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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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Dickinsons hatte, legte auf, schaute auf die Uhr und sah, daß er sich auf den Weg machen mußte, wenn er rechtzeitig zur Eröffnung beim Fest sein wollte. Er erhob sich und tätschelte Stripey zum Abschied. Stripey wurde wach und begann sofort zornig den Bauch zu lecken, wo Fens Hand ihn berührt hatte.
    »Eine akute Voraussicht der Alltagswirklichkeit«, sagte Fen, geduckt das Haus verlassend. Wem hatte der Satz gelten sollen? Egal, er paßte für fast jeden.
    Er kam an Youings’ Farm und Thouless’ Bungalow vorbei und erreichte die Einmündung seines Weges in die Straße, die von Glazebridge über Aller nach Burraford führte; das brachte den Pisser wieder in Hörweite. Plötzlich tauchte um die Biegung eine Person auf, die sich ihm rasch näherte. Es war ein großer, O-beiniger Affe, der ein knöchellanges, schwarzes Bombasin-Frauenkleid trug und eine Krickettasche schleppte. Es war der Pfarrer.
    »Wird denn maskiert gegangen?« fragte Fen, ihn aufhaltend.
    »Nein. Das ist für das Wahrsagen«, sagte der Pfarrer. »Ich bin eine alte Zigeunerin und lege in einem Zelt die Karten. Das erspart mir, die ganze Zeit herumzulaufen und mit den Leuten reden zu müssen.«
    »Ich dachte, die Kirche wäre gegen Hellseherei eingestellt.«
    »Sie kommen zuviel mit dem Major zusammen«, sagte der Pfarrer ganz freundlich. »Wissen Sie, was er tut? Er schickt mir in neutralem Umschlag ökumenische Broschüren. Glaubt, ich weiß nicht, wer sie schickt. Aber trotzdem ein sehr ordentlicher Mann, der Major, in seiner beschränkten militärischen Art. Und was er meint, hat etwas für sich.«
    »So? Was hat es für sich?«
    »Er sagt, meine anti-papistische Einstellung bringt mich in sehr zweifelhafte Gesellschaft, wie zum Beispiel in die mit diesem schrecklichen Kerl in Nordirland, und mit Cooper.«
    »Wer, um alles in der Welt, ist Cooper?«
    »Anthony Ashley Cooper. Meine Familie stimmte seinen Gedanken über Religion zu, aber sie sagte immer, der Mann selbst stinke.«
    »Sie sprechen«, sagte Fen mit Zurückhaltung, »von der Herrschaft Karls des Zweiten?«
    »Tue ich das? Ja, ich glaube schon. Die Königin war eine Portugiesin papistisch, versteht sich –, und der Herzog von York war von morgens bis abends vom Weihrauch angesäuselt. Aber ein guter Seemann. Jedenfalls, wie ich schon sagte, meine Familie hielt diesen Cooper für einen schrecklich ordinären Kerl.«
    »Dryden scheint derselben Meinung gewesen zu sein.«
    »Dryden war auch ein schrecklich ordinärer Kerl«, sagte der Pfarrer, »und ich will Ihnen noch etwas sagen: Wenn wir hier weiter herumstehen wie zwei Wachsfiguren, kommen wir überhaupt nicht zum Fest.« Sie machten sich auf den Weg. »Nein, Gott sei mit Ihnen, ich schaue nicht in die Zukunft«, sagte der Pfarrer, auf das Wahrsagen zurückkommend. »Ich gebe nur den Klatsch weiter. Harmlosen Klatsch, versteht sich«, erläuterte er. »Hübsches Kleid, nicht? Es hat meiner Großmutter gehört.« Er zog den Rock zu den Knien hinauf und unterbrach seine Schritte, um ein paar chaotische Cancan-Beinwürfe vorzuführen.
    Fen sah, daß das, was er zuerst für ein Fichu gehalten, in Wirklichkeit der Klerikerkragen des Pfarrers war.
    »Wie machen sie das mit dem Busen?« fragte er.
    »Zusammengerollte Rugbysocken.«
    »Bleiben sie oben?«
    »Zuerst nicht«, gab der Pfarrer zu. »Aber dann habe ich mir einen BH 42 gekauft, Schale C, und jetzt ist alles in Ordnung. Die Träger sind aber schmerzhaft und schneiden wie Messer in die Schultern. Kann nicht begreifen, wie die Frauen das ertragen. Aber heutzutage halten sie ihre Brüste ja mit Wachseinspritzungen oben, das liest man jedenfalls. Ich lege Hut und Schleier erst an, wenn ich beginne.«
    »Sind sie in der Krickettasche?«
    »Das und anderes«, sagte der Pfarrer. Er schien im Begriff zu stehen, sich darüber weiter auszulassen, verzichtete aber im letzten Augenblick darauf. »Der Major ist vorausgegangen, um sich umzuziehen«, sagte er statt dessen. »Er tritt bei solchen Gelegenheiten gern ein bißchen elegant auf.«
    Sie näherten sich einer Biegung des Weges, wo ein großes, handgemaltes Schild verkündete >Achtung Schlamm Vieh Kinder*. Hinter der Biegung hörten sie das Geräusch eines herankommenden Motorrads.
    »Aufpassen«, sagte der Pfarrer.
    Das Motorrad tauchte nur wenige Meter vor ihnen auf. Es wurde mit durchaus mäßiger Geschwindigkeit von einem strohhaarigen, mageren Jugendlichen in brauner Kunstlederjacke und engen blauen Jeans gesteuert. Als er den

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