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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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dass Frauen zu wertvoll waren, um sie den Feinden zum Üben vorzuwerfen, bevor sie es dann mit richtigen Soldaten zu tun bekommen.«
    Sie saß ruhig da und spürte den brutalen Gefühlen nach, während er die Vergangenheit beschwor.
    » Eine Frau sollte ein sicherer Hafen für einen Mann sein«, sagte er leise. » Eine Schale mit Getreide, ein Krug Wasser, eine weiche Decke vor einem offenen Feuer.«
    Sie spürte, wie der Ärger in ihr aufstieg, aber sie äußerte ihre Verstimmung nicht. Und trotz der beleidigenden Worte staunte sie darüber, dass er so vertraulich mit ihr redete.
    Eine Weile lang saßen sie in kameradschaftlichem Schweigen nebeneinander. » Mein Vater war kein Verräter.«
    » Deine Worte sind wertlos. Du würdest ihn sowieso verteidigen, ob er nun ein Verräter wäre oder nicht.«
    » Er ist mein Vater. Sein Blut fließt durch meine Adern. Ja, du hast Recht. Aber du würdest deinen eigenen Vater auch verteidigen, Ser.«
    Er schwieg eine Weile und starrte nach Osten. » In meinen Adern«, sagte er schließlich, » fließt nur das Blut von Fremden.« Er deutete in die Richtung, in die er blickte. » Sieh nur. Garret hat Vögel kreisen sehen. Ich dachte, es wäre eine Wolke, aber es ist eine Wolke aus Vögeln. Eine große Wolke. Und sie kommen hierher. Aasvögel wachen über Leichen.«
    » Aber Leichen bewegen sich nicht.«
    » Diese Vögel verfolgen auch die Verwundeten. Vielleicht verwundete Gefangene, viele verwundete Gefangene.«
    » Die Maritime, die mit verletzten Feinden zurückkehrt?«
    Er sah sie wieder an, und seine Augen waren so trostlos wie ein Meer im Winter. » Es gibt keine Maritime mehr, Indaro. Die Armee wurde vernichtet. Wir sind vielleicht die Einzigen, die überlebt haben.«
    Sie saß noch wie vom Donner gerührt da, als er die anderen weckte. Kurz darauf marschierten sie erneut durch den frühen Morgen.
    Sie konnten die Mauern der Cité bereits sehen, als Queza starb. Indaro ging neben der Bahre, als die Frau einen kleinen Seufzer ausstieß, als hätte sie endlich eine schwere Entscheidung getroffen. Furcht durchströmte Indaro, als sie den beiden Trägern befahl, stehen zu bleiben. Sie gehorchten, geduldig wie Zugpferde, während sie nach dem Puls der Frau tastete. Aber das schwache Flackern war erloschen. Die Frau war tot, obwohl ihr Körper noch warm war von der Erinnerung an Leben. Die Männer stellten die Bahre ab, und sie gingen weiter. Queza überließen sie den Aasgeiern.
    Das rhythmische Trommeln donnernder Hufe hinter ihnen war das Letzte, was Doon hören wollte.
    Sie ging neben Staker. Fell und Indaro gingen voraus, und Garret bildete die Nachhut. Von Zeit zu Zeit blieb Fell stehen und wartete, bis Staker ihn einholte. Doon fragte sich, wie lange der Nordländer noch weitergehen konnte; er musste alle Kraft aufbieten, um sich mit dieser Krücke voranzuquälen. Und es wunderte sie auch, dass Fell nicht begriff, dass es besser wäre, den verletzten Mann vorausgehen und das Tempo vorgeben zu lassen, als immer wieder vorauszueilen und dann mit kaum verhohlener Ungeduld wieder auf ihn zu warten. Indaro und er geben wirklich ein schönes Paar ab, dachte sie. Diese Frau kann auch auf nichts und niemanden warten.
    » Ich frage mich, worüber sie reden«, sagte sie leise zu Staker. Sie erwartete nicht wirklich eine Antwort.
    Aber nach ein paar weiteren mühsamen Schritten fragte er: » Ist dein Kommandeur ein Schwertmeister?«
    » Du hast ihn selbst kämpfen sehen.«
    » Das habe ich nicht gemeint.«
    Sie zuckte mit den Schultern. » Ich weiß es nicht. Es gibt immer Gerüchte. Man kann sie glauben oder nicht. Angeblich hat er irgendwo eine Frau und ein Kind.«
    » Wir alle haben irgendwo eine Frau und ein Kind.«
    » Sprich gefälligst für dich selbst. Aber er hat kein Interesse an Indaro. Ich glaube, er mag sie nicht einmal.«
    Der Mann blieb stehen und starrte sie ungläubig an. » Dieser Schlag auf deinen Arsch hat offenbar dein Gehirn durcheinandergerüttelt«, schnaubte er verächtlich und ging weiter.
    Doon hatte keine Zeit mehr, lange darüber nachzudenken, denn das Donnern der trommelnden Hufe machte jedem müßigen Gedanken ein Ende. In den letzten Stunden hatte Doon ihrer Hoffnung Nahrung gegeben. Dass sie vielleicht überleben und die Cité erreichen würden; dass sie alle, sogar Staker, überleben und weiterkämpfen konnten. Diese Hoffnung wurde innerhalb eines Herzschlags ausgelöscht, als sie sich umdrehte und das silberne Banner einer feindlichen

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