Der Mond bricht durch die Wolken
diesen Miniaturen, die Straße also querend, ist eine Art Flechtwiege aus dickem, viellitzigem Draht gespannt. Darin ruhen die massiven Leitungen, die (bis auf eine einzige) von den Anschlüssen des Pissers gelöst worden sind, und deren Enden nun, wahllos zusammengerollt, wie große, sich in der Sonne aalende Blindschleichen auf dem Gras in der Nähe der gespreizten Beine des Pissers liegen.
Auf der burrafordschen Seite all dieser Hindernisse steht der E-Werk-Lastwagen, den Fen und der Major vorher gesehen hatten. Man kann feststellen, daß er reich ausgestattet ist bis hin zu einem Funkgerät.
Aber die Dinge stehen nicht gut, und das Funkgerät kann nichts beitragen. Das diagnostiziert jedenfalls Goodey, der dritte des Quartetts. Goodey ist, wie man sich erinnern wird, der Angler, der am Ufer des Burr das traumatische Erlebnis hatte, beim Dösen von Rouths abgetrenntem Kopf, oder, um genauer zu sein, von dem improvisierten Floß angestoßen worden zu sein, auf dem dieses gräßliche Memento mori festgenagelt war. Er hat inzwischen jedoch Zeit genug gehabt, sich von diesem furchtbaren Weckverfahren zu erholen. Demzufolge hat er sich wieder seiner normalen Hauptbeschäftigung zugewandt, die, vom Angeln abgesehen, darin besteht, anderen Leuten bei der Arbeit zuzusehen. Und dabei übernehmen eindeutig die beiden Techniker die Hauptrollen. Der vierten anwesenden Person, obschon sie in einer gewissen Beziehung tätig ist überdies mit kaum einer Überlegungspause – fehlt in Goodeys Augen das erfreuliche Charisma intensiver Muskelbetätigung; mehr noch, die Art seiner Zugehörigkeit zu den Technikern, obwohl offenkundig vorhanden, ist schwer zu definieren. Er ist ein hochgewachsener Mann in hohen Gamaschen; seine Kleidung und allgemeine Haltung deuten an, daß er gesellschaftlich etwas über den beiden anderen steht; er hält einen großen Pappdeckel in der Hand, dessen Federklammer vor Papieren beinahe birst. Vieles von dem Papier ist beschrieben, und es hängt über den Pappdeckel herab, aber ein beträchtlicher Stapel bleibt jungfräulich, und darauf schreibt der Gamaschenträger eifrig mit einem silbernen Kugelschreiber. Er ist also eine Art Aufseher, eine Art Vorarbeiter, und seine Tätigkeit besteht darin, die am Pisser geleistete Arbeit festzuhalten, die Emsigkeit ihrer Verrichter oder den Unfleiß ihrer Verrichter, die Triumphe, die sie von Zeit zu Zeit erzielen mögen, und dergleichen mehr. Ja; aber hier verwandelt sich Goodeys Interesse in Verwirrung. Der Gamaschenträger schreibt doch gewiß viel mehr, als für diese schlichten Ausführungen ausreichend wäre? Im Herbstsonnenschein glitzernd, gleitet sein Kugelschreiber mit der Schnelligkeit eines Webschiffchens einer Spinnmaschine von links nach rechts über die Seite. Er erreicht das Ende einer Zeile; blitzschnell zuckt er zurück, eine Zeile tiefer, zum Anfang der nächsten – und mit unverminderter Schnelligkeit wiederholt sich das Ganze. Nun ist der Gamaschenträger zum Ende seiner Seite gekommen; er blättert um und beginnt augenblicklich mit dem nächsten Blatt. Also kaum ein amtlicher Bericht, obwohl solche Produkte außerordentlich umfangreich zu sein pflegen. Goodey, wenngleich infolge Faulheit nicht zu einer Arbeit zu vermitteln, ist keineswegs ungebildet. Möglicherweise, so mutmaßt er, vertreibt sich der Gamaschenträger seine Zeit mit der Komposition eines großen, panoramischen Romans, etwa nach Art von >Little Dorrit< oder >Krieg und Friedens Jedenfalls macht es nicht lange Spaß, ihn zu beobachten, und Goodeys Blick kehrt zu den beiden Technikern zurück.
Sie befinden sich jetzt beide auf Pissers Seite der Straße, noch immer vergeblich um eine Art Windenmechanismus bemüht, der durch eine Trosse vom Mini-Mast zum näheren Ende der Drahtwiege verbunden ist. Die Wiege ruckt und zuckt unter ihren gemeinsamen Bemühungen, blockiert aber weiterhin störrisch die Durchfahrt. Goodey tun die beiden sehr leid. An einem so heißen Morgen muß es ärgerlich sein, sich so sehr anzustrengen und so geringen Erfolg zu ernten. Goodey entscheidet irrigerweise, wie sich herausstellt, aber er gehört zu den Leuten, die chronisch Irrtümern erliegen – , daß vielleicht ein kleines Maß an Aufmunterung durch einen Außenstehenden tröstlich sein mag und möglicherweise die Waagschale sogar zugunsten der Werktätigen beeinflussen wird.
»Gibt’s Schwierigkeiten?« ruft er.
Der Gamaschenträger schreibt unbeirrt weiter. Die beiden Techniker lassen sich
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