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Der Monat vor dem Mord

Der Monat vor dem Mord

Titel: Der Monat vor dem Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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kompromisslos zu irgendwelchen Spielchen einladen würden. Sie standenauf dem Standpunkt, das sei der Gesundheit zuträglich und erhalte den Menschen jung. Sie pflegten das häufig zu betonen. Ocker hatte einmal gesagt: »Weißt du, wenn Maria nicht da wäre, sondern eine, die ein bisschen anders ist, aufgeschlossener, weißt du, nicht so ein scheues Reh wie deine Alte, dann könnte man schon auf manche gute Idee kommen. Wir haben ziemlich viele gute Ideen.«
    Und jetzt stand Ocker wieder nackt in der Tür und grinste. Er sagte: »Komm mal her, Doktorchen!«
    Horstmann sagte scharf: »Wir wollen doch arbeiten.«
    »Ja, ja«, sagte Ocker. »Komm doch mal her!«
    »Nein«, sagte Horstmann heftig.
    Ocker versuchte offensichtlich, irgendeine Erklärung zu finden, aber dann erschien es ihm sinnlos. »Ich komme«, sagte er.
    »Ich gehe und warte im Wagen«, sagte Horstmann. »Aber beeile dich gefälligst.« Er nahm im Korridor die Aktenmappe und lief hinaus. Seine Schuhe verursachten auf den glatten Steinstufen der Treppe einen mörderischen Lärm.
    Ocker lotste Horstmann in eine Gegend, von der bekannt war, dass dort besonders viele Amerikaner waren, die ein Mädchen suchten, es nahmen, bezahlten und wieder gingen. Die Tanzlokale und Kneipen hatten Namen wie »The Corner« oder »Lilly’s Club« oder »Red Sky«. Horstmann kannte diese Gegend flüchtig. Er hatte einmal einen Besucher des Werkes nach einem Abendbummel hierhergefahren und ihm erklärt, dies sei das Viertel, in dem die amerikanischen Truppen, von denen es in der Frankfurter Gegend sehr viele gibt, das deutsche Gretchen kaufen könnten.
    »Typische Soldatenpuffs«, hatte Horstmann erklärt. »Aber die Jungens müssen natürlich ihre Kraft loswerden.«
    »Sie kennen das wohl genau?«, hatte der Besucher gefragt, ein Mann aus Tel Aviv mit einem sehr klugen und resignierten Gesichtsausdruck.
    Horstmann hatte nicht widerstehen können. Etwas prahlerisch hatte er gesagt: »Man kann nicht seine Augen verschließen, sich die Hand vor den Mund halten und sich Wachs in die Ohren gießen. Man muss das kennen, wenn man dieses Leben kennen will.« In Wirklichkeit hatte er niemals in diesen Straßenzügen ein Bier getrunken, geschweige denn ein Mädchen gehabt.
    Jetzt sagte er: »Das sind doch alles Ami-Nutten hier. Was soll ich mit so einer, die jede Woche zum städtischen Gesundheitsamt muss?« Er war empört.
    Ocker grinste und sagte: »Warte doch ab. Du weißt doch gar nicht, wohin ich will.«
    Die Straße, in die sie jetzt fuhren, war sehr dunkel. Wahrscheinlich funktionierten die Bogenlampen nicht. Es gab einige Häuser, und dann stand dort ein Schild: »Zur Kiesgrube.« Die Straße hörte auf, eine Straße zu sein, sie war ein Feldweg.
    »Hier ist die Welt zu Ende«, sagte Ocker zufrieden, »aber fahr nur weiter.«
    Horstmann steuerte den Wagen sehr eng an einem Kornfeld vorbei. Der Feldweg mündete schließlich auf eine schmale Straße, die vollkommen ohne Häuser war.
    »Rechts«, sagte Ocker.
    Nach einer Weile tauchte ein Gebäude auf, das schwach beleuchtet war. Es sah aus wie eine Kneipe aus der Jahrhundertwende. Es standen viele Autos da, einige deutsche und einige amerikanische und italienische Fabrikate. Es waren alles teure Wagen. Über der Tür des Lokals hing ein mattgrünes Schild, darauf stand »Billy’s Place in the Village«. Es warein Olivgrün und wirkte sehr solide und gar nicht marktschreierisch.
    Ocker stieg aus und ließ die Wagentür zufallen. Er sagte: »Das war früher mal ein amerikanischer Offiziersclub. Dann war er eine Weile geschlossen, weil die Militärpolizei irgendwelche Schweinereien aufdeckte. Ich glaube, es war so eine Art Theater. Irgendeine Frau schlief mit irgendeinem Mann auf der Bühne, und alle durften zugucken. Woher der Name stammt, weiß ich nicht. Jetzt gehört es einer Deutschen. Sie heißt Karin, es wird gesagt, sie sei Philosophiestudentin gewesen, aber sie spricht nicht darüber. Sie sieht toll aus, und sie hat viel mit Männern. Hier gibt es die Frauen, die du haben willst.« Er setzte ein mattes »hoffentlich!« hinzu, als habe er Angst, alles könne schieflaufen und er würde Horstmann enttäuschen. Es war wirklich schwer, sich bei Horstmann auszukennen.
    »Was sind das für Frauen? Gewerbsmäßige?«
    »Nicht eine«, sagte Ocker. »Karin lässt so was nicht in ihren Stall. Es sind meistens Studentinnen oder junge Frauen, die geschieden sind oder noch verheiratet mit einem Mann, der nichts taugt.« Ocker

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