Der Moloch: Roman (German Edition)
schnappte hastig nach Luft. Sie umklammerte den Arm, der sie festhielt, holte tief Luft, trat mit den Füßen um sich, versuchte, etwas zu finden, worauf sie stehen konnte. Doch dann wurden sie und ihr Retter von einem gepanzerten Körper in Höhe der Hüften getroffen. Sie wusste nicht, ob er lebendig oder tot war, aber die Wucht des Aufpralls schleuderte sie zur Seite, erneut ins Wasser, und sie spürte, wie die rettende Hand von ihrem Kragen gerissen wurde.
Schlammiges, trübes Wasser hüllte sie völlig ein, und sie hatte keine Ahnung mehr, wo oben war. Es wurde grau in ihrem Kopf, und sie spürte, wie ihr Bewusstsein schwand. In gewisser Weise war es eine Erleichterung. Besser als ertrinken, dachte sie …
Dann registrierte der letzte bewusste Funke tief in ihrem Kopf, wie Hände ihre Schultern packten, und sie erneut aus dem Wasser zogen. Eine Stimme schrie dicht an ihrem Ohr. » Atmen, Doon, atme weiter!« Ihre Brust schmerzte, und sie war zu müde, um Luft zu holen. Die ruhige, kühle Dunkelheit war einfach zu verlockend. Schwach versuchte sie, sich von der heißen, nagenden Stimme zu befreien.
Die Zeit schien langsamer zu verstreichen, und plötzlich fand sie sich auf dem Rücken liegend wieder, während kräftige Arme sie von hinten umklammerten. Ihr Kopf war über Wasser, ihre Lunge offen und frei. Sie atmete tief und genießerisch. Eine Welle brandete über ihr Gesicht, und das Wasser lief ihr in den Hals. Sie kämpfte schwach. Aber die Arme hielten sie fest, und eine Hand legte sich stützend unter ihr Kinn, hielt sie über Wasser, als sie sicher über die Fluten getragen wurde.
Dann spürte sie plötzlich festen Boden unter den Absätzen ihrer Stiefel und suchte verzweifelt nach Halt. Die Person, die sie hielt, ließ sie los, und sie fiel hinter ihr in das flache Wasser. Sie stand am ganzen Körper zitternd auf und sah sich um. Man hatte sie zu einer kleinen Anhöhe getragen, die von zwei flachen grauen Felsbrocken gekrönt wurden. Und sie war umringt von einem Haufen halb ertrunkener, klatschnasser Krieger, die ihre Rüstungen, ihre Waffen und ihre Kraft verloren hatten.
» Alles in Ordnung?«, fragte sie jemand.
Sie sah sich um. Es war der rotbärtige Nordländer, der sie so herablassend behandelt hatte, weil sie eine Dienerin war.
» Hast du mich gerettet?«, fragte sie finster.
» Ich habe gesehen, wie Indaro dich aus dem Wasser gezerrt hat, aber dann seid ihr beide wieder untergegangen. Ich hab gesehen, dass du nicht schwimmen konntest.«
Sie mochte ihn immer noch nicht, obwohl er ihr das Leben gerettet hatte.
» Danke«, sagte sie und bemühte sich, es einigermaßen aufrichtig klingen zu lassen. Dann sah sie sich um. » Wo ist Indaro?«
» Ihr geht es gut. Sie ist da drüben.« Er deutete nach Westen, wo sie Indaro sah, die neben einem verletzten Krieger kniete. Als Doon ihr zuwinkte, nickte Indaro.
Der Nordländer wandte sich ab. » Wo ist dein Freund?«, fragte Doon ihn.
» Weiß ich nicht. Ich werde nach ihm suchen.«
Jetzt bemerkte sie, dass sein Arm blutete. » Du bist verletzt«, stellte sie fest.
Er warf einen Blick auf die Verletzung und zuckte mit den Schultern.
» Ich helfe dir, deinen Freund zu suchen.« Jetzt wollte sie ihm unbedingt helfen.
Er zuckte erneut mit den Schultern und nickte dann. » Er hört auf den Namen Malachi.«
» Wie ist dein Name?«
» Staker.«
Der Regen hatte aufgehört, und das Wasser ging zusehends zurück. Sie vermutete, dass der Fluss wieder in sein Bett zurückweichen würde. So weit sie blicken konnte, sah sie zusammengekauerte, tote und halb tote Krieger, von denen viele verwundet waren und die meisten durch die Stärke und Wildheit der Flut desorientiert waren. Leichen von Männern, Frauen und Pferden trieben in den tieferen Fluten, allesamt Richtung Norden, zurück zum Fluss. Zwischen ihnen kämpften Soldaten verzweifelt darum, sich in Sicherheit zu bringen. Die Anhöhe, auf der Doon stand, wurde rasch immer voller. Wer überlebt hatte, war über und über mit Schlamm bedeckt, und die meisten waren verletzt. Es war fast so schlimm wie nach einer Schlacht.
Doon bahnte sich einen Weg zwischen Lebenden und Toten hindurch, blickte in Gesichter und versuchte, den Nordländer Malachi zu finden. Es war schwer, irgendjemanden unter den Schlammschichten zu erkennen, und sie fragte sich, ob sie Malachi erkennen würde, wenn sie ihn sah. Sie erinnerte sich daran, dass er kurzes graues Haar hatte und die nordländische Variante der roten
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