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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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Rollstuhl fahren. Aber seit dieser Hund hier herumstreunt, benutzt er jede Gelegenheit, zu entwischen, nur um den Hund zu treffen.«
    »Dann laßt doch endlich den Hund zu ihm, das wäre doch die beste Lösung.«
    »Nein, das geht nicht. Er ist wirklich ein furchtbarer Köter, verlaust und schmutzig und unerzogen.«
    »Das finde ich nicht.«
    »Kennst du den Hund denn?«
    »Ich habe ihn gestern zusammen mit dem Jungen kennengelernt. Und dann habe ich den Hund bei uns zu Hause gefüttert. Er ist schmutzig und verlaust, sicher. Aber dem läßt sich ja abhelfen. Ich werde ihn baden, wenn ich ihn erwische.«
    »Du wirst ihn nicht erwischen. Er läßt sich von keinem anfassen, nur von dem Kleinen. Wenn man ihm näher kommt, fletscht er die Zähne.«
    Er hatte bei mir nicht die Zähne gefletscht. Ein bißchen geknurrt am Anfang. Aber da kannte er mich noch nicht, und sein Mißtrauen war zu verstehen, nach den schlechten Erfahrungen, die er offensichtlich mit den Bewohnern des Hotels gemacht hatte. – Vielleicht würde er sich nicht so ohne weiteres baden lassen. Aber wenn ich ihn öfter fütterte, würde er vielleicht zutraulicher.
    Kurz darauf verabschiedete sich die Gräfin von mir. Sie mußte wieder ein bißchen ihr Hotel regieren. »Aber wir sehen uns heute abend«, wiederholte sie.
    »Gern«, sagte ich. Beinahe hätte ich den Auftrag von Tante Hille vergessen, den durchgegangenen Monsieur Bondy betreffend. »Ach so, der!« sagte Madame Hélène. »Ich möchte eigentlich nicht gern die Polizei einschalten. Vielleicht kommt er wieder zurück. Oder er schickt das Geld. So etwas haben wir schon erlebt. Und wenn nicht, was soll denn schon unsere Gendarmerie hier ausrichten, sag selber? Ich werde deiner Tante den Schaden ersetzen.«
    »Ich glaube, es geht ihr nicht so sehr ums Geld als um das Prinzip.«
    Madame Hélène lachte. »Das glaub ich auch. Ich schau' heute nachmittag mal vorbei bei ihr. Au revoir, Walter.«
    Den Hund Amigo entdeckte ich, als ich eine Viertelstunde später mit meiner Badehose bewaffnet unten durch den Schloßpark ging. Das heißt, ich hätte ihn nicht gesehen, wenn ich nicht nach ihm Ausschau gehalten hätte. Er lag wie ein grauer Schatten in einem Gebüsch und hatte den Blick auf den Weg geheftet, der nach oben zur Terrasse führte. Er wartete auf seinen kleinen Freund.
    Ich rief und lockte ihn, aber er rührte sich nicht. Vielleicht hieß er auch nicht Amigo und war einen anderen Namen gewöhnt. Vielleicht hatte er gar keinen Namen. Ein herumgestoßener, heimatloser Hund, den keiner haben wollte. Denn wäre er an Menschen gewöhnt gewesen, hätte er sich anders verhalten.
    Als ich näher an das Gebüsch trat, knurrte er und zeigte wirklich die Zähne.
    »Du bist undankbar, Amigo. Ich habe dich gestern abend gut gefüttert. Und wenn du wiederkommst, kriegst du auch wieder zu fressen. Du könntest ruhig ein bißchen freundlicher sein. Ich bin ganz auf deiner Seite. Und wenn du etwas kooperativer wärst und dich von mir baden und kämmen lassen würdest, könnten wir dich vielleicht salonfähig machen. Komm, sei vernünftig. René zuliebe.«
    Ich teilte vorsichtig die Zweige auseinander, aber immer noch knurrend wich Amigo geduckt nach rückwärts aus. Wie ein grauer wilder Wolf sah er aus. Schon verständlich, daß man ihn nicht als geeignete Gesellschaft für ein krankes Kind ansah.
    Und dann war er verschwunden. Es kränkte mich ein wenig, daß er kein Vertrauen zu mir hatte. Ich war immer gut mit Tieren ausgekommen. Und ich würde auch nicht aufgeben, noch nicht …
    Nach einem ausgiebigen Bad im See – was für ein Wasser! – weich wie Seide – kehrte ich nach Hause zurück, durch die Hotelhalle, versteht sich, um Ilona freundlich zuzuwinken.
    »Herrliches Wasser! Baden wir heute abend zusammen?«
    Sie verzog keine Miene. »Ich fürchte, ich werde keine Zeit haben«, erwiderte sie kühl.
    »Das täte mir aber leid. Ich hatte es mir so schön vorgestellt, mit Ihnen um die Wette zu schwimmen.«
    Wer allerdings keine Zeit hatte, jedenfalls nicht für Ilona, das war ich. Denn am Abend traf ich Annabelle.
    Zuvor allerdings kam das Wiedersehen mit Freund Ruedi.
    Am Nachmittag machte ich einen Rundgang durch den Ort. Und stellte fest, daß doch nicht so viel verändert war, wie ich zuerst geglaubt hatte. Ein paar neue Häuser, eine neue Tankstelle, und vor allem neue Geschäfte. Aber der Kern des Ortes, der Platz vor der Kirche und dem Gasthof Rössli, war unverändert. Und hier am Ende des

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