machte ein einzelner Soldat in der Nacht sie misstrauisch. Sie erwiderte ihre Blicke finster. Sie verachtete Krieger, die statt zu kämpfen lieber die Töchter der Reichen bewachten, und außerdem verachtete sie auch die Mädchen, deren Väter ihren Einfluss geltend machten, um sie vor dem Dienst in den Armeen zu bewahren. Sie dachte an ihr Heim auf den grauen Klippen und fragte sich, ob ihr Vater noch lebte und wo ihr Bruder wohl sein mochte.
Schließlich gelangte
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