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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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eine Frau, dann eine Riesin. Dann die Stimmen: Eine davon flüsterte stets, die andere war normal (wenngleich >vornehm<), aber leise; Scorer hatte nicht erkennen können, welche von den Gestalten flüsterte, und auf keinen Fall von dem Geflüsterten etwas zu verstehen vermocht. Bei der anderen Stimme hatte er jedoch hier und dort das eine oder andere Wort auffangen können >Mavis Trents >ein Brief<, >die Polizei<.
    Diese verlockenden Andeutungen brachten Ling fast zur Verzweiflung, und er verlor ziemlich viel Zeit damit, Scorer zu größerer Ausführlichkeit zu veranlassen. Aber als der Staub sich verzogen hatte, stellte sich heraus, daß nichts weiter zutage getreten war.
    »Nun gut«, sagte Ling verstimmt. »Was geschah dann?«
    Und was dann geschah, war gewiß sensationell genug. Es hatte plötzlich eine heftige Bewegung und einen lauten Knacks gegeben, und die hochgewachsene Gestalt war zusammengebrochen.
    »Knacks!« rief Scorer bebend und fiel bei der Erinnerung fast vom Stuhl. »Un’ da lag er!«
    »Knacks? Meinen Sie einen Schuß?«
    »Nee. Eher ein’ dumpf’n Schlag.«
    »Warum sagten Sie dann nein, lassen Sie. Eher ein dumpfer Schlag. Und dann?«
    Dann war die kleinere Gestalt offenbar eine kurze Zeit stehengeblieben (und hatte sich umgeschaut, nahm Widger an, um festzustellen, ob jemand die Tat beobachtet hatte). Sie hatte sich dann über die größere Gestalt am Boden gebückt und offenbar deren Kopf untersucht. Schließlich hatte sie sie unter den Armen gepackt und in das Botticelli-Zelt gezerrt.
    Scorer war vorsorglich geblieben, wo er war; nicht einmal wilde Pferde hätten ihn näher dorthin schleppen können. Es folgte eine Pause, während der nicht viel vorzufallen schien. Dann wurde im rückwärtigen Teil des Zeltes, wo das ganze Gerümpel lag, trübes Taschenlampenlicht eingeschaltet und hin und her bewegt, als suche der Besitzer der Lampe etwas. Was immer das auch gewesen sein mochte, es wurde bald gefunden. Das Licht blieb ruhig, kurze Zeit herrschte Stille, dann wurde ein Sägegeräusch hörbar.
    An diesem Punkt war Scorer offenbar ohnmächtig geworden.
    Das erste, was er bemerkte, als er wieder zu sich kam, war, daß das Licht im Zelt zwar noch brannte, das Sägen aber aufgehört hatte; das zweite, daß ein Fenster der Wohnung des Majors hell geworden war. Eine Tür klapperte, lautes Gebell drang heraus; das Licht im Botticelli-Zelt erlosch. Das Bellen näherte sich in gleichmäßigem Tempo und deutete an, daß der Verursacher an der Leine geführt wurde.
    »‘s war der Major«, erklärte Scorer, »der mit sein’ blöd’n Spaniel spazier’nging.«
    Major und Hund waren jedoch noch ziemlich weit entfernt, als der Mann im Zelt beschloß, das Weite zu suchen. Scorer sah ihn heraustreten – aber diesmal war sein Umriß sonderbar geformt, gewölbt und mißgestaltet (Er wird den Kopf getragen haben, dachte Widger, und die Kleidung wohl auch). Scorer duckte sich. Der Schatten jedoch, der ihn nicht wahrnahm, konzentrierte sich auf den Major, der jetzt seine eigene Taschenlampe angeknipst hatte und erkennbar in seine Richtung ging. Das Bellen wurde lauter; der unförmige Schatten verschwand in der Dunkelheit. Und Scorer tat desgleichen: Er wollte vom Major nicht entdeckt werden. Davonschleichend atmete er ein wenig auf, als er ein Auto starten hörte; das mußte der Schatten sein, dachte er. Aber er litt noch immer an heftigem Zittern, als er nach Hause eilte, den Major, seine Cockerhündin Sal und das, was im Botticelli-Zelt lag, allein unter dem schwachen Sternenlicht zurücklassend.
    »Mein Gott, was für ein Zeuge!« sagte Ling, als Scorer, noch immer lautstark nach Polizeischutz rufend, von einem herbeigeholten Constable hinuntergeführt worden war. »Charles, ich nehme an, das war alles wahr.«
    »Oh, das glaube ich auch, ja.«
    »Ich meine, er hat das nicht einfach alles gesagt, um sich wichtig zu machen?«
    »Nein, nein, Eddie. Er hätte zuviel Angst vor den Folgen.«
    »Er hat den Mord also tatsächlich miterlebt. Das heißt, wenn der große Mann nicht vor dem Zelt nur bewußtlos geschlagen und im Zelt getötet worden ist.«
    »Das spielt aber kaum eine Rolle, oder?«
    »Es könnte eine Rolle bei der Mord methode spielen.«
    »Hat Sir John darüber nichts gesagt?«
    »Nein.«
    »Nun, ich bin der Meinung, daß das Opfer vor dem Zelt getötet wurde, vermutlich wie Routh.«
    »Derselbe Mörder?«
    »Anzunehmen.«
    »Oder eine Anschlußtat.«
    »Möglich… Auf jeden Fall müssen wir

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