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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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was ein weiterer Tag bringen würde. Vielleicht Verstärkung von der Cité, vielleicht die Nachricht, dass eine andere Kompanie in der Nähe und bereit war, sich mit ihnen zusammenzuschließen. Fell ahnte jedoch, dass seine Entscheidung sie wahrscheinlich alle zum Tode verurteilt hatte. Ein trostloser Gedanke. Aber er konnte nicht so viele Verwundete zurücklassen.
    Dann war ihm, als hellte sich die Dunkelheit etwas auf. Er blinzelte den Schlaf aus den Augen und sah genauer hin. Ja, dachte er, ein neuer Tag bricht an.
    » Garvy.«
    » Ser.« Die Stimme war nah, auch wenn sie schmerzverzerrt klang. Garvy hatte sich die Schulter ausgekugelt. Man hatte sie wieder eingerenkt und ihm den Arm fest an die Brust gebunden, aber es war sehr unwahrscheinlich, dass er hatte schlafen können.
    » Wie geht’s der Schulter?«
    » Gut, Ser.«
    » Gib mir die Zahlen.«
    Er hörte, wie Garvy vorsichtig aufstand. Und als wäre das eine Erlaubnis gewesen, hörte er plötzlich von überallher Geräusche. Seine Soldaten regten sich, husteten, spuckten und stöhnten, als sie erwachten und sich dem neuen Tag stellten. Einige stöhnten, und er hörte Schmerzensrufe. Für die Verwundeten war es ein schlechter Tag. Nur elf unverletzt, dachte er. Vielleicht helfen uns die Götter von Eis und Feuer ja heute.
    » Ser?«
    » Ja.« Er kannte die Stimme nicht.
    » Jonas ist tot, Ser.«
    » Sag das Garvy. Er führt Buch.«
    Schon bald konnte er Umrisse vor dem helleren Horizont erkennen. Der Himmel war jetzt samtblau, und er sah rosa und rote Streifen im Osten. Er tastete herum und fand den Wasserschlauch neben sich. Er nahm einen tiefen Schluck. Dann fand er den geborgten Brustpanzer, stand auf und strich seine schlammbedeckte Uniform glatt. Garvy tauchte neben ihm auf. Er konnte die weiße Bandage sehen.
    » Heute Nacht sind vierzehn gestorben.«
    » Leg die Leichen den Feinden in den Weg.«
    » Ser?«
    » Die erste Angriffswelle stolpert im Dunkeln vielleicht über sie. Und schaff die restlichen Verwundeten zwischen die Felsen. Irgendwelche Deserteure?«
    » Nein, Ser.«
    Trotz ihrer Lage war Fell stolz auf seine Leute. Kein einziger war desertiert. Jeder Soldat hatte sich entschlossen, zu bleiben und zu kämpfen, für seine Freunde zu kämpfen, statt klammheimlich in der Nacht zu verschwinden.
    Er nickte kurz, weil er seiner Stimme nicht traute, und Garvy entfernte sich. Schon bald kam Leben in das Lager, als die Leichen dorthin getragen wurden, von wo die Feinde angreifen würden, und die überlebenden Verwundeten zwischen die Felsen und hinter die Mauer der restlichen Kämpfer gebracht wurden, wo sie dicht nebeneinandergelegt wurden.
    Fell räusperte sich den Staub aus der Kehle. » Wildkatzen. Esst und trinkt, wenn ihr könnt. Sie werden uns schon bald angreifen.«
    Es gab keine Befehle, die er ihnen hätte geben können. Überlebt, wenn ihr könnt. Kämpft bis zum Tod, wenn ihr es nicht könnt. Aber es war sinnlos, das jemandem zu sagen. Er nahm sein Schwert und fuhr mit dem Daumen über die Schneide. Sie war stumpf und schartig.
    Er hörte hinter sich den Schrei einer Frau unter den Verwundeten und dachte an Indaro. Das letzte Mal hatte er sie gesehen, als sie zwei verletzte Soldaten verteidigte, die treue Doon an ihrer Seite. Sie hatte keinen Helm aufgesetzt, und ihr rotes Haar schimmerte wie geschmolzenes Kupfer im Sonnenlicht. Ihr Gesicht war ruhig und konzentriert; es verriet weder Zweifel noch Furcht. Für ihn war sie die schönste Frau, die er je gesehen hatte. Wenn ich dass hier überlebe, dachte er …
    » Sie kommen!«, schrie eine Stimme, gepresst vor Furcht. Der neue Tag begann.
    Wenigstens kamen sie nicht mit Kavallerie. Dafür war Fell dankbar. Vielleicht hatten die Blauhäute alle ihre Pferde oder Reiter in der Flut verloren. Oder aber, was wahrscheinlicher war, die Kavallerie war mit einer wichtigeren Mission beschäftigt, als sich damit aufzuhalten, eine kleine Gruppe von roten Nachzüglern auszulöschen. Bedeutete das, dass der Rest ihrer Armee noch irgendwo kämpfte? Fell hoffte es. Denn wenn die Dritte Maritime vernichtet worden war, war die Cité nach Süden und Osten sehr angreifbar.
    Der Feind verschwendete auch keine Zeit mit leichter Infanterie. Da der Boden jetzt wieder trocken war und unter der Sonne rasch härter wurde, schickten sie schwere Infanterie, die von den riesigen dunkelhäutigen Männern aus den Wäldern Mulans angeführt wurden. Sie waren vom Kopf bis zu den Knien mit dickem Metall gepanzert. Die

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