Der Moloch: Roman (German Edition)
drehten sich um und musterten sie.
Nach kurzer Zeit kam eine Gruppe dunkler Gestalten aus einem Gebäude in der Nähe und ging eilig zu der hohen Kutsche. Es entstand eine gewisse Unruhe, als einige Gestalten in das kaiserliche Fahrzeug einstiegen und dann etliche wieder herauskamen. Vielleicht Diener, dachte Indaro. Dann trat eine Gestalt aus dem Gebäude und blieb stehen. Sie sah sich um und betrachtete die wartenden Reiter und die Pferde. Es war ein Mann, groß, mit einer Kapuze und hellem Haar, das in dem Licht der Fackeln schimmerte. Er hob eine blasse Hand, und das Licht funkelte auf einem Ring mit einem Edelstein. Indaro konnte wegen der Helme und Federbüsche darauf, die vor ihr nickten, kaum etwas erkennen, aber ihr lief ein Schauer über den Rücken, als sie sich auf die Zehenspitzen stellte und sich fast den Hals verrenkte, um ihn zu sehen. Der Kaiser senkte den Kopf und verschwand in der Kutsche. Dann schlug die gepanzerte Tür zu, und der Trupp setzte sich in Bewegung.
Indaro erkannte, dass die Leibwache des Kaisers von erheblich mehr regulären Soldaten flankiert wurde, vielleicht von Hunderten. Man hatte ihr oft Arroganz vorgeworfen, jetzt jedoch fragte sie sich unwillkürlich, welchen Unterschied zwei Wildkatzen in diesem wogenden Meer aus Rüstungen und Waffen wohl machten. Sie sah zu Broglanh hinüber und merkte, dass er sie beobachtete. Dann grinste er sie an, eindeutig entzückt. Sie wusste, wie er sich fühlte. Sie kamen voran, sie hatten eine klar definierte Aufgabe, und sie waren, wenn auch nur für einen Tag, von dem Massaker auf dem Schlachtfeld befreit.
Sie ritten im Trab und in geschlossener Formation durch den grauen Morgen nach Nordwesten. Indaro sah den Mondschatten über den gepanzerten Rücken des Soldaten vor ihr tanzen. Links neben ihr ritten Soldaten mit aufgesetzten Kapuzen. Sie fühlte sich eingeengt, als würde sie selbst eskortiert, und fragte sich, wie weit sie wohl reiten musste und ob sich die Reihen auf dem Ritt allmählich auseinanderzogen. Es kam ihr irgendwie unwirklich vor, dass sie nur ein paar Pferdelängen hinter dem Kaiser ritt, dem Unsterblichen. Ihr schoss die Frage durch den Kopf, ob er in Fahrtrichtung blickte oder ob er so saß, dass er durch die fensterlose Wand der Kutsche in ihre Richtung sah. Das Gefährt wurde von einem Gespann aus zwölf Pferden gezogen. Indaro vermutete, dass die Kutsche stark gepanzert war. Trotzdem hätte sie einen Jahressold dafür gegeben, nicht in einem solchen Fahrzeug reisen zu müssen, weil man darin bei jeder feindlichen Aktion wie auf dem Präsentierteller saß. Wenn ich die Verantwortung hätte, dachte sie, würde der Kaiser auf einem Pferd am Ende reiten, mit nur zwei oder drei Leibwächtern, während ein Lockvogel mit dieser Kutsche und den Hunderten von Wächtern vorausgeschickt würde.
Die Kompanie zog sich tatsächlich auseinander, und schon bald war eine Pferdelänge Abstand zwischen ihr und dem Reiter vor ihr. Indaro konnte besser atmen. Es war mehr als ein halbes Jahr her, seit sie zuletzt geritten war. Es tat gut, einen Sattel unter den Schenkeln zu fühlen, die vertraute Bewegung zu spüren, das Knarren von Leder und das schwere Atmen der Pferde zu hören. Sie dachte zurück an den Reitunterricht, den sie als kleines Kind bekommen hatte, und an ihr graues Pony, das sie Mäuschen genannt hatte …
Sie hatte den Blick auf die glänzende Rüstung vor sich gerichtet, während sich ihr Verstand mit der Vergangenheit beschäftigte, als sie sah, wie eines der Pferde unmittelbar hinter der Kutsche sich aufbäumte und ein Geräusch wie ein Donnerschlag an ihre Ohren drang. Das Pferd stürzte schrill wiehernd auf die Seite, Blut sprudelte aus seinem Hals, und dann schleuderte eine weitere Explosion auf ihrer rechten Seite Pferde und Reiter durch die Luft wie Puppen.
Das Pferd vor ihr stockte, war vielleicht verletzt, und Indaro zückte ihr Schwert. Sie stellte sich in den Steigbügeln auf, um den Feind zu suchen. Die Kutsche des Kaisers entfernte sich so schnell wie möglich von der Gefahr, die Kutschpferde warfen sich ins Geschirr, und die Leibwächter der Vorhut umringten das Gefährt, um die Ausfälle am hinteren Ende zu kompensieren.
Dann jedoch ertönte eine noch lautere Explosion vor der Kutsche, die Reiter und Pferde in die Luft schleuderte. Panische Pferde versuchten, vor dem Lärm zu flüchten, und die große Kutsche wurde langsamer, kam zum Stehen und schaukelte stark, bis sie schließlich fast gemächlich
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