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Der Monat vor dem Mord

Der Monat vor dem Mord

Titel: Der Monat vor dem Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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glücklich, glaube ich.«
    »Ich weiß nicht recht.«
    »Sicher ist sie das«, sagte Sabine. »Sie muss die Geschichte erst einmal verdauen. Ich müsste zwanzigtausend Mark auch verdauen. Du bist ein irrer Typ. Mit dir möchte ich mal eine Reise machen.«
    »Wieso das?«, fragte er.
    »Nur so«, sagte sie. »Ich fange an, dich zu mögen.«
    »Das klingt gefährlich.« Er lächelte.
    Er verließ das Haus gegen halb neun. Wie immer trug er seine Aktenmappe bei sich. Er fuhr schnell die Strecke bis zu Ockers Wohnung, klingelte und ging hinauf.
    Ockers Frau machte auf, eine Frau mit sehr viel Busen, einem Hang zu grellem Gekreisch und mit einer Vorliebe für schmutzige Witze ohne Pointen. Sie war genau die Frau, die zu Ocker passte. Ockers Frau sah mit einem schiefen Lächeln an Horstmannn hoch.
    »Ich will deinen Mann abholen«, sagte er.
    »Ich weiß. Ich bin sauer.«
    »Wir arbeiten schnell«, sagte Horstmannn beruhigend. Und weil er in dieser Wohnung und bei diesen Leuten instinktiv immer direkt und ohne jede Scheu war, setzte er hinzu: »Du kriegst ihn noch früh genug in dein Bett.«
    »Wenn er nach Hause kommt, schlafe ich, oder ich bin im Tran. Dann ist man nicht gut für sowas«, sagte sie mürrisch. Sie versuchte nicht einmal, ihre Begierde zu verschleiern, und Horstmann fand das großartig, Er sagte: »Ist er noch in der Badewanne?«
    »Sicher. Er macht sich so fein, als wolltet ihr einen Luxuspuff besuchen oder eure Sekretärinnen verführen.
    »Er ist doch eitel«, sagte Horstmann,
    »Ja«, antwortete sie verächtlich. »Aber warum müsst ihr denn arbeiten?« Es war so einfach: Sie wollte ihren Mann, und sie war schlechtgelaunt, weil sie ihn nicht bekommen konnte. Jetzt und diesen ganzen Abend lang. »Magst du ein Bier? Oder einen Schnaps?«
    »Vielleicht einen Schnaps«, sagte Horstmann und setzte sich auf das Sofa. Alles in dieser Wohnung war streng nach geraden Linien geordnet, und alles wirkte kitschig. Alles atmete Ocker.
    Horstmann beobachtete Ockers Frau, wie sie Schnaps in zwei kleine Gläschen füllte. Sie trug einen weißen Küchenkittel, und als sie sich bückte, sah Horstmann, dass sie darunter nackt war. Er lächelte und konnte sich sehr gut vorstellen, wie es gewesen sein musste. Wahrscheinlich hatte sie ihn verführen wollen, und er hatte ihr nicht rechtzeitig gesagt, dass er noch einmal ins Werk gehen müsse.
    »Sei nicht sauer«, sagte er. »Ich bring ihn dir so schnell wie möglich wieder.«
    »Schon gut.« Sie trank den Schnaps. »Es ist nur so, dass ich ihn beinahe so weit hatte, dich anzurufen und abzusagen. Aber er hat es natürlich nicht getan. Manchmal sollte man meinen, ihr seid beide schwul.«
    »Du bist schon ausgezogen«, sagte Horstmann. Es konnte so schön einfach sein, mit einfachen Leuten über einfache Dinge zu sprechen.
    »Eben hatte ich noch nicht mal den Kittel an«, meinte sie. »Aber das war eben. Willst du ein Bier?«
    »Lieber noch einen Klaren«. sagte Horstmann. »Ich finde es gut, wenn ein Ehepaar nach so vielen Jahren Ehe noch so prima zusammen ist.«
    »Es ist nicht immer einfach«, sagte sie, »aber man muss es nur wollen. Es gibt Tricks.«

10. Kapitel
    Horstmann war begierig, in Einzelheiten zu gehen, aber er glaubte, Ockers Frau zu kennen. Sie würde sich hüten, vor dem Horstmann irgendwelche Einzelheiten über ihr Eheleben preiszugeben. Einen Augenblick lang hatte er das Empfinden, dass das auch undiplomatisch wäre, aber dann kam Ocker herein und veränderte die Situation schlagartig. Er war nackt.
    »Du bist wohl verrückt«, sagte seine Frau.
    »Warum?«, fragte Ocker.
    »Glaubst du, Horstmann hat noch keinen nackten Mann gesehen?«
    »Doch, das habe ich«, sagte Horstmann und lachte.
    Ockers Frau lachte auch, aber es klang gepresst. »Was suchst du denn?«
    »Schwarze Socken.«
    »Warte, ich habe welche im Badezimmer.«
    Sie verschwanden beide und ließen die Türe hinter sich zufallen. Horstmann goss sich noch einen Schnaps ein und hörte auf die Geräusche, die sie machten. Zuerst wurde irgendeine andere Tür geöffnet und geschlossen, dann lachte Ocker, und seine Frau stieß einen hellen, lustigen Schrei aus. Dann schlug wieder eine Tür. Es hörte sich so an, als jagten sie sich. Horstmann hoffte, dass es bald vorbei sein möge. Er trank noch etwas von dem Schnaps. Dann war es sehr still.
    Horstmann hielt den Kopf gesenkt, obwohl er vollkommen allein war. Er fürchtete plötzlich die Konfrontation mit den Ockers. Und er ahnte, dass sie ihn glatt und

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