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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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traurig, sehr einsam, wie sie das sagte. Ich mußte an die vielen jungen Mädchen denken, die so unbeschwert und sorglos in diesen Zeiten der Prosperity aufwachsen konnten. Nun, für Ilona galt das nicht. Sie gehörte zur jüngeren, zur Nachkriegsgeneration, genau wie ich auch, aber ihr Leben hatte noch unter dem Schatten des Krieges gestanden, unter dem Unheil, das er über die Menschen gebracht hatte.
    »Haben Sie bis zuletzt in diesem ungarischen Restaurant gearbeitet?«
    »Nein. Der Inhaber des Lokals, also dieser Jugendfreund meiner Mutter, hatte einen Sohn. Und der – na ja, der wollte – aber ich wollte nicht. Vor drei Jahren habe ich dort aufgehört. Durch einen Gast wiederum, der dort im Lokal verkehrte, kam ich in ein großes Hotel als Sekretärin. Das hat mir Freude gemacht. Das heißt, ich war nicht gleich Sekretärin, ich habe klein angefangen. Na ja, und jetzt bin ich hier. Weil ich woanders hinwollte. Und in Wien war ich ohne Mama sehr einsam.«
    »Schau mich mal an«, sagte ich.
    Sie wandte langsam den Kopf und blickte ein wenig scheu in mein Gesicht. Ich küßte sie ganz sacht auf die Schläfe und sagte: »Ich bin sehr froh, daß du hier bist.«
    Weiter tat ich nichts. Und weiter sagte ich nichts. Es war nicht die Zeit jetzt, um mit einem Mädchen zu flirten. Außerdem hatte ich gar nicht das Gefühl, daß ich mit ihr flirten wollte. Ich wußte selber nicht recht, was ich mit ihr anfangen sollte. Irgendwie war ich ein wenig befangen, ganz was Neues bei mir.
    Nach einer Weile standen wir auf und gingen langsam zum Schloß hinauf. Im Schloßhof verabschiedete ich mich sehr höflich von Fräulein Huszár und ging, tief in Gedanken versunken, heimwärts.
    Am nächsten Tag kam Jacques Thorez.
    Wir hatten den ganzen Tag darauf gewartet, daß ein neuer Brief, ein neuer Anruf der Entführer kommen würde, aber nichts kam. Das Warten war zermürbend. Am Vormittag hatte Kommissär Tschudi angerufen, ob es etwas Neues gäbe. Für den Rest des Tages sei er nicht zu erreichen. Falls sich etwas ereigne, sollte ich es dem Kriminalrat sagen, der es weiterleiten würde.
    Herr Baumer seinerseits strich wie ein ruheloser Geist durch das Hotel und die Umgebung, irgendwo stand er immer herum und sprach mit irgendjemand.
    Das Hotel hatte an diesem Tag mehrere Abreisen. Auch Leute, die eigentlich vorgehabt hatten, länger zu bleiben, entdeckten plötzlich wichtige Geschäfte oder stießen sich an dem schlechten Wetter. Das Wetter war wirklich schlecht. Es nieselte den ganzen Tag vor sich hin. Kurzum, die Leute reisten ab. Es wurde ihnen wohl doch an diesem Ort langsam unheimlich. Wieviel sie wußten, weiß ich nicht. Aber es wurde sicher gemunkelt und geredet, auch das Personal wußte ja sowohl von dem Mord wie von dem Verschwinden des Jungen.
    Dafür trafen am Nachmittag die ersten Reporter ein. Renate ließ sich natürlich nicht sprechen und geriet über die Tatsache, daß der Fall nun doch so publik geworden war, in wilde Verzweiflung. Madame de Latour war die Richtige, um die Reporter in Schach zu halten. Es gäbe weder Informationen noch Kommentare, allergrößte Zurückhaltung sei am Platze. Hoffnungslos, dies von Journalisten zu verlangen.
    Als ich am Spätnachmittag ins Hotel kam, sah ich zwei neuigkeitslüsterne Herren bei Ilona an der Rezeption herumlümmeln, ein anderer unterhielt sich auf der Terrasse mit den Gästen. Mich sprach glücklicherweise keiner an, meine Rolle in dem Fall war unbekannt.
    Renate hatte sich auch an diesem Tag nicht aus ihrem Zimmer gerührt. Sie sah erbarmenswert aus, ihre Mutter ebenso. Mir fiel nichts ein, absolut nichts, was ich ihr hätte sagen können. Ich versuchte sie wenigstens zu überreden, eine Kleinigkeit zu essen.
    Ruedi, der zu dieser Stunde zu seinem täglichen Besuch kam, redete ihr ebenfalls zu. »Es hat keinen Zweck, daß Sie sich vollends zugrunde wirtschaften«, sagte er. »Sie helfen René damit nicht. Sie müssen auch an ihre Gesundheit denken.«
    »Ich brauche keine Gesundheit«, stieß Renate leidenschaftlich hervor. »Wenn ich René nicht wiederbekomme, lebe ich sowieso nicht länger.«
    Wir redeten noch eine Weile auf sie ein, aber unsere Worte erreichten sie gar nicht. Renate war ohnedies keine starke Natur und hatte schwere Zeiten hinter sich. Aber was jetzt geschehen war, das hatte sie offensichtlich an den Rand des Wahnsinns gebracht.
    Plötzlich kam Madame de Latour ins Zimmer, sehr eilig und sehr erregt, wie es schien.
    »Renate hören Sie zu. Bleiben

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