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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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aus, Jeannot habe sich in dunklen Andeutungen ergangen. Man werde bald viel Geld haben. Sich ein Haus an der Côte kaufen können. Alles tun, was einem Spaß machte. Yves hatte es nicht ganz ernst genommen, das behauptete er jedenfalls. Jeannot habe immer voll großer Pläne gesteckt, wie er zu Geld kommen könnte. Beispielsweise habe er mit Rauschgift gehandelt, das wußte Yves. Schon allein deswegen, weil Yves seinerseits an kleine Aufmunterungen dieser Art gewöhnt war.
    Von der merkwürdigen Arbeit in einem Pferdestall, die Jeannot für kurze Zeit annehmen wolle, habe er gewußt. Es komisch gefunden, aber sich nicht viel dabei gedacht. Jetzt natürlich, nachdem das Unheil geschehen war, hatte er zwei und zwei zusammengezählt und furchtbare Angst bekommen. Das erklärte auch seine Verstörtheit.
    Soweit Yves Marcheaud. Man konnte ihm glauben oder auch nicht. Die Polizei glaubte ihm nicht. Natürlich blieb er in Haft. Und natürlich wurde nun sein Leben von vorn bis hinten durchforscht, sein Umgang, seine Freunde.
    Übrigens war Jeannot nicht tot. Das war ein Bluff des Kriminalrats gewesen. Eine Polizeistreife hatte ihn bewußtlos am Straßenrand gefunden, in der Nähe von Luzern. Mit einer schweren Blutvergiftung und der drohenden Gefahr eines Wundstarrkrampfes. Er hätte rechtzeitig eine Tetanusspritze erhalten müssen, denn Amigo hatte ihm eine schwere Bißwunde im Gesicht beigebracht.
    Montag nachmittag kam mir eine Idee. Ich dachte eine Weile darüber nach und fand schließlich, ich solle ihr eine Tat folgen lassen. Hier konnte ich doch nichts helfen, und das Sitzen und Warten machte mich ganz krank. Kein Brief am Montag, kein Anruf, nichts. Über eine Woche war René verschwunden, und nachdem nun auch Jeannot ausgefallen war, mußten die Gegner immer nervöser werden. Sie mußten einfach spüren, daß sich ein Netz um sie zusammenzog.
    Am Abend erzählte ich dem Kriminalrat meinen Plan.
    »Was versprechen Sie sich davon?« fragte er.
    »Nichts. Aber ob ich nun hier herumsitze und langsam verrückt werde oder eine kleine Reise unternehme, das bleibt sich schließlich gleich. Und irgendwie – lachen Sie mich nicht aus – aber Sie sprachen neulich mal von einem Instinkt, einem sechsten Sinn. Ich hatte ihn, als ich den Mann im ›Storchen‹ sah. Ich habe ihn jetzt wieder.«
    »Na schön, warum nicht? Fahren Sie los. Vom Tessin war ja die Rede. Tschudi hat da unten natürlich auch schon Ermittlungen angestellt, das heißt, ich nehme an, sie sind gerade im Gange. Aber bitte – versuchen Sie Ihr Glück.«
    Ich sagte sonst niemand etwas, nur Tante Hille informierte ich, daß ich verreisen würde.
    »Verreisen? Jetzt?«
    »Ein paar Tage. Ich werde dich täglich anrufen und fragen, was es Neues gibt.«
    Am nächsten Morgen startete ich in aller Herrgottsfrühe in Richtung Süden. Amigo nahm ich mit. Er war wieder einigermaßen in Ordnung. Und ich dachte, er könne mir Gesellschaft leisten. Er stieg bereitwillig mit mir in den Wagen und nahm neben mir mit gelassener Miene Platz, geradeso als habe er sein Leben lang nichts anderes getan als Auto fahren.
    Wir fuhren in Richtung Vierwaldstätter See, kurvten die Axenstraße entlang, dann die Berge hinauf. Es war ziemlich viel Verkehr, die große Reisezeit hatte begonnen. Als wir in Göschenen ankamen, hingen die Wolken tief über dem Gebirge, es regnete ein wenig. Wir brauchten nicht zu warten, kamen gerade zurecht zu einem Zug, der durch den Tunnel fuhr. Ich hatte ein wenig Sorge gehabt, wie Amigo die Fahrt in der völligen Dunkelheit hinnehmen würde, aber er benahm sich vorbildlich, saß reglos neben mir, und wenn er den Kopf wandte, sah ich seine große Augen leuchten. Der große graue Wolf. So mochten die Augen seiner Vorfahren einst in der nächtlichen Steppe geleuchtet haben.
    Ich legte meinen Arm um ihn und redete leise auf ihn ein. »Siehst du, solche Sachen machen die Menschen. Sie bohren ein Loch in den Berg, lassen den Zug durchfahren, das Auto wird einfach draufgestellt, und schwupps geht es mitten durch den Gotthard. Wie findest du das?«
    Er äußerte sich nicht weiter dazu, und ich fuhr fort: »Die Menschen sind nicht dumm. Sie bringen tolle Sachen fertig, wovon sich ein Hund nichts träumen läßt. Andererseits gibt es viele Dinge, von denen verstehen sie viel weniger als ein Hund. Nimm einmal so etwas wie Liebe. Du weißt genau, was das ist. Und wenn du es empfindest, dann ist das eine runde und klare Sache. Dazu gehört bei dir Treue,

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