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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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nicht. Ich nehme an, die Standbesitzer brachten selbst ihr Papier mit.«
    »Haben Sie Gelegenheit gehabt, festzustellen, wann Cobbledick sie mitbrachte?«
    »Ja. Am Freitag nachmittag.«
    Ling seufzte.
    »Sie waren also ganz zufällig da und kamen zufällig gerade recht. Nicht sehr aufschlußreich.«
    »Sie nehmen an, daß der Mord Freitag Nacht geschehen ist?«
    »Nun, es sieht so aus, nicht? Und der Kopf unmittelbar danach abgetrennt und dann… auf diese schreckliche Weise zugerichtet.« Ling strich ein Zündholz an und hielt es über die Löschunterlage diesmal seinen Äußerungen den Vorrang gewährend bis die Flamme zu seinen Fingern hinunterbrannte und ausgewedelt werden mußte. »Schade, daß die Leiche weggebracht worden ist, bevor ich sie sehen konnte«, meinte er.
    Widger unterdrückte mühsam eine neue Aufwallung des Grolls und sagte: »Anordnung vom C. C. Eddie. Ich hatte keine Wahl.«
    »Oh, ich werfe Ihnen nichts vor, alter Knabe. Wie Sie schon sagten, keine andere Wahl.«
    »Ich hätte den Kopf wohl auch zu Sir John bringen sollen, als er gefunden wurde. Ich war gerade im Begriff, damit wegzugehen, als mich Ihr Anruf erreichte.«
    »Es war schwierig für Sie, das ist mir klar«, sagte Ling beschwichtigend. »Ich war nur der Meinung, daß ich nachsehen sollte, das ist alles. Was Ihren Bericht angeht« er tippte auf die Akte vor sich –, »ist er erstklassig.« Er zündete ein zweites Streichholz an. »Ich glaube nicht, daß ich je je – « Diesmal hatte er die Flamme an seinen Pfeifenkopf geführt und sog mit einem knisternden Geräusch den Rauch in seine Lunge, als würden kleine Blasen angestochen.
    »Ich mußte ihn ziemlich herunterhauen«, sagte Widger. In Wirklichkeit hatte er Stunden gebraucht. »Er ist etwas lückenhaft.«
    »Oh, pf-t, pf-t«, sagte Ling. »Ah, pf-t, pf-t, pf-t.«
    »Aber das Wesentliche enthält er.«
    »… pf-t, pf-t, pf.« Ling nahm die Pfeife aus dem Mund, feixte sie an und legte sie in den Aschenbecher, wo sie kurz qualmte und dann ausging. Er sagte: »Sie sind sehr umfassend gewesen, alter Knabe. Obwohl ich natürlich noch einmal alles durchgehen muß.«
    »Ja, ja, natürlich.«
    »Dabei könnte sich etwas Neues ergeben.«
    »Ja.«
    »Und so, wie ich es sehe, gab es ein, zwei Leute, die Sie nicht haben erreichen können. Diesen jungen Scorer, zum Beispiel. Wenn das, was ihm beim Pfarrer und, ähm, Fen herausgerutscht ist, etwas zu bedeuten hat, könnte seine Aussage entscheidend sein. Sie haben ihn jetzt in sicheren Händen, nehme ich an.«
    »Ja, in ganz sicheren. Er ist unten bei den anderen und sie behalten ihn scharf im Auge. Er wird keine Gelegenheit haben, noch einmal zu verschwinden.«
    »Was war eigentlich aus ihm geworden?«
    Widger schilderte es kurz. Der junge Scorer hatte sich zu Hause eine Decke, etwas Corned beef und Cola geholt und sich für die Nacht in der Glockenkammer der Kirche von Burraford eingerichtet, dabei aber vergessen, daß der folgende Tag ein Sonntag war. Die Glockenläuter, die den Frühgottesdienst einzuläuten hatten, entdeckten ihn daher an diesem Vormittag um halb elf fest schlafend am staubigen Boden. Sie hatten ihn sofort dem Pfarrer übergeben, der ihn für die Dauer des Gottesdienstes in der Sakristei eingeschlossen und dann zur Polizei nach Glazebridge gefahren hatte, wo er Lings Ankunft und die erste Einvernahme aller denkbaren Zeugen erwarten sollte, die vorgesehen war für diesen Nachmittag von Widgers beiden Untergebenen (Kriminal-Constable Rankine und Kriminal-Sergeant Crumb, ein träger, älterer Mann, der nur für Schreibtischarbeit zu gebrauchen war).
    »Dieser Scorer hört sich für mich schwachköpfig an«, sagte Ling.
    »Schwachköpfig und unehrlich.«
    »Ein schwieriger Zeuge.« Ling griff nach seiner Pfeife, sog daran und schnitt eine erstaunte Grimasse, als sie nicht mehr brannte. Er griff wieder nach den Streichhölzern. »Na ja, wir werden ihn ein bißchen erschrecken müssen.«
    »Das wird nicht schwer sein.«
    »Noch etwas: Ich weiß nicht mehr, ob Sie jemanden haben, der stenografieren kann.«
    »Rankine.«
    »Nein«, sagte Ling. Er hatte Rankine von den Ermittlungen in Sachen Routh-Hagberd noch deutlich in Erinnerung. »Nein, ich glaube, wir – «
    »Wenn er mitschreibt, redet er nicht«, sagte Widger. »Oder er redet jedenfalls nicht so viel.«.
    »Im Augenblick mache ich mir nur ein paar Notizen. Rankine kann richtige Protokolle, ähm, später anfertigen. Wo stehen wir jetzt?« Er schaute auf die Uhr.

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