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Der Monat vor dem Mord

Der Monat vor dem Mord

Titel: Der Monat vor dem Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Beispiel die Sache mit den Frauen. Menschen dachten nun einmal so etwas, er fand das nicht absurd. Natürlich würde Marias Tod zunächst Unannehmlichkeiten mit sich bringen. Man war ein wenig bequem geworden mit der Zeit. Das Essen stand immer auf dem Tisch, immer gab es saubere Unterwäsche. Die Ehe war eine Sache für die Bequemlichkeit. Man konnte sie aus vielen Perspektiven betrachten, aber bequem war eine Ehe letzten Endes immer. Jedenfalls eine Ehe mit einer Frau wie Maria.
    Er rasierte sich sorgfältig und malte sich aus, was die nächste Woche bringen würde. Er würde viel Arbeit haben. Ocker auch. Denn er wollte Ocker dabei haben, wenn er daranging, die Tierchen zu töten. Ocker würde ihm mächtig einheizen mit seinen schmutzigen Witzen, und vielleicht kam ihm dabei eine Idee, wie man sich amüsieren könnte.
    Horstmann lächelte zaghaft. Es war schon großartig, eine Zukunft zu haben und genügend Intelligenz zu besitzen, seine eigene Familie glatt und schmerzlos zu vergessen.
    Das konnte man zunächst einfach dadurch erreichen, indem man die Probleme der Frau, der Tochter und des Sohnes einfach nicht zur Kenntnis nahm. Das half schon sehr viel, das war ein enormer Fortschritt. Er dachte belustigt: Von heute an bin ich Untermieter in dieser Familie hier. Sie gehen mich alle nichts mehr an.
    Im Labor war es kühl und still. Nur Bachmann, der Junge, war schon da, der so eifrig sein Praktikum betrieb, als steuere er direkt auf einen Nobelpreis zu.
    »Ich brauche noch ein paar Kiefernfresser«, sagte Horstmann. »Und besorgen Sie bitte einen Haufen Kiefernzweige. Rufen Sie doch mal im städtischen Forstamt an oder so!«
    »Natürlich«, sagte Bachmann. »Haben Sie schon eine Idee?«
    »Nicht die Spur«, murmelte Horstmann, »aber irgendetwas wird schon dabei herauskommen.« Er hatte nicht mehr die Zuversicht, die beim Rasieren in ihm gewesen war. Vielleicht war es doch nicht so einfach, eine Familie so zu behandeln, als existiere sie nicht. Es war schlecht möglich, die Kinder einfach vorbeilaufen zu lassen. Und immerhin bestand die Möglichkeit, dass Sabine noch einmal mit ihm sprechen wollte.
    Wie üblich kam Ocker mürrisch herein. Er hatte wahrscheinlich zu Hause noch mehr getrunken und einen Kater.
    »Morgen.« Er kratzte sich an der Stirn.
    »Guten Morgen«, sagte Horstmann. »Ich muss mit dir sprechen.«
    »Erzähl mir einen Witz«, sagte Ocker. »Mehr schaffe ich heute morgen nicht.«
    »Nein, nein«, sagte Horstmann. »Es geht um diese Würmer da. Hast du die Zelle am Kopfende gesehen? Dieses graue Ding, das so aussieht wie ein Gehirn oder wie ein Herz?«
    »Habe ich«, sagte Ocker und fuhr quengelnd fort: »Sag mir bloß nicht, ich soll heute arbeiten.«
    Horstmann grinste. »Nur ein bisschen«, sagte er. »Du bist doch so ein kleiner Einstein, was diese Zellen anbelangt. Mach mir ein paar Analysen von dem Ding. Ich möchte wissen, aus was dieses vermaledeite Hirnchen besteht.«
    »Heiliger Vater!« Ocker griff sich mit einer übertriebenen Geste an den Kopf. »Willst du vielleicht wieder mal einen Nonstopflug veranstalten?«
    Nonstopflug nannten sie eine bestimmte Arbeitsweise, die darauf hinauslief, ohne Pause an einem Problem zu arbeiten, bis es erledigt war.
    »Ich kann’s versuchen«, sagte Ocker matt. »Aber ich besorge mir erst was zu trinken.« Unter normalen Umständen undbei einem anderen Partner hätte er mit einem entschiedenen Nein geantwortet, aber es war dumm, Horstmann einen Korb zu geben. Horstmann erreichte fast immer, was er wollte. Und er teilte seinen Erfolg. Und Ockers Gehaltsverbesserungen waren regelmäßig die Folge einer Zusammenarbeit mit Horstmann gewesen. Deshalb gab er nach.
    »Trink ein Bier, mach deine Mikroskope zurecht und all das Zeugs, was du brauchst.« Horstmann stand am Fenster und sah hinunter auf die Straße. Es war wirklich wichtig, das Problem der Kiefernfresser zu erledigen. Denn er wollte das Geld.
    In den ersten Tagen ihrer Versuche, die sie mit beinahe kindlicher Hetze vorantrieben, geschah nichts. Sie arbeiteten durchschnittlich von morgens um sieben mit einer kurzen Mittagspause bis abends gegen neun oder zehn Uhr.
    Diese ersten Tage waren die Tage Ockers, denn er versuchte mit allen zur Verfügung stehenden Methoden, die Zelle am Kopf der Würmer anzuschneiden und brauchbare Analysen der Masse zu finden. Das gelang nicht.
    Ocker war verzweifelt. »So etwas Dämliches. Seit wann flutscht einem eine Zelle förmlich durch die Finger? Wenn es eine

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