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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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Verwunderung über diese vielfältige Reaktion auf Lings Worte wahr.
    »Ja, nun, versteht sich, natürlich«, sagte Ticehurst, als Widger sich ein wenig beruhigt hatte. »Wann sind Sie hergekommen?«
    »Fünf vor zwölf. Charles holte mich am Bahnhof ab, und wir fuhren sofort zu dem, ahm, Jahrmarkt. Dort befindet sich immer noch ein mobiler Einsatzraum, aber er bringt nicht mehr viel. Die Labors haben alles, was relevant erscheint die Zeltleinwand über der Leiche, die Bügelsäge und so weiter… Ich selbst habe bis jetzt, abgesehen vom Kopf, kaum etwas gesehen.« Und hier deutete Ling auf den Sack in der Ecke.
    Ticehursts ohnehin schon weit vorstehende Augen quollen noch stärker heraus.
    »Mein Gott«, sagte er, »das ist er doch nicht, oder?«
    »Aber sicher. Wollen Sie ihn sehen?«
    »Nein, danke, wirklich nicht. Halten Sie mich nicht für unverschämt, aber warum hat Easton ihn nicht?« Easton war der County-Pathologe.
    »Er hat ihn nicht«, antwortete Ling, »weil ich ihn mir ansehen wollte. Der Chef rief mich gestern abend in London an, ich rief Charles an und bat ihn, den Kopf hierzubehalten, bis ich eingetroffen sei. Und außerdem ist es nicht Easton. Easton hat Urlaub.«
    »Oh«, sagte Ticehurst. »Na ja, aber er hat doch Assistenten, oder?«
    »Sie sind es auch nicht. Es ist Honeybourne.«
    »Honeybourne? Nun, das ist natürlich fein und vornehm, und ich wußte, daß er hier lebt, aber ich dachte, er wäre im Ruhestand.«
    »Das ist er theoretisch auch obwohl ich glaube, daß er immer noch Forschungsarbeit betreibt. Aber er ist ein persönlicher Freund des Chefs, sehen Sie, so daß dieser ihn, da Easton nicht da ist, bat, das zu übernehmen.«
    »Finde ich recht irregulär«, meinte Ticehurst. »Die Presse wird natürlich begeistert sein. Honeybourne, der größte Gerichtsmediziner seit Spilsbury. Kann ich das den Leuten sagen?«
    »Lieber nicht, jedenfalls noch nicht gleich. Ich möchte nicht, daß er belästigt wird, bevor ich Gelegenheit habe, selbst ausführlich mit ihm zu reden.«
    »Sie sind der Boss.« Ticehurst schob sich hoch. »Und ich darf Sie nicht länger aufhalten. Aber Sie geben natürlich eine Pressekonferenz.«
    »Ja, das wird wohl besser sein. Aber nicht bevor ich mit den Zeugen gesprochen habe.«
    »Wie lange wird das dauern?«
    »Das kann ich wirklich nicht sagen. Vielleicht bis sechs Uhr.«
    »Kann ich die Konferenz also auf sechs Uhr festsetzen?«
    »Ja, gut. Um sieben Uhr muß ich bei Honeybourne sein, werde also ohnehin abbrechen müssen, ob ich fertig bin oder nicht.«
    »Also um sechs«, sagte Ticehurst an der Tür. »Bis dann.«
    Ling murmelte etwas, das für Widger verdächtig wie »Stufenweise« klang.
    »Und viel Glück.« Ticehurst watschelte hinaus.
    »Und jetzt«, sagte Ling, »fangen wir an.«
     
     
    3
     
    »Was ich möchte«, fügte er hinzu, »ist, das Ganze chronologisch anpacken. Das bedeutet, mit Mavis Trent zu beginnen. Irgend etwas Neues, seit der gerichtlichen Voruntersuchung?«
    Widger schüttelte den Kopf.
    »Nichts. Sie ist von der Hole Bridge gestürzt oder gestoßen worden. Der Coroner glaubte, sie sei von selber abgestürzt. Ich glaubte, sie sei gestoßen worden. Ich muß aber zugeben, daß meine Indizien nicht sehr stark sind. Ein billiges Herrentaschentuch in ihrer Hand, einige Spuren am Flußufer, die Unwahrscheinlichkeit, daß sie zu dieser Nachtzeit weggefahren wäre, ohne jemanden zu treffen – ich gebe zu, es ist nicht viel.«
    »Aber jetzt gibt es Scorer.«
    »Ja, jetzt gibt es Scorer.«
    »Scorer, der offenbar jemanden drohen gehört hat, wegen Mavis Trent zur Polizei zu gehen.«
    »Ja.«
    »Wann hat er das gehört?«
    »Der Pfarrer hat das aus ihm herausbekommen. Vor dem Fest.«
    »Um genau zu sein, irgendwann zur Zeit des Mordes. Des dritten Mordes.«
    »Hm, ja, das nehmen wir an.«
    »Ist es möglich, daß Scorer tatsächlich Zeuge des Mordes geworden ist?«
    »Durchaus möglich, meine ich.«
    »Unverständlich«, murmelte Ling. »Einfach unverständlich. Ist Scorer ein Schwachkopf oder was?«
    »Nicht direkt. Er ist lediglich verschlossen. Und natürlich in Panik.«
    Ling zog ein kleines dreiteiliges Metallgerät aus der Tasche und begann damit in seinem Pfeifenkopf herumzuschaben.
    »Ich werde ihn noch mehr in Panik versetzen«, sagte er. »Entscheidende Beweismittel vorenthalten guter Gott, was denn noch? Ja, den werde ich bestimmt in Panik versetzen.«
    »Es könnte natürlich auch sein, daß er jemanden deckt«, sagte Widger. »Oder daß

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