Der Mond bricht durch die Wolken
vor etwa zwei Wochen, aus Familienstolz, und die Gelegenheit benutzt, um eine Schilderung von Culloden und den Folgen zu geben, und Hagberd sei von Cumberlands Spitznamen sehr beeindruckt gewesen. »Schlächter«, habe er immer wieder gemurmelt, »Schlächter, Schlächter«, bis Thouless ihn erschrocken zum Heckenschneiden zurückgeschickt habe. Angesichts dessen schien es zumindest möglich zu sein, wie Thouless jetzt zu Widger sagte, daß es Hagberd war, der für den Diebstahl dieses an sich nicht sehr wertvollen Marmorbrockens verantwortlich war.
Und dem konnte Widger zustimmen, da seit dem Vormittag die moralische Gewißheit bestand, daß Hagberd, wenn nicht des Mordes an Routh selbst, so doch der Tat schuldig war, ihn zerlegt und seinen abgetrennten Kopf in der Gegend herumgeschleppt zu haben; Hauptfaktor bei dieser Entscheidung war die Entdeckung eines Messers, einer Säge und eines Beils alle blutbefleckt, alle mit Hagberds Fingerabdrücken und sonst keinen unter einem Haufen Kohlenanzünder in einem Anbau an Hagberds Häuschen.
Der Mann selbst blieb lange Zeit unauffindbar. Nach Constable Luckrafts Ansicht, die sich zuletzt als zutreffend erwies, hatte er sich nicht versteckt oder die Flucht ergriffen, sondern war einfach irgendwo an der Arbeit; und erst um zehn Uhr wurde er endlich ausfindig gemacht und festgenommen. Inzwischen hatte er weitere Vorkehrungen für Rouths Kopf getroffen, und diese hatten sich einem abendlichen Angler mitgeteilt, einem örtlichen, nirgends vermittelbaren Arbeitslosen namens Don Goodey, der vergeblich versuchte, Forellen aus einem Nebenarm des Burr schwarz zu fischen, von dem bekannt war, daß aus ihm seit dem Jahr von Alamein nichts mehr hatte herausgeholt werden können. Über seiner Naßfliege dösend, wurde Goodey von wie er später sagte >einer Erscheinung< geweckt, und er sah, als er die Augen öffnete, ein Floß eigentlich einen Packkistendeckel vor sich, das vor seinen Füßen an das Ufer stieß; darauf lag Rouths blutverschmierter Kopf, durch lange, schräg hineingetriebene Nägel festgehalten und >wie flehend< auf Goodeys Schuhspitzen starrend. Von dieser grauenhaften Erscheinung zu entnervt, um auf das stumme Flehen einzugehen, hatte Goodey einen lauten Entsetzensschrei ausgestoßen, seine Angelrute fallen lassen und die Flucht ergriffen, um geeignete Unterstützung zu suchen. Diese war jedoch nicht in der Nähe gewesen, so daß das Floß, bis die Ermittler zum Schauplatz zurückkehrten, stromabwärts in Richtung des Zusammenflusses von Burr und Glaze verschwunden war.
Versuche, es zu bergen, wurden unternommen, aber vergebens. Nur noch einmal tauchte es kurz im Dämmerlicht auf, als es an der Molkerei in Glazebridge in Flußmitte vorbeischwamm, aber identifiziert wurde es erst später, im Rückblick. Danach ging es vermutlich entweder unter oder schwamm flußabwärts nach Glazemouth und wurde aufs Meer hinausgetragen. Jedenfalls verschwand es spurlos und wurde nie mehr gesichtet.
4
Der Ablauf der Ereignisse war also wie folgt:
Sonntag oder Montag: Cumberland-Büste aus Thouless’ Salon gestohlen.
Montag, 19.30 Uhr: Mord an Routh.
Montagnacht/Dienstagmorgen: Leiche zerstückelt und an andere Stelle gebracht, Kopf fortgeschafft. (Den ärztlichen Feststellungen zufolge hatte die Zerstückelung sechs bis zehn Stunden nach dem Eintritt des Todes stattgefunden.)
Dienstag, 6.30 Uhr: Leiche von Prance entdeckt.
Dienstag, 10.00 Uhr: Kopf in Mrs. Leeper-Foxes Eßzimmer.
Dienstag, 10.10 Uhr: Büste in Mrs. Leeper-Foxes Eßzimmer.
Dienstag, 20.20 Uhr: Kopf fleht Goodey an.
Dienstag, 22.00 Uhr: Hagberd verhaftet.
Dienstag, 22.1} Uhr: Kopf durchschwimmt Glazebridge.
Abgesehen von diesen unbestreitbaren Tatsachen jedoch von diesen und der Entdeckung von Hagberds Werkzeugen unter den Kohleanzündern war die Ernte an Beweismaterial dürftig. Hagberd war es gelungen, den ganzen Tag durch den Bezirk zu wandern, ohne öfter als zweimal bemerkt zu werden, und dies jeweils in ganz normalem, unschuldigem Zusammenhang; er hatte kein Alibi, weder für den Mord noch für das Leeper-Foxe-Debakel aber das hatten, wenn man es genau nahm, auch viele andere Leute nicht; seine Fingerabdrücke fanden sich auf der Büste, aber ebenso die von Thouless und seiner Haushälterin, Mrs. Dunwoody. Trotzdem hatte infolge der allgemein bekannten Vorurteile und Antipathien Hagberds niemand ernsthafte Zweifel daran, daß die postumen Aufmerksamkeiten, die Routh erwiesen worden waren,
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